Atos Origin-Chef im Gespräch

"Arcandor war uns eine Lehre"

02.12.2009 von Joachim Hackmann
Die Insolvenz von Arcandor hat dessen IT-Dienstleister Atos Origin wehgetan, bekennt Geschäftsführer Winfried Holz.
Winfried Holz, Atos Origin: Den Deal von 2004 mit Karstadt-Quelle würden wir heute in der Form nicht mehr machen.
Foto: Atos

CW: Viel Glück hat Atos Origin der Karstadt-Quelle-Deal nicht gebracht.

HOLZ: Die Partnerschaft war von Anfang an belastet. Als das Abkommen im Jahr 2004 vereinbart wurde, ging es Karstadt schon nicht gut. Die Abmachung sah vor, dass Atos Origin dem Partner zum Start einen Geldbetrag überweist, den Karstadt-Quelle beziehungsweise später Arcandor über die Laufzeit des Abkommens zurückzahlt. Das war eine unglückliche Konstellation, einen solchen Vertrag würde keine der beiden Seiten erneut abschließen. Karstadt-Quelle hat Preise gezahlt, die aufgrund der Rückzahlungen nicht dem Marktdurchschnitt entsprachen. Dadurch wurden beide Seiten nicht glücklich. Es gab auch Überlegungen beim Kunden, den Vertrag zu kündigen (siehe Karstadt erwägt Trennung von Atos Origin). Seit November 2008, als bei Arcandor das neue Management die Geschäfte übernahm, liefen intensive Gespräche. Die Insolvenz von Arcandor hat die Verhandlungen vorzeitig beendet.

CW: Sie haben angekündigt, sich künftig mehr auf mittelständische Kunden zu konzentrieren. Haben die Probleme mit Großkunden Sie zu dieser neuen Ausrichtung veranlasst?

HOLZ: Sicher ist das eine Lehre. Den Deal von 2004 mit Karstadt-Quelle würden wir heute in der Form nicht mehr machen. Wobei man sagen muss: Das Abkommen mit Karstadt-Quelle und der Outsourcing-Auftrag von E-Plus haben Atos Origin den Einstieg in den deutschen Markt ermöglicht. Heute schauen wir uns die Kunden genauer an und schreiben in die Verträge, dass wir bei längeren Zahlungsausfällen unsere Leistungen einstellen. Bei Quelle waren wir in der Insolvenzphase kurz davor, die IT-Systeme zu kappen. Die DHL hat damals die Leistungen eingestellt und keine Pakete mehr geliefert, dem Beispiel wären wir gefolgt, allerdings konnte man sich rechtzeitig einigen. Während der Insolvenz haben die Lieferanten das Recht zu solchen Maßnahmen. Unter normalen Umständen ist das kaum möglich, deshalb möchten wir das vertraglich vereinbaren. Das ist unser einziges Druckmittel, wenn Zahlungen ausbleiben. Dazu führen wir derzeit zum Teil harte Verhandlungen. Aber vor allem die mittelständischen Kunden zeigen Verständnis.

CW: Warum sollten sich Mittelständler jetzt plötzlich für Ihr Leistungsangebot interessieren?

HOLZ: Die Unternehmen benötigen einen international tätigen Anbieter, der ihnen das komplette Lösungsportfolio bietet. Zudem suchen die Anwender einen Partner auf Augenhöhe, den sie im Zweifel auch nachts anrufen können und bei dem die Vereinbarung per Handschlag noch zählt. Sie wollen keinen Verhandlungspartner, der sich immer wieder mit seinen Vorgesetzten absprechen muss. Atos Origin wird diesen Wünschen gerecht.

Erste Restrukturierungen angekündigt

CW: Mittelständler haben ein besonderes Augenmerk auf das Wohl ihrer Mitarbeiter. Outsourcing-Deals passen eigentlich nicht ins Bild.

HOLZ: Den übernommenen Kollegen scheint es bei uns zu gefallen: Nur zwei Prozent der Mitarbeiter haben uns innerhalb von zwei Jahren verlassen. Wir nehmen keine Mitarbeiter an Bord, um sie später zu entlassen. Bislang gab es bei Atos Origin Deutschland auch noch keine Restrukturierung. Allerdings muss ich einräumen, dass wir nun mit den ersten Maßnahmen begonnen haben.

CW: Was ändern Sie, damit sich die übernommene IT verbessert?

HOLZ: Wenn wir einen Deal abschließen, übernehmen wir zunächst Assets und Mitarbeiter. Im nächsten Schritt starten wir die Transformation. Hier waren wir in der Vergangenheit zurückhaltender, haben sehr langsam die Abläufe geändert, weil wir kein globales und nationales Backbone hatten, an das wir die Prozesse anpassen konnten. Daran arbeiten wir jetzt. In der Vergangenheit haben wir daher sehr oft individuelle Services betrieben. Das wollen wir insgesamt auch beibehalten. Die Kunst wird darin liegen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Standarddiensten und individuellen Lösungen zu finden.

CW: Welche Restrukturierungen betreiben Sie gerade?

HOLZ: Wir haben in den vergangenen Jahren versäumt, die übernommenen Projekte zu konsolidieren. Im Zuge dieses Programms werden bis Mitte 2010 etwa 150 Stellen wegfallen. Das zweite Vorhaben, das sicher ein noch größeres Ausmaß haben wird, ergibt sich aus der Arcandor-Insolvenz. Primondo wird liquidiert, wir gehen davon aus, dass wir nach dem ersten Quartal 2010 keine Leistungen mehr bereitstellen müssen. Davon sind etwa 250 Kollegen betroffen. Die Lage von Karstadt-Warenhaus wird dagegen allgemein besser eingeschätzt, so dass dieses Geschäft zunächst weiterläuft.

Siehe auch das Interview mit Winfried Holz vom Juli 2009: "Wir verkraften auch ein Ende des Arcandor-Vertrags".