Schwerpunkt Managed Services

Application-Management: Worauf es ankommt

22.04.2008 von Elmar Borgmeier
Auch bestimmte Individuallösungen lassen sich von dedizierten Managed-Services-Anbietern warten und weiterentwickeln.

Die Computing-Leistung wird immer flexibler. Im Zuge der Virtualisierung lässt sich demnächst Rechnerleistung nach Bedarf aus der "Cloud" bestellen. Und Standardapplikationen kann ein Unternehmen heute als "Software as a Service" mieten. Auch beim Auslagern von internen IT-Leistungen differenzieren sich die Angebote zunehmend: Neben dem klassischem Outsourcing beginnt sich vor allem das Managed-Services-Konzept zu etablieren. Im Rahmen dessen können Anwender sogar bestimmte Individuallösungen nach außen geben - man spricht dann von Application Management.

Im Gegensatz zum herkömmlichen Outsourcing erfordern Managed Services keinen Transfer der IT-Systeme zum Outsourcer. Der Provider greift netzwerkbasiert auf die internen Systeme zu. Üblicherweise zu einer pauschalen monatlichen Vergütung trifft er in Eigenregie Maßnahmen, um die Dienstleistung in der vereinbarten Qualität sicherzustellen. Managed Services lassen sich nur für einzelne Aufgaben oder Prozessschritte nutzen und bieten sich vor allem für Infrastrukturbereiche an, die im Haus bleiben sollten - etwa Netzwerke. Tatsächlich haben sich viele Managed-Service-Provider aus Anbietern von Netzwerkdiensten entwickelt.

Vorteile von Managed Services

Auf Appliation-Management-Services entfällt mittlerweile ein beträchtlicher Teil des deutschen Outsourcing-Markts.
Foto: Active Sourcing

Ein wesentlicher Vorteil des Managed-Service-Konzepts besteht darin, dass sich der Anwender auf die Vereinbarung und Kontrolle der Servicequalität beschränkt und dabei die Kosten reduzieren kann. Dies gelingt vor allem bei Dienstleistungen, die einheitlich von vielen Anwendern als Managed Services nachgefragt werden. Hier kann sich der Provider auf eine Art Serienfertigung verlegen und dadurch erhebliche Effizienzgewinne erzielen, die er an seine Auftraggeber weitergibt. Ob Netz- oder Telefonie-Services, Posteingangsbearbeitung oder Druckdienstleistungen, Websites oder Standardanwendungen - die Palette der angebotenen Managed Services ist mittlerweile breit gefächert.

Sonderform Application Management

Individuell entwickelte Lösungen und signifikant erweiterte betriebswirtschaftliche Softwareanwendungen gehören in der Regel nicht zum Angebot. Aber auch hierfür gibt es Unterstützung von außen: Das so genannte Application Management ist eine "Spielart" von Managed Services, bei der die unternehmenseigenen Anwendungen von spezialisierten Dienstleistern übernommen werden. Die Einhaltung von Service-Levels aus dem IT-Betrieb ist dabei nur ein Aspekt. Mindestens genauso wichtig sind die effiziente Pflege und bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Software. Der eigentliche Nutzen des Application-Managements besteht in fachlichen Services - etwa Anpassungen an gesetzliche Änderungen oder an neue Betriebssystemversionen. Dass sich auch bei individuellen Lösungen Einsparungen erzielen lassen, liegt an der Spezialisierung des Providers. Er kann Wartungs- und Pflegeprozesse übergreifend optimieren, selbst wenn sie für unterschiedliche Anwendungen erbracht werden.

Wofür bietet sich Application-Management an?

Allerdings sollte der Anwender genau prüfen, welche Lösungen er dem Application-Management-Provider übergibt. Entscheidend sind vor allem klar definierte Schnittstellen zu anderen Anwendungen. Nur mit der sauberen Ein- und Abgrenzung des extern zu pflegenden Bereichs lässt sich eine zeitaufwendige und nervenaufreibende Dauerabstimmung vermeiden. Ansonsten sind Applikationen für eine externe Wartung prädestiniert, bei denen sich interne Know-how-Engpässe abzeichnen - etwa weil die Anwendungen mit besonders viel externer Unterstützung erstellt wurden oder weil die eigene IT-Abteilung mit Neuentwicklungen beschäftigt ist. Auch Applikationen, die nur noch eine "Lebenserwartung" von zwei bis drei Jahren haben und an deren Nachfolger die IT-Abteilung bereits arbeitet, eignen sich für ein Application-Management. Es ist wenig sinnvoll, dass die eigenen IT-Spezialisten Zeit in Themen investieren, die eigentlich bereits der Vergangenheit angehören. Sie sollten Know-how im Bereich innovativer Techniken aufbauen, anstatt sich mit "Altlasten" zu befassen.

Worauf muss der Anwender achten?

Wichtig für die Nutzer von Application-Management-Services ist es, die Interaktion zwischen Fachabteilung, Dienstleister und Rechenzentrum klar und transparent zu gestalten. Dazu gehört eine klare Definition der Ziele - etwa ein zuverlässiger Betrieb, eindeutig geregelte Verfügbarkeiten, Flexibilität in der Weiterentwicklung der Anwendung sowie Kostentransparenz und Einsparungen. Dabei sollten auch die Bedingungen geschaffen werden, um die Ziele optimal umsetzen zu können - etwa eine klare Definition der Kompetenzen, effiziente Kommunikationswege sowie einKnow-how-Transfer zwischen Dienstleister und Anwenderunternehmen.

Zu empfehlen ist die Bereitstellung eines fixen Budgets sowie eines zusätzliches Kostenrahmens für nicht im Voraus planbare, größere Aufträge. Das Fixbudget umfasst die Application-Management-Basisaktivitäten - angefangen beim Monitoring der Anwendung über die Bearbeitung von Störungen und deren Ursachen bis hin zu fachlichen Änderungen oder Erweiterungen. Wie die Erfahrung zeigt, kann das Fixbudget bei professionellem Application Management bereits ab dem zweiten Jahr um bis zu zehn Prozent unter den Kosten des internen Betriebs liegen.

Anwendungen eignen sich fürs Auslagern…

  • …wenn interne Engpässe bestehen;

  • …wenn für Wartung und Weiterentwicklung internes Know-how fehlt;

  • …wenn die Lebenserwartung der Applikation im Unternehmen begrenzt ist;

  • …wenn klar definierten Schnittstellen zu anderen internen Lösungen vorhanden sind.

Wie findet man den richtigen Dienstleister?

Application Management ist eine selbstständige Dienstleistung, die ihre eigene Denkweisen und Arbeitsprozesse mit sich bringt. Dementsprechend unterschiedlich sind die Ausrichtungen der einzelnen Anbieter. So haben klassische Entwicklungshäuser ihre Stärken vor allem in der Umsetzung von Projekten. Dedizierte Managed-Service-Provider setzen auf Skaleneffekte durch Standards. Ihre Kompetenzen liegen eher im technischen als im fachlichen Bereich. Die Beauftragung eines Application-Management-Providers ist zudem mit neuen externen Schnittstellen verbunden, mit denen die IT des Anwenderunternehmens zusammenarbeiten muss. Angesichts des daraus resultierenden Gefahrenpotenzial ist bei der Auswahl des Dienstleisters höchste Sorgfalt angebracht.

Branchen- und IT-Know-how ist entscheidend

Entscheidend ist vor allem ein fundiertes Branchen-Know-how. Nur wenn der IT-Dienstleister die Prozesse des jeweiligen Unternehmens und seiner IT kennt, kann er die unausgesprochenen Gepflogenheiten der Branche berücksichtigen. Mindestens genauso wichtig ist das Wissen über die eingesetzten Techniken und die zugehörigen Softwareentwicklungsprozesse. Der Dienstleister sollte aufzeigen können, welche Effizienzsteigerungen in der Bearbeitung einer Anwendung möglich sind und die bislang eingesetzten Verfahren in puncto Kosten und Stabilitätssicherung hinterfragen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass er die Anwendung mit Hilfe von genau definierten Methoden ins Application-Management übernimmt. Ein seriöser Anbieter transferiert nicht einfach nur der bestehende Code und die vorliegende Dokumentation, sondern setzt sich ausführlich mit der jeweiligen Anwendung und den Software-Entwicklungswerkzeugen auseinander.

Ziele schriftlich festlegen

Auch die Angebotsgestaltung ist ein relevanter Prüfstein. Wenn der Dienstleister verspricht, dass die Software-Pflegekosten über die Zeit hinweg sinken, müssen die Verträge auch konkret aufzeigen, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum der Auftraggeber von der Kostenentwicklung profitiert. Damit sich der Einstiegsaufwand lohnt, sollte die Zusammenarbeit allerdings längerfristig angelegt sein. Die Leistungen werden in der Regel in Form von Service Level Agreements (SLAs) vereinbart. Es lohnt sich, dabei den tatsächlichen eigenen Bedarf zu ermitteln und nicht vorschnell zu hohe Anforderungen zu stellen: Wer nur das kauft, was er wirklich braucht, kann erhebliche Einsparungen erzielen. (sp)