Third-Party-Management

Aufräumen im Provider-Park

03.04.2008
Das Third-Party-Management entlastet Anwenderunternehmen von der Steuerung der IT-Dienstleister. Spezialisten übernehmen Verträge und versprechen Einsparungen durch Nachverhandlungen.

Kaum ein Anwender betreibt IT-Projekte ohne externe IT-Dienstleister. In vielen Vorhaben arbeitet ein bunter Mix aus Freiberuflern, Systemintegratoren, Beratungshäusern und internen IT- und Fachkräften. Unter der Vielzahl der Geschäftsbeziehungen stöhnen Fachbereich oder Einkaufsabteilungen, weil Vertrags- und Preisverhandlungen enorm viel Arbeitskraft binden. Das haben Freiberufler-Agenturen wie Gulp, GFT und Hays schon vor langer Zeit erkannt. Das in der Freiberuflervermittlung erprobte Geschäftsmodell haben sie mittlerweile ausgeweitet und vertreiben nun auch einen Service zur Verwaltung von IT-Dienstleistern. Im Kundenauftrag steuern sie nicht nur IT-Einzelkämper, sondern durchaus auch große Service-Provider. Das sind in der Regel solche IT-Dienstleister, die für die Anwenderunternehmen keine strategischen Projekte betreiben, sondern lediglich als verlängerte Werkbank tätig sind. Aufgabe der Agenturen im Rahmen eines Third Party Managements (TPM) ist die Suche und Anstellung von Freiberuflern und IT-Dienstleistern sowie das komplette Vertrags-Management inklusive Preisverhandlung und Bezahlung. Die IT-Lieferanten unterhalten in diesem Modell also keine direkten Geschäftsbeziehungen zum Anwenderunternehmen, sondern nur zum Third-Party-Manager. Das funktioniert allerdings nur für Projekte, die nach Zeit und Aufwand abgerechnet werden. Werkverträge unterschreiben die Vermittler nicht. "Unsere Managed Services erstrecken sich derzeit nur auf Dienstverträge, die im Einkauf üblicherweise in der Warengruppe IT-Dienstleistungen zu finden sind ", klärt Oliver Kömpf auf, Head of Managed Service Providing bei der Hays AG.

Agenturen starten Servcices für das Third-Party-Management

Die GFT hat eigens für das Third Party Management das Tochterunternehmen Emagine gegründet und zählt beispielsweise die Commerzbank und die Deutsche Bank zu ihren Kunden. Hays hat einen eigenen Geschäftszweig "Managed Service Providing" etabliert, um seinen Service für Unternehmen wie die West LB, Henkel und in großen Teilen der Deutschen Post AG zu bündeln. Dritter im Bunde der bedeutenden Third-Party-Management-Anbieter in Deutschland ist die Goetzfried AG. Die Geschäfte laufen gut. GFT-CEO und Emagine-Chef Ulrich Dietz verweist stolz auf ein Geschäft, das von 44 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2006 auf 86 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen ist. Auch für Hays und Goetzfried sind zweistellige Zuwachsraten selbstverständlich.

Jeder der drei Anbieter sieht sich als Marktführer. Das ist nachvollziehbar, denn das Geschäft ist jung und wurde bislang von unabhängigen Marktforschern und Analystenhäusern noch nicht systematisch durchforstet. "Das Third-Party-Management ist eine relativ neue Dienstleistung und als Funktion noch nicht so bekannt", räumt Hartmut Lüerßen, Partner der Lünendonk GmbH in Kaufbeuren, ein. Das Marktforschungshaus pflegt zwar Listen der größten deutschen Personaldienstleister. Das Geschäft mit dem Third-Party-Management wurde jedoch noch nicht erhoben. "Der Markt ist sehr fragmentiert", bestätigt Unternehmensgründer und -Chef Thomas Götzfried die Einschätzung. "Es gibt viele kleine Anbieter, die vom Kunden aufgefordert wurden, neben der Freiberuflervermittlung auch die Dienstleistersteuerung zu übernehmen." Eine strategische Geschäftsentwicklung in diesem Umfeld können sich aber nur große Betreiber leisten, weil die Verkaufszyklen lang sowie erfahrene Rechtsabteilungen und etablierte, automatisierte Prozesse unabdingbar sind. Nicht zuletzt stellt der Service auch finanzielle Anforderungen an die Betreiber. Sie garantieren den IT-Dienstleistern und Freiberuflern Zahlungsziele, die oft von denen der Kunden abweichen. Deshalb müssen sie Tagessätze auszahlen, bevor die Überweisung vom Anwenderunternehmen eingetroffen ist.

Weniger Administration und mehr Transparenz

Für Anwender liegt die Motivation, einen Third-Party-Manager zu verpflichten, auf der Hand. Sie wollen den Einkauf entschlacken und sich der lästigen Pflicht des Provider-Managements entledigen. "Die Unternehmen unterhalten zum Teil mehrere hundert Einzelverträge mit ihren IT-Dienstleistern. Für große Unternehmen ist es daher spannend, den IT-Einkauf von der Steuerung der IT-Lieferanten zu entlasten", nennt Lüerßen Gründe für das TPM. Das bietet sich natürlich in solchen Bereichen an, in denen die Zulieferer einfache Services betreiben. "Auf die nicht strategischen IT-Dienstleister entfallen oft nur 20 Prozent der Umsätze der gesamten IT-Beratung. Sie beschäftigen die Mitarbeiter im Einkauf aber zu 80 Prozent", zitiert Kömpf Erhebungen in diesem Markt.

Die Betreiber bieten zudem automatisierte Prozesse für die Suche, Verpflichtung, Betreuung und Bezahlung der IT-Dienstleister. Ihnen obliegt oft auch die Aufgabe, Streit zu schlichten beziehungsweise Freelance und IT-Dienstleister bei Bedarf auszutauschen.

Doch einen Third-Party-Manager ins Boot zu holen ist nicht einfach. Das Vorhaben lässt sich nicht auf der grünen Wiese starten, weil es laufende Verträge mit den Service-Providern gibt. Wenn nun auf Drängen der Einkaufsabteilung ein Dritter die Kontrakte übernimmt und sich damit zwischen die oft über Jahre etablierten Geschäftsbeziehungen zwischen Dienstleister und Freiberufler auf der einen sowie IT- und Fachabteilung auf der anderen Seite drängt, ist Ärger programmiert. "Wir haben anfangs Fehler in der Kommunikation gemacht", räumt der Einkaufsleiter eines großen Unternehmens ein. "Wir haben die enge persönliche Bindung von Dienstleister und Fachbereichen unterschätzt. Da würde viel geklüngelt, ohne die formalen Wege einzuhalten. Keine der Seiten hatte Interesse daran, den direkten Draht durch einen unabhängigen Dritten zu unterbrechen." Auch die Auswahl der Anbieter, die als strategische Lieferanten weiterhin direkte Vertragsbeziehungen mit dem Anwenderunternehmen unterhalten, braucht viel Vorarbeit.

Zum Start gibt es Gegenwind

So kämpft der Einkauf oft einen einsamen Kampf für das TPM und gegen die kurzen, aber teuren Wege zwischen externen und internen Mitarbeitern. Die Mühen lohnen sich, berichtet zumindest der Einkaufsleiter. Die Einsparungen seien deutlich ausgefallen. Zahlen nannte er jedoch nicht. Ohne Rückhalt der Geschäftsleitung ging es jedoch nicht, weil sowohl die internen IT- und Fachbereiche als auch externe und Dienstleister sich zunächst dem Vorhaben verweigerten. Die internen Mitarbeiter ließen sich erst beschwichtigen, nachdem ihnen erklärt worden war, dass sie nur von vertraglichen und finanziellen Entscheidungen entbunden werden. Inhaltlich und fachlich nehmen TPM-Anbieter keinen Einfluss.

Der zwischengeschaltete Vermittler lässt sich zum Teil aus den Einsparungen bezahlen, die er durch neu verhandelte Preise mit den Servicelieferanten erzielt. Die Minderkosten teilt er sich mit dem Anwenderunternehmen. In anderen Projekten werden sowohl Anwender als auch Freelancer beziehungsweise IT-Dienstleister für die Services des Third-Party-Managements zur Kasse gebeten. Das Salär wird dabei vom Stundenlohn der IT-Dienstleister und Freiberufler abgezweigt. "Das sind zumeist Euro-Beträge im einstelligen Bereich", berichtet Götzfried.

Anbieter verpflichten sich zur schnellen Vermittlung

In jedem Fall sorgen die Vermittler für mehr Transparenz. Alle Anbieter pflegen Datenbanken mit Profilen und Preisen, so dass sie über aktuelle Stunden- und Tagessätze gut informiert sind. Die Kosten für die Programmierstunde eines IT-Spezialisten hängen damit nicht mehr vom Verhandlungsgeschick beider Seiten ab, sondern unterliegen objektiven Erhebungen, behaupten zumindest die Anbieter. "Wird das gesamte Freelancer-Geschäft an einen Vermittler übertragen, so gleichen sich auch die gezahlten Preise konzernweit an. Es gilt also: Gleicher Preis für gleiche Qualität", schildert Andreas Stiehler, Senior Analyst beim Marktforschungshaus Berlecon Research.

Zudem bieten die Skill-Datenbanken der Vermittler Gelegenheit, sich aus der Abhängigkeit einzelner Spezialisten zu befreien. Eine gut gepflegte Datenbasis ist in diesem Geschäft daher Gold wert. Entsprechend intensiv kümmern sich die Betreiber um Aktualität. Hays beschäftigt beispielsweise über 50 Mitarbeiter, die die Datenbank mit 80.000 Spezialisten ständig auf den neuesten Stand bringen. Bei Goetzfried tun dies rund 20 Mitarbeiter.

Doch die schnelle Suche nach Spezialisten ist nicht Kür, sondern Pflicht. Auch Hays, Emagine und Goetzfried unterliegen Qualitätsanfordungen im Rahmen von Service-Level-Agreements (SLAs). Dazu zählen beispielsweise Sparziele gegenüber dem Kunden sowie Prozessverbesserungen und Reaktionszeiten im Einstellungsprozess. Emagine bietet den Kunden beispielsweise ein Intranet-Portal an, wo sie den Bedarf an IT-Experten melden. Im Idealfall vergehen nur wenige Tage von der Anforderung bis zur Entscheidung. Dazwischen liegen die Suche, Präsentation geeigneter Kandidaten und Vorstellungsgespräch beim Projektleiter. "Bei Bedarf geht das auch mal in 48 Stunden", verspricht Hays-Manager Kömpf. Zur Qualitätskontrolle befragen die Third-Party-Manager regelmäßig interne Mitarbeiter und Projektleiter nach ihren Erfahrungen mit vermittelten Dienstleistern und Freiberuflern.

Rationalisieren sich TPM-Anbieter selbst ins Abseits?

Die Services der Third-Party-Management-Anbieter gedeihen derzeit besonders gut, weil die Nachfrage nach IT-Projekten und -Spezialisten das Angebot in vielen Bereichen übersteigt. Die Anwenderunternehmen scheuen davor zurück, für befristete Vorhaben IT-Mitarbeiter fest einzustellen, wollen sich aber auch nicht durch viele Einzelverträge mit Freelancern und IT-Dienstleistern belasten. Diese Entwicklung ist für die TPM-Anbieter Chance und Risiko zugleich. Auf der einen Seite werden ihre Dienste zunehmend von neuen Kunden nachgefragt. "Wir rechnen auch in diesem Jahr mit zweistelligen Wachstumsraten", freut sich Emagine-Chef Dietz. Auf der anderen Seite schwindet das Geschäft mit den Bestandskunden stetig, weil die Einnahmen der TPM-Dienstleister vom Projektvolumen der nicht strategischen Anbieter abhängen: "Wir wollen mehr Auftragsvolumen zu unseren strategischen Partnern verlagern, so dass das Third Party Management irgendwann überflüssig wird", verrät der TPM-Anwender. "Das wird nicht komplett gelingen, aber das Geschäft mit nicht strategischen Dienstleistern wird schwinden." (jha)

Freiberufler schätzen Agenturen

"Seit sechs Jahren bin ich in den meisten Projekten über einen Vermittler beim Kunden engagiert. Das ist üblich und meines Erachtens auch sinnvoll", schildert IT-Freiberufler Roelof Berg seine Erfahrungen. Was er und andere Freelancer an guten Agenturen schätzen, sind verlässliche Zahlungsziele, hilfreiche Services (etwa Rabatte bei Autovermietern und Bundesbahn), Vertrieb und auf sie zugeschnittene Projektangebote sowie vereinfachte Vertrags- und Preisverhandlungen. "Ich kenne den Rahmenvertrag mit den Agenturen und verhandele nur noch den auf den Kunden zugeschnittenen Projekteinzelvertrag", lobt IT-Freiberufler Frank Kehrberg.

Allerdings lassen sich die Vermittler ihre Dienste auch entlohnen, und zahlen muss fast immer der Freiberufler. Zum Teil entgleiten die einbehaltenen Provisionen ins Maßlose. Wenn von 60 Euro, die das Anwenderunternehmen pro Arbeitsstunde an die Agentur entrichtet, nur 38 Euro beim Freelancer ankommen, ist die Entrüstung verständlich: "Die Agenturen drücken die Preise", schimpft ein IT-Freiberufler, dem die Agentur in einem Anschlussprojekt Zugeständnisse abrang, während sie vom Anwenderunternehmen dieselben Tagssätze kassierte wie vorher. Üblicherweisen streichen die Agenturen bis zu 20 Prozent vom Tages- oder Stundensatz ein. "Unsere Margen belaufen sich auf fünf bis 15 Prozent", betont Ulrich Dietz, CEO der GFT Technologies AG. Aber auch Gängeleien mit der Rechnungsstellung nerven die Freelancer. Besonders pingelig nimmt es Schilderungen zufolge eine britische Agentur, die am fünften Arbeitstag eines Monats die Rechnung vorliegen haben will. Faxversand, E-Mail und nur ein Tag Verspätung werden nicht akzeptiert.