Tablet-PC

Amazon Kindle Fire HD im Test

02.01.2013 von Thomas Rau
Amazons günstiges Tablet Kindle Fire HD unterscheidet sich deutlich von anderen Android-Tablets. Der Test zeigt aber: Anders ist nicht immer besser.
Amazon Kindle Fire HD

Das Amazon-Tablet kostet 199 Euro mit 16 GB Speicher und 249 Euro mit 32 GB. Damit ist es genauso günstig wie das Google Nexus 7 - ein iPad Mini bekommen Sie zu diesem Preis noch lange nicht. Allerdings ist das Kindle Fire HD weder so dünn noch so leicht noch so schön wie das kleine iPad: Zwar ist sein Kunststoffgehäuse weitgehend stabil verarbeitet und knarzt auch bei härterem Hinlangen nicht. Es ist allerdings mit 10 Millimeter Bauhöhe nicht ausnehmend dünn und mit knapp 400 Gramm auch nicht übermäßig leicht für ein 7-Zoll-Tablet.

Verarbeitung: Nicht billig, aber auch nicht elegant

Android nur als Icon: Vom Google-Betriebssystem bekommen Sie auf dem Amazon-Tablet nichts mit

Außerdem macht es der 1,7 Zentimeter breite Bildschirmrand wenig attraktiv. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir Spaltmaße zwischen Gehäuserand und Bildschirm - ideale Nistplätze für Staubflusen und Kleinkrümel. Die Rückseite des Gehäuses ist gummiert: Das Kindle Fire HD liegt griffig in der Hand. Allerdings sieht man darauf jeden Fingerabdruck, ohne Pflege wirkt es daher bald abgegriffen und speckig.

Android bekommen Sie nicht zu sehen

Im Karussell: Durch alle Tablet-Inhalte können Sie schnell blättern

Wenn Sie den Kindle Fire HD über Amazon kaufen, ist Ihr Amazon-Konto schon auf dem Gerät eingerichtet: Sie müssen das bestätigen, können es noch mit Facebook und Twitter verknüpfen und sind dann startbereit. Auf dem Kindle Fire HD läuft zwar Android 4.0.3: Davon bekommen Sie aber kaum etwas mit, denn Amazon hat sich eine eigene Benutzeroberfläche einfallen lassen, die sich deutlich vom Standard-Android - und auch von iOS - unterscheidet.

In der Mitte des einzigen Startbildschirms sehen Sie die Inhalte wie in einem Karussell angeordnet. Immer wenn Sie ein E-Book oder eine App aufrufen, ein Lied anhören oder ein Video schauen, wird es dort hinzugefügt. Dadurch wird dieses zentrale Bedienelement schnell unübersichtlich - Sie müssen dann Elemente wieder vom Karussell entfernen. Durch den Dreheffekt können Sie zwar schnell durch Ihre Inhalte blättern: Wollen Sie aber ein bestimmtes Buch oder Lied aufrufen, müssen Sie sehr behutsam wischen, um es zu treffen. Unschön: Die App-Symbole im Karussell sind nicht hochaufgelöst: Wenn sie großformatig neben Album-Covern und Buchtiteln im Karussell stehen, wirken sie grob und fehlplatziert.

Der Wesenszweck des Kindle Fire HD: Einkaufen

Wie auf der Amazon-Webseite: Das Tablet gibt Kaufempfehlungen zu ähnlichen Inhalten

Über dem Karussell finden Sie eine Menüleiste, die mit der Kategorie Einkaufen beginnt - hier wird der eigentliche Zweck des Amazon-Tablets deutlich: Es ist im Wesentlichen ein mobiler Einkaufswagen für den Online-Versender. Das Tablet blendet zum Beispiel wie auf der Amazon-Webseite für alle Inhalte in der unteren Bildschirmzeile Kaufempfehlungen ein: Das kann man hilfreich finden - oder in den Einstellungen abschalten. Nicht abschalten lässt sich die Werbung, die das Tablet im Sperrbildschirm zeigt: Wenn Sie das stört, kaufen Sie das werbefreie Modell, das 15 Euro teurer ist. Oder Sie lassen die Werbung über den Kundenservice nachträglich abschalten, was ebenfalls 15 Euro kostet.

Gewöhnungsbedürftig: Das Amazon-Tablet zeigt Werbung im Sperrbildschirm

Neben Einkaufen stehen im Menü Spiele, Apps, Bücher, Musik, Videos Web, Fotos und Dokumente bereit. Übersichtlich ist, dass Sie in fast allen Kategorien zwischen Inhalten auf dem Tablet und in der Cloud hin- und herschalten können. Allerdings durchbricht Amazon dieses Bedienkonzept bei den Videos: Hier sehen Sie nur die Webseite des Amazon-Video-Verleihs Lovefilm - eigene Videos finden Sie dagegen in der App "Persönliche Videos".

Kindersicherung: Das Tablet sorgenfrei weitergeben

Kindersicherung: Viele Funktionen lassen im Kindle Fire HD per Passwort schützen

Mit einem Wisch vom oberen Bildrand öffnen Sie die Statusleiste: Dort greifen Sie schnell auf bestimmte Einstellungen zu - etwa Lautstärke, Helligkeit oder WLAN - oder rufen das Menü auf. Das Kindle Fire HD bringt dort die Funktion Kindersicherung mit: Damit können Sie bestimmte Apps wie den Browser mit einem Passwort sperren oder die WLAN-Nutzung verbieten und auch Einkäufe oder die Video-Wiedergabe erst mit Passwort freigeben. In dieser Hinsicht ist das Amazon-Tablet den meisten Androiden einen Schritt voraus - Sie können es bedenkenloser weitergeben.

Amazon Kindle Fire HD: Alle Testergebnisse im Über
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Akkulaufzeit: Video-Wiedergabe
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Akkulaufzeit: WLAN-Surfen
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Gewicht (inklusive Akku)
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Bildschirm: Helligkeit
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Bildschirm: Punktedichte
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Browser: Ladezeit Webseiten
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
Browser: Sunspider-Test
Amazon Kindle Fire HD: Testergebnisse
WLAN-Tempo: Datenrate

Bedienung: Nicht so gut wie aktuelle Androiden

Das Tablet reagiert einigermaßen schnell auf Eingaben. Die meisten Apps brauchen weniger als zwei Sekunden zum Start, der Lagesensor dreht das Bild in unter zwei Sekunden. Durch Fotoalben blättern Sie flüssig, auch das Vergrößern der Bilder geht schnell. Nervig ist allerdings, dass Webseiten beim schnellen Scrollen sichtbar hoppeln. Der Zoom dagegen funktioniert dagegen flüssig. Unerwartet schlampig fanden wir von Amazon, dass im E-Book-Reader die Seitenwechsel nicht schön als Blättern animiert sind, sondern die Seiten einfach abrupt weiter springen.

Insgesamt lassen sich aktuelle Android-Tablets wie das Google Nexus 7 etwas flüssiger bedienen als das Kindle Fire HD: Vor allem das Karussell erfordert Umgewöhnung - und vereinfacht die Bedienung nicht wirklich.

Software: Nur über Amazons App-Shop

Schön und übersichtlich: Der Musik-Player des Kindle Fire HD

Amazon installiert ab Werk nur sehr wenige Apps auf dem Kindle Fire HD - zum Beispiel den Officesuite Viewer, mit dem Sie Office-Dokumente öffnen und anschauen, aber nicht bearbeiten können. Außerdem ist ein Mail-Client an Bord, der auch Exchange unterstützt. Alle anderen Apps müssen Sie sich aus dem Amazon App Shop holen - Apps von Google Play Store lassen sich nicht auf dem Kindle Fire HD installieren.

Das Angebot im Amazon-Shop ist durchaus üppig: Viele bekannte Android-Apps wie Facebook, Flipboard, Angry Birds, Skype oder Spotify bekommen Sie auch für den Kindle Fire HD. Es fehlen allerdings Google-Apps wie Youtube oder Maps - stattdessen gibt es beispielsweise eine App für Nokia Maps. Das Kindle Fire hat allerdings kein GPS, sondern kann seinen Standort nur per WLAN bestimmen. Auch im Browser schließt Amazon übrigens Google aus und setzt auf Microsofts Suchmaschine Bing. Wie Google und Apple verzichtet auch Amazon auf die Unterstützung von Flash im Browser.

Akkulaufzeit: Gut, aber nicht sehr gut

Das Kindle Fire HD hält rund 7,5 Stunden durch, wenn Sie mit voller Helligkeit Videos abspielen oder mit reduzierter Helligkeit per WLAN im Internet surfen. Das ist ordentlich, kommt aber nicht an die Laufzeiten des Google Nexus 7 oder der iPads von Apple heran.

Mobilität

Amazon Kindle Fire HD (Note: 2,05)

Akkulaufzeit: Internetzugriff per WLAN / Video abspielen

7:38 Stunden / 7:34 Stunden

Gewicht (mit Akku) / Gewicht Netzteil

391 / 35 Gramm (nur USB-Ladekabel mitgeliefert)

Bildschirm: Sehr hell und farbstark

Das Google-Tablet hängt der Kindle Fire HD aber beim Bildschirm ab - nicht bei der Auflösung: Da zeigen beide 7-Zoll-Tablets 1280 x 800 Bildpunkte. Aber das Kindle-Display strahlt deutlich heller. Auch Farben stellt es satt und natürlich dar. Außerdem ist es sehr blickwinkelstabil, nur bei sehr vertikaler Draufsicht erscheint das Bild etwas abgeschattet.

Bildschirm

Amazon Kindle Fire HD (Note: 2,20)

Diagonale / Auflösung / Punktdichte

7,0 Zoll (17,8 Zentimeter) / 1280 x 800 Bildpunkte / 216 dpi

Helligkeit / Kontrast / Entspiegelung

372 cd/m² / 848:1 / gering

Multimedia: Lauter Lautsprecher

Beim Abspielen von Filmen zeigt sich das Amazon-Tablet ähnlich zickig wie die iPads: Mit den meisten MP4-Videos kommt es zurecht. Bei AVI, MKV oder MP4 im High Profile verweigert es aber die Wiedergabe oder zeigt entsprechende Dateien in der Video-App gar nicht an. Weniger Probleme macht es bei Audiodateien: Bis auf WMA gibt es alle Testdateien wieder. Die Stereo-Lautsprecher klingen etwas dumpf, machen aber ordentlich Dampf. Bei sehr hoher Lautstärke verzerren sie allerdings.

Ausstattung: Sehr schnelles WLAN

Das Kindle Fire HD gibt es nicht mit 3G. Dafür bringt es Bluetooth mit - und ein extrem schnelles WLAN: Das Amazon-Tablet funkt auf 2,4 und 5 GHz: Besonders über die störungsfreie 5-GHz-Frequenz liefert es im Test beeindruckende Datenraten - deutlich schneller als alle bisher getesteten Tablets. HD-Streaming ist damit problemlos möglich. Auch Webseiten lädt das Amazon-Tablet recht schnell. Bei komplexeren Seiten dauert es ein wenig länger, da der Dual-Core-Prozessor von Texas Instruments nicht zu den Top-CPUs gehört.

Geschwindigkeit und Multimedia

Amazon Kindle Fire HD (Note: 2,29)

Browser: Geschwindigkeit (Sunspider) / Smartbench 2011 / GL-Benchmark / mittlere Ladezeit für Webseiten

1793.3 Millisekunden / - / - / 4,98 Sekunden

WLAN-Geschwindigkeit

58,3 MBit/s

Startzeit: aus ausgeschaltetem Zustand / aus Bereitschafts-Modus

30 / 1 Sekunden

Dateien auf Gerät übertragen (700 MB)

94 Sekunden

HD-Videos auf TV/Monitor

flüssig / flüssig

Bei der Ausstattung spart Amazon etwas: 16 GB sind für diesen Preis zwar okay, erweitern können Sie den Speicher aber nicht, da dem Kindle Fire HD ein Kartenleser fehlt. Eine Schnappschuss-Kamera gibt es auch nicht, vorne sitzt eine HD-Kamera für Videochats. Sie lässt sich aber nur über Apps wie Skype ansprechen, eine eigene Kamera-App installiert Amazon nicht. Laden müssen Sie das Tablet über das mitgelieferte USB-Kabel: Am Notebook lädt es nur, wenn es ausgeschaltet ist. Ein Steckernetzteil kostet 20 Euro extra, ans Kindle Fire HD passen aber auch andere Ladegeräte mit Micro-USB-Anschluss.

Amazon Kindle Fire HD im Test: Fazit

Das Amazon Kindle Fire ist wie die iPads eine Insellösung: Aber auf der Insel gibt es viel zu sehen - das Angebot an Büchern, Musik und Filmen ist umfassender und übersichtlicher als bei Google und kann auch mit iTunes mithalten. Dafür liegt Amazon bei den Apps zurück - aber anders als etwa bei Windows RT stimmt hier die Basisversorgung.

Das Kindle Fire HD punktet mit schnellem WLAN, einem guten Bildschirm und der Kindersicherung: Diese Funktionen bekommen Sie zu diesem Preis bei keinem anderen Tablet. Dafür fehlen ihm aber mit Foto-Kamera, Kartenleser und GPS einige Merkmale, die auch günstige Tablets mitbringen. Außerdem schneidet der direkte Konkurrent Google Nexus 7 bei den entscheidenden Tablet-Kriterien wie Akkulaufzeit und Bedienung besser ab.

Für Tablet-Einsteiger eignet sich das Amazon Kindle Fire HD ideal - oder als günstiges Familiengerät. Wer ein preiswertes Mini-Tablet sucht, mit dem man sich ungehindert durchs Android-Universum bewegen kann, greift besser zum Google Nexus 7.

Testergebnis (Noten)

Amazon Kindle Fire HD

Testnote

gut (2,50)

Preis-Leistung

sehr günstig

Bedienung (25 %)

2,46

Mobilität (20 %)

2,05

Bildschirm (20 %)

2,20

Ausstattung (17 %)

3,42

Geschwindigkeit und Multimedia (15 %)

2,29

Service (3 %)

3,58

Allgemeine Daten

Amazon Kindle Fire HD

Internetadresse von Amazon

www.amazon.de

Preis (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers / Straßenpreis)

199 Euro / 199 Euro

Technische Hotline

0800/5890067

Garantie

12 Monate

Bedienung

Amazon Kindle Fire HD (Note: 2,46)

Bildschirm / Bildschirm-Tastatur / Mehrfinger-Gesten / Bildschirm-Technik

ordentlich / angenehm / ja / kapazitiv

Spracheingabe

nein

Ausstattung

Amazon Kindle Fire HD (Note: 3,42)

Prozessor

Texas Instruments OMAP 4460 (1,2 GHz)

Maße (L x B x H)

19,3 x 13,7 x 1,0 Zentimeter

Betriebssystem

angepasstes Android 4.0.3

eingebauter / zusätzlicher Speicherplatz (Art)

16 GB (Flash) / keiner mitgeliefert

Wireless-LAN / Bluetooth / UMTS / GPS

802.11n / 3.0 / nicht vorhanden / nein

USB

1 (Micro)

HDMI

1 (Micro)

Kartenleser (Formate)

nein (-)

Einschub für SIM-Karte

nein

Kamera

nein

Internetkamera

ja (1280 x 800 Pixel)

Dockinganschluss

nein

Audioausgang

1

Mikrofon

ja

Lieferumfang

USB-Kabel

Service

Amazon Kindle Fire HD (Note: 3,58)

Handbuch: deutsch / gedruckt / umfangreich / als PDF

ja / nein / nein / nein

Garantie

12 Monate

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikattion PC-Welt.