Arbeitsmarkt: Die "Millennials" wirbeln die Strukturen durcheinander

01.12.2006
Sie sind gut ausgebildet, kommunikativ und im Internet zu Haus. Und sie sind freizeitorientiert, anspruchsvoll und wenig loyal zu ihrem Unternehmen. Die Millennials sind da.

Eine neue Generation von Arbeitnehmern wächst heran, mit einem völlig veränderten Arbeitsstil - so lautet die Kernthese, die einer aktuellen europaweiten Studie von Xerox und Forrester Research zugrunde liegt. Die Autoren sprechen von den "Millennials": gut ausgebildete Nachwuchskräfte, die zwischen 1980 und dem Jahr 2000 geboren sind. Diese Klientel stellt der Studie zufolge schon jetzt elf Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Europa und wird bis zum Jahr 2010 die heute noch dominierende Generation der Babyboomer zahlenmäßig überholen.

Von frühester Kindheit an mit der Technik auf Tuchfühlung: Die Millennials sind da.

Millennials zeichnen sich dadurch aus, dass sie in einer Medienwelt groß geworden sind und insbesondere dem Internet sehr nahe stehen. Das Netz ist Teil ihres täglichen Lebens; sie bewegen sich in Chatforen, betreiben eigene Blogs oder Homepages und verkehren wie selbstverständlich mit elektronischem Equipment jeglicher Art. Sie sind, so behauptet die Studie, gut ausgebildet, talentiert, Multitasking-fähig und daran gewöhnt, kleine Informationshäppchen, insbesondere auch in Form von Grafiken, Bewegtbildern und Kurztexten, schnell zu konsumieren.

"SocialComputing" ist für Millennials sowohl in B2B- als auch B2C-Umgebung eine Selbstverständlichkeit. Damit verändern sich Arbeitsplätze und Arbeitsstile, außerdem beginnt eine Lücke zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten aufzureißen, zumal der Nachwuchs andere Vorstellungen von produktivem Arbeiten und wechselseitiger Information hat (siehe auch: Wie Jungunternehmer führen).

Millennials erwarten eine flexible Arbeitsumgebung und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Sie sind an einer Unternehmenskultur interessiert, in der Teamwork und technische Collaboration selbstverständlich sind. Der Karrierewunsch ist weniger ausgeprägt als bei älteren Beschäftigten, dafür ist das Interesse an einem intakten Privatleben groß. Die technische Ausstattung im Job muss up to date sein, außerdem sollte die Company innovativ und nach vorne gerichtet agieren.

Immerhin 91 Prozent der Manager in Europa nehmen für sich in Anspruch, den veränderten Arbeitsstil der neuen Generation erkannt zu haben. Immerhin 73 Prozent meinen sogar, bereits angemessen darauf zu reagieren. Die befragten Vertreter der jungen Generation können allerdings nur zur Hälfte erkennen, dass sich Firmen wirklich auf ihren Stil einstellen.

Der Studie zufolge erwarten 68 Prozent der Befragten, dass die Zahl der Beschäftigten, die keinen festen Büroarbeitsplatz haben werden, bis 2010 auf über 50 Prozent steigen wird. Die Untersuchung zeigt allerdings, dass es in Europa je nach Land, aber auch nach Branche große Unterschiede geht. Forrester nennt Firmen wie Sun Microsystems, AT&T und BMW als Beispiele dafür, dass mobile Arbeitsplätze hohe Einsparungen und eine bessere weltweite Vernetzung ermöglichen.

Millennials arbeiten oft lieber mobil als an einem festen Büroarbeitsplatz. Sie erwarten aber, dass die Ausstattung vom Endgerät (Laptop, Handy, PDA) über E-Mail und Instant Messaging bis hin zu Collaboration-Tools und Web-Conferencing auf dem neuesten Stand ist und reibungslos funktioniert. Stimmen die Rahmenbedingungen nicht, sind die jungen Arbeitnehmer schnell bereit ihren Job zu kündigen. Kulturelle Veränderungen und Wertewandel, aber auch Erfahrungen mit Jobverlust und Arbeitslosigkeit in der eigenen Familie führen dazu, dass die Loyalität zum Arbeitgeber gering ist.

Millennials sind am besten in flachen Hierarchien aufgehoben. Am produktivsten verhalten sie sich in Teams mit Beschäftigten, die ähnliche Altersstrukturen und Interessen aufweisen. Die Studie zeigt, dass 55 Prozent der älteren Arbeitnehmer wert darauf legen, ihren Vorgesetzten jederzeit erreichen zu können. Die Youngsters wünschen das nur zu 36 Prozent.

Der Studie zufolge müssen Unternehmen nicht nur als Arbeitgeber auf diese neue Generation reagieren, sie sollten auch Marketing, Verkauf und Services besser auf diesen neuen Kundentyp abstellen. Wer diese Klientel erreichen will, muss im Internet alle Register ziehen. Erwartet werden promptes Feedback auf Online-Anfragen, elektronische Shops, Diskussionsforen zu den Produkten und Services des Anbieters und kreative Ideen, die den Besuch auf der jeweiligen Website interessant machen. Außerdem sollten sich Firmen darum kümmern, wie in Internet-Foren und Weblogs über sie geschrieben wird. Die Markenpflege im Internet wird zu einer Hauptaufgabe.

Die Studie empfiehlt Unternehmen:

- Schaffen Sie eine Arbeitsatmosphäre, in der junge Beschäftigte neue Anwendungen und Tools ausprobieren und auf ihr Aufgabengebiet anwenden können.

- Fördern Sie Collaboration-Erfahrungen, indem Sie beispielsweise Online-Spiele, Diskussionsgruppen, virtuelle Arbeitsgruppen und den Ideenaustausch über entsprechende Plattformen ermöglichen. Mitarbeiter aller Altersklassen sollten durch Trainings, entsprechende Zielsetzungen oder Belohnungssysteme angehalten werden, diese Möglichkeiten zu nutzen.

- Führen Sie neue Technologien schnell ein, sofern sie die Interaktivität der Menschen verbessern.

- Schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, in dem kommuniziert und Ideen ausgetauscht werden. Sorgen Sie vor allem dann für sozialen Austausch, wenn ein größerer Anteil der Mitarbeiter keinen festen Büroarbeitsplatz besitzt.

- Setzen Sie auf E-Learning. Interaktives und kooperatives Lernen kommt dem Nachwuchs eher entgegen als das Konsumieren langweiliger Präsentationen.

- Denken Sie daran, dass neue Collaboration-, Content- und Portalansätze Auswirkungen auf die strategischen Weichenstellungen und die IT-Infrastruktur haben. (hv)