ERP-Vergleich, Teil 1

AP, Proalpha, Abas und Psipenta im Praxistest

08.05.2009 von Frank Niemann
In einem Wettbewerb mit Publikumsvotum traten die ERP-Hersteller AP, Proalpha, Abas und Psipenta gegeneinander an. Anhand eines vorgegebenen Prozessszenarios mussten die Anbieter zeigen, wie sie die Aufgaben lösten. Im zweiten Teil des ERP-Vergleichs berichten wir über SAP, Infor, Microsoft und IFS.
Die ERP-Hersteller mussten einen typischen Geschäftsprozess eines Unternehmens aus dem Maschinenbau nachbilden. Die Präsentation pro System dauerte drei Stunden.

Die ERP-Anbieter hatten einen für Industriebetriebe typischen Geschäftsprozess abzuwickeln. Dieser reichte vom Angebot nebst Kalkulation über Auftragserfassung, Lieferterminermittlung, Konstruktion, Produktion, Lieferung, Service/Ersatzteillieferung bis zum Rechnungswesen und der Auswertung. An dem Vorgang waren der Vertrieb und die Fertigung eines fiktiven Maschinenbauunternehmens beteiligt. Für den Vergleichstest erhielten die Anbieter konkrete Vorgaben bezüglich des zeitlichen Ablaufs, der Stammdaten und der zu präsentierenden Funktionen.

Veranstaltet wurde der ERP-Vergleich von den Beratungshäusern GPS aus Ulm und MQ Result aus Konstanz.

Die anwesenden Zuschauer konnten anhand von Fragebögen bewerten, wie gut die ERP-Systeme die jeweiligen Aufgaben bewältigt haben. Sie konnten Noten von eins bis fünf vergeben, und zwar für:

Darüber hinaus werteten die Veranstalter die funktionale Abdeckung der ERP-Produkte aus.

Laut den Veranstaltern - alles ERP-Experten mit langjähriger Erfahrung - konnten sämtliche getesteten Produkte die Aufgaben über Standardfunktionen bewältigen. In der Wertung Funktionsabdeckung liegt AP AG ("APplus") mit 94,5 Prozent vorn, gefolgt von Proalpha (91,8 Prozent), Psipenta (85,3 Prozent) und Abas (82,5 Prozent). Allerdings hatte Abas eine nur sehr kurze Vorbereitungszeit, da die Firma wegen der Absage eines SAP-Partners kurzfristig eingesprungen war. Nicht so eindeutig fiel das Zuschauervotum aus.

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Alle angetretenen ERP-Hersteller verfügen über reichhaltige Funktionen zur Produktionsplanung. An Funktionen mangelt es den Systemen schon deshalb nicht, weil sie seit Jahren auf dem Markt sind und ständig weiterentwickelt wurden.

ERP-Vergleich
ERP-Test AP, proALPHA, PSIpenta und ABAS
So haben die vier Hersteller in dem ERP-Vergleich mit Publikumsvotum abgeschnitten.
ERP-Test AP, proALPHA, PSIpenta und ABAS
Die Zuschauer konnten über Fragebogen die ERP-Systeme bewerten.

Unterschiede weisen sie aber dennoch auf: Das fängt mit der Benutzerschnittstelle an. Proalpha hat eine eigenwillige Benutzerführung, bei der mehrere Fenster gleichzeitig geöffnet sind. APplus setzt auf ein Web-Frontend. Während Abas und Proalpha über eigene Module für das Rechnungswesen verfügen, verwenden die anderen Anbieter Komponenten von Kooperationspartnern wie CSS. Dies muss in der Praxis nicht von Nachteil sein: Oftmals legen die ERP-Anwender Buchungen zwar an, überlassen es jedoch dem Buchhalter, die Transaktion vorher zu prüfen, um sie dann zu vollziehen. Allerdings bedeutet ein Fremdprodukt meist Schnittstellen, doppelte Datenhaltung und keine wirklich nahtlose Integration.

ERP-Hersteller nutzen Drittsysteme

Auf Drittlösungen greifen die Softwarehäuser auch zurück, wenn es um die Auswertung und Präsentation von Geschäftsdaten, die Arbeitszeiterfassung (für die Rückmeldung von Arbeitsgängen) und das Produktdaten-Management geht.

Weitere Unterschiede treten bei Funktionen wie Customer-Relationship-Management und Service zutage. Hier wird deutlich, dass die Hersteller diese Merkmale nachträglich in ihre Systeme eingebaut haben.

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Obwohl neben den Produkteigenschaften immer auch die Fähigkeiten der präsentierenden Softwareexperten eine Rolle spielen, lässt sich anhand solcher Veranstaltungen durchaus eine Bewertung vornehmen.

Projekt-Management und Fähigkeiten des ERP-Projektteams entscheidend

Welche Lösung für wen die richtige ist, muss jede Firma für sich entscheiden, da ERP-Vergleichstests immer nur Eindrücke liefern können. Auch sollte man die Technik und den Funktionsumfang der Lösungen nicht überbewerten. Schließlich hängt der Erfolg der ERP-Einführung weit mehr vom Projekt-Management sowie dem Können und Engagement des Einführungsteams ab.

Die vier ERP-Hersteller wurden auch um Angaben zu den Kosten gebeten.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind dabei klare Vorstellungen von den Prozessen. Die an dem Vergleich teilnehmenden ERP-Anbieter hatten hier Vorgaben bekommen und konnten so ohne allzu viel Aufwand ihre Systeme entsprechend einrichten. Im Falle von Abas, das wie erwähnt erst kurzfristig zu der Testgruppe zugestoßen war, gelang dies sogar in nur drei Tagen. "Klar strukturierte Prozesse lassen sich in kurzer Zeit und ohne Schwierigkeiten einführen. Und am Ende verstehen die Anwender sogar, was die Software tut", resümiert Werner Schmid, Geschäftsführer von GPS.

Auf den folgenden Seiten finden Sie positive und negative Eigenschaften sowie Schwachstellen der vier ERP-Produkte, die dem Autor während der Präsentationen aufgefallen sind.

Eigenschaften der ERP-Software von Psipenta

Benutzeroberfläche:

Die ERP-Lösung von Psipenta wendet sich an den Praktiker. Das Interface erlaubt es, rasch auf die unterschiedlichen Bereiche zuzugreifen, zumal die Sprünge in unterschiedliche Bereiche protokolliert werden und somit nachvollziehbar sind.

Häufig verwendete Suchläufe etwa im Teilestamm lassen sich abspeichern. Ein Eingangskorb zeigt den Arbeitsvorrat des Anwenders. Eine Ampeldarstellung informiert über den Status.

CRM:

Konstruktion:

Der Anwender kann Artikel auch ohne Artikelnummer anlegen - manche Konstrukteure im Anlagenbau wissen das zu schätzen. Gleiches gilt für die grafische Stücklistendarstellung.

Einkauf/Disposition:

Produktion:

Rechungswesen:

Eine "Werkstattbestandsrechnung" ermittelt die fertigen und unfertigen Aufträge.

Versand:

Eine Verpackungsstruktur lässt sich beliebig aufbauen. Verpackungsvorschriften lassen sich dabei berücksichtigen.

Service:

Schwachstellen:

Eigenschaften der ERP-Suite von Proalpha

Benutzeroberfläche:

Das ERP-System Proalpha weist eine gewöhnungsbedürftige Oberfläche auf. Statt Informationen innerhalb eines großen Fensters darzustellen, arbeitet die ERP-Lösung mit mehreren, parallel geöffneten Fenstern. Dies hat aber durchaus Vorteile, wenn es gilt, mehrere Listen im Blick zu haben. Die Fensterinhalte ändern sich dynamisch.

CRM:

Der Auftrags- und Lagerbestand einer Firmengruppe lässt sich als Ganzes betrachten.

Konstruktion:

Es gibt eine CAD-Anbindung, die im Standard zumindest eine einfache Zeichnungsverwaltung erlaubt.

Produktion:

Einkauf:

Service:

Rechnungswesen:

Auswertung:

Über simple Standardberichte hinaus erlaubt es das Proalpha-Werkzeug "Analyzer" auf Grundlage von Olap-Funktionen, umfangreiche Reports zu erzeugen. Viele andere Hersteller greifen hier auf Drittprodukte zurück.

Eigenschaften der .NET-ERP-Software von AP AG

Benutzeroberfläche:

APplus verfügt über die modernste Oberfläche im Test. Jeder Anwender erhält einen personalisierten Zugriff auf die Web-basierende Benutzerschnittstelle. Ereignisse und Zahlenangaben kann sich der ERP-Nutzer über RSS-Feeds abonnieren und so permanent sichtbar machen.

CRM:

Produktion:

Einkauf:

Service:

Auswertung:

Schwachstellen:

Hauptnachteil des ansonsten in diesem Test gut bewerteten ERP-Systems bleibt das Fehlen eines eigenen Rechnungswesens.

Eigenschaften von Abas-ERP

Benutzeroberfläche:

CRM:

Konstruktion:

Die CAD-Anbindung erlaubt es, die Änderungshistorie an einem Artikel in Listenform darzustellen.

Produktion:

Einkauf:

Schwachstellen:

Abas ist ein flexibles ERP-System, das inzwischen in die Jahre gekommen ist. Die Benutzerschnittstelle wirkt etwas angestaubt. Doch zeigt sich der Vorteil eines in die Jahre gekommenen Systems: Experten von MQ Result verweisen auf Studien die zeigen, dass ABAS stabil und zuverlässig läuft. Zudem bietet die Software keine so reichhaltigen Standardfunktionen. Die für die Praxis wichtigen Merkmale sind aber vorhanden. Der Hersteller verlässt sich hier auf die Möglichkeiten der FOP-Technik zur Systemanpassung. Fraglich ist auch, ob die eigene Datenbanktechnik auf Dauer glücklich macht.