IT-Operations Day

Anwender lassen die Cloud links liegen

25.06.2010 von Karin Quack
Das Interesse am Thema Cloud Computing ist groß. Aber nur wenige Anwender lassen sich in ihrer Praxis bereits darauf ein.
Walter Brenner (links) und Rüdiger Zarnekow. Foto: Ioana Petrescu
Foto: Ioana Petrescu

"Cloud Computing ist eine alte Idee, deren Zeit jetzt reif ist", konstatierte Rüdiger Zarnekow, Professor für Informations- und Kommunikationsmanagement an der Technischen Universtität Berlin, anlässlich des zweiten "IT Operations Day". Reif vielleicht, aber noch nicht in voller Blüte, möchte man anmerken. Denn Anwender, die Teile ihrer Informationstechnik bereits einem Cloud-Anbieter anvertrauen, sind offenbar kaum bereit, öffentlich darüber zu reden. Walter Brenner, geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule St. Gallen und Co-Organisator der Veranstaltungsreihe, beklagte bereits im Vorfeld den Mangel an Referenten aus der Praxis (siehe auch: "Die drei Gesichter der Cloud".)

Das war vor allem deshalb schade, weil das Thema offenbar auf großes Teilnehmerinteresse stieß. Mehr als 100 IT-Operations-Spezialisten hatten sich im Ernst-Reuter-Haus der TU Berlin zusammengefunden, um mit Veranstaltern, Vortragenden und Kollegen über die Cloud zu diskutieren.

IT Operations Day in aller Kürze

  • Das Motto der Veranstaltung lautete diesmal "Cloud Computing".

  • Gastgeber war Rüdiger Zarnekow von der TU Berlin, die für den Event das Ernst-Reuter-Haus zur Verfügung stellte.

  • Neben Anwenderunternehmen wie DB Systel oder GKV Informatik referierten Anbieter wie Salesforce.com, Google und Compuware.

  • Der nächste IT Operations Day ist für den 9. November in St. Gallen geplant.

  • Das vorgesehene Thema lautet "Strategisches und operatives Controlling des IT-Betriebs".

Manufaktur verhindert die Cloud

Woher die mutmaßlichen Widerstände gegen das Cloud Computing rühren, erläuterte Detlef Exner. Der Geschäftsführer des IT-Dienstleisters DB Systel führte sie darauf zurück, "dass die Operations-Abteilungen noch nicht industrialisiert denken". Industrialisierung und Cloud Computing hätten unmittelbar miteinander zu tun: "Die Manufaktur ist der größte Verhinderer der Cloud."

Detlev Exner, Geschäftsführer der DB Systel
Foto: DB Systel, Exner

Eine Manufaktur ist laut Exner gekennzeichnet durch geringe Arbeitsteilung und schwankende Qualität - verursacht durch Einzelfertigung. In die Informationstechnik lässt sich das übertragen als mangelhafte Standardisierung, schlecht organisierte Prozesslandschaft und fehlendes Monitoring sowie ein "Bauchladen" an unterschiedlichen Produkten und Lösungen. Eine solche IT-Architektur steht dem Charakter des Cloud Computing entgegen. Exner definierte Letzteres als unternehmensübergreifende Virtualisierung. Damit erfordert es Standardisierung der Produkte und Schnittstellen sowie Harmonisierung der Abläufe.

Die "interne" Cloud im Fokus

Die Anwendervorträge beschäftigten sich zumeist mit der "internen" Cloud. So zum Beispiel der Bericht über ein Projekt des in Zürich beheimateten Elektrotechnikunternehmens Burkhalter Group. Vorgestellt wurde es vom Schweizer Berater und ehemaligen CEO von Canoo Engineering, Marc Domenig.

Burkhalter war 2008 von einer extrem dezentralisierten IT-Landschaft auf eine Web-basierende Lösung umgestiegen. In deren Mittelpunkt steht eine Branchensoftware, die von Canoo auf der Grundlage von Rich Internet Applications (RIA) entwickelt wurde und sowohl eine Client-Server-Version des Standard-ERP-Systems "Xpert" von Soreco als auch die Microsoft-Office-Werkzeuge auf den Clients einschließt. Microsoft Office habe sich nur deshalb gehalten, weil die Anwender "Google Apps" ablehnten, ergänzte Domenig.

In der Praxis noch nicht angekommen

Das Auditorium des "IT Operations Day" diskutierte lebhaft mit. Foto: Ioana Petrescu
Foto: Ioana Petrescu

Diese Tatsache belegt einmal mehr, dass Cloud Computing in der Praxis noch nicht wirklich angekommen ist. Und wenn es noch eines Beweises bedurfte hätte, so wäre auf eine Umfrage des "CIO Circle" zu verweisen. Dort haben die 155 befragten CIOs das Thema als für sich eher unwichtig disqualifiziert. Von 20 vorgegebenen Stichwörtern landete Cloud Computing auf Platz 19.

Bei der Auswahl des Themas für den kommenden IT Operations Day orientierten sich Brenner und Zarnekow deshalb wieder am Alltag der Chef-Operatoren: Am 9. November in St. Gallen soll über "Strategisches und operatives Controlling des IT-Betriebs" diskutiert werden.