Amazon Bedrock angetestet

07.03.2024 von Martin Heller
Mit Bedrock will Amazon Web Services es Ihnen erleichtern, GenAI-Anwendungen auf die Beine zu stellen. Lesen Sie, wie das in der Praxis klappt.
Amazon Bedrock verspricht eine vielschichtige, vollständig gemanagte Generative-AI-Grundlage. Lesen Sie, ob dieses Versprechen eingelöst wird.
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Wenn Sie vom Generative-AI-Hype überfordert sind, hat Amazon Web Services (AWS) etwas für Sie: Bedrock. Dieser Browser-basierte Managed Service ergänzt die knapp 30 anderen verfügbaren Dienstleistungsangebote von AWS im Bereich Machine Learning.

Was ist Amazon Bedrock?

Bei Amazon Bedrock handelt es sich um einen vollständig gemanagten Service, um Generative-AI-Anwendungen zu entwickeln, bereitzustellen und zu erweitern. Dazu bietet Bedrock einen Katalog mit verschiedenen KI-Basismodellen diverser Anbieter, implementiert Retrieval Augmented Generation (RAG) sowie Vektoreinbettungen, hostet Wissensdatenbanken und ermöglicht fortlaufende Pretraining-Sessions - unter anderem. Aktuell verfügt Amazon Bedrock über sechs Hauptfunktionen:

Zu den wichtigsten Konkurrenzangeboten zu Bedrock gehören:

Amazon Bedrock einrichten

Was das Setup angeht, gibt es Handlungsbedarf in zwei Bereichen - den KI-Modellen und der Bedrock-API.

  1. KI-Modelle: Bevor Sie die Modelle in Bedrock verwenden können, müssen Sie den Zugriff darauf (jeweils einzeln) beantragen. Wenn Sie das AWS-Kommandozeilen-Interface oder eines der -SDKs verwenden möchten, müssen Sie auch diese installieren und entsprechend konfigurieren. Das Formular für den Modellzugriff auszufüllen, gestaltete sich im Test simpler als erwartet, die Wartezeit auf den Zugriff blieb in den meisten Fällen sehr überschaubar.

  2. Bedrock-API: Da wir uns in unserem Test auf die Konsolennutzung fokussieren, haben wir uns nicht mit diesem Punkt befasst. Eine zielführende Anleitung zum API-Setup-Prozess finden Sie hier.

Vor der Nutzung müssen Sie KI-Modelle in Amazon Bedrock erst einmal "freischalten". Die Freigabe erfolgte im Test bei den meisten Anbietern nahezu unverzüglich. Einzelne Anbieter - etwa Anthropic - holen bei dieser Gelegenheit Angaben zur geplanten Nutzung ein.
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Bedrocks Modell-Inferenz-Parameter

Um die Antworten der KI-Modelle zu steuern, nutzt Amazon Bedrock etwas andere Parameter als beispielsweise OpenAI. Der Service steuert Randomness und Diversity über die "Temperature" der Wahrscheinlichkeitsverteilung sowie "Top K" und "Top P" - die Länge des Outputs über die Antwortlänge, Penalties und Stop-Sequenzen. Im Folgenden gehen wir auf die einzelnen Elemente näher ein.

Amazon-Bedrock-Prompts, -Beispiele und -Playgrounds

Amazon Bedrock wartet zum Zeitpunkt dieses Tests mit 33 Beispielen für die Nutzung von GenAI-Modellen auf und stellt drei verschiedene Playgrounds zur Verfügung. Letztgenannte bieten eine Konsolenumgebung für Experimente mit Inferenzen auf unterschiedlichen Modellen und unter verschiedenen Konfigurationen. Sie haben die Wahl:

Die Bedrock-Beispiele veranschaulichen Prompts und Parameter für diverse unterstützte Modelle und Aufgaben. Diese Tasks decken folgende Bereiche ab:

Jedes dieser Beispiele demonstriert ein Modell, einen Prompt, ein Parameter sowie eine Antwort und enthält eine klickbare Schaltfläche, die das jeweilige Beispiel direkt in einem Playground öffnet. Die Ergebnisse, die Sie dort erhalten, können mit den im Beispiel gezeigten übereinstimmen oder auch nicht - vor allem, wenn die Parameter weniger wahrscheinliche Token zulassen. Im Folgenden sehen wir uns drei der Beispiele genauer an.

1. Beispiel: Chain of Thought

Unser erstes Beispiel demonstriert die Lösung eines arithmetischen Wortproblems in Amazon Bedrock mit einem Chain-of-Thought-Prompt und dem Llama-2-Modell Chat 70B v1.

Der [INST] (Instruktions)-Block in diesem Beispiel ist Llama-spezifisch.
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An diesem Beispiel sind mehrere Aspekte interessant: Zum einen funktioniert es mit einem relativ kleinen Open-Source-Modell. Zum anderen wird die Chain-of-Thought-Aktion durch einen simplen Prompt-Zusatz getriggert: "Let's think step by step". Wenn Sie diesen entfernen, dürfen Sie dabei zusehen, wie das Modell regelmäßig aus den Fugen gerät und falsche Antworten generiert.

Das Chain-of-Thought-Beispiel im Amazon-Bedrock-Playground: Dieses spezifische Prompt- und Hyperparameter-Set sorgt in der Regel für korrekte Antworten - wenn auch nicht immer in konsistentem Format. Die Temperatureinstellung von 0,5 sorgt für moderate Randomness, das Top-P-Setting von 0,9 erlaubt auch weniger wahrscheinliche Outputs.
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2. Beispiel: Contract Entity Extraction

Dieses Example veranschaulicht die Informationsextraktion aus Verträgen mit Coheres KI-Modell Command.

Ein Blick auf die "Contract Entity Extraction" mit dem Text-LLM Command.
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Die Temperatureinstellung in diesem Beispiel liegt bei 0,9, Top P bei 1 - das erlaubt hohe Randomness für den generierten Text.
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3. Beispiel: Image Inpainting

Unser letztes Beispiel beschäftigt sich mit Bildbearbeitung - genauer gesagt "Image Inpainting" (Bildelemente ersetzen beziehungsweise modifizieren) mit Amazons KI-Modell "Titan Image Generator G1". Hierbei wird über ein Referenzbild, eine Maske und einen Prompt ein neues Bild erzeugt.

Die Blumen in diesem Bild sollen manipuliert werden. Dazu wird die Maske über den betreffenden Bereich gelegt und ein entsprechender Prompt übermittelt.
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Das Ergebnis. Über die klickbaren Info-Links im Konfigurationsbereich können Sie sich en detail über die einzelnen Hyperparameter informieren.
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Mit Amazon Bedrock orchestrieren

In Sachen Orchestrierung bietet Amazon Bedrock derzeit folgende Optionen:

Dabei handelt es sich um zwei der wichtigsten Methoden, um generative KI-Anwendungen aufzubauen. Sie liegen irgendwo zwischen simplem Prompt Engineering und teurem sowie zeitaufwändigem Modell-Pretraining und Feintuning.

Um Wissensdatenbanken zu verwenden, gehen Sie bei Amazon Bedrock schrittweise vor:

Der Startpunkt, um eine Wissensdatenbank in Amazon Bedrock aufzusetzen.
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Agenten orchestrieren Interaktionen zwischen KI-Basismodellen, Datenquellen, Softwareanwendungen und Prompts. Zudem rufen sie APIs auf, um Aktionen auszuführen. Zusätzlich zu den RAG-Komponenten sind Agenten in der Lage:

Modelle bewerten und bereitstellen mit Amazon Bedrock

Der Bereich "Assessment and Deployment" in Amazon Bedrock enthält Funktionen,

Die Modellbewertung unterstützt die automatische Bewertung eines einzelnen Modells, die manuelle Bewertung von bis zu zwei Modellen (durch Ihr eigenes Team) sowie die manuelle Bewertung von beliebig vielen Modellen durch AWS-Experten. Dabei werden empfohlene Metriken verwendet, die je nach Art der Evaluierungsaufgabe variieren. Dabei können entweder eigene oder kuratierte Prompt-Datensätze genutzt werden.

Automatisierte Modell-Evaluierung in Amazon Bedrock.
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Provisioned Throughput ermöglicht Ihnen, dedizierte Kapazität zu erwerben, um Ihre KI-Modelle bereitzustellen. Die Kosten dafür variieren je nach gewähltem Modell und dem Grad der Verpflichtung, den Sie bereit sind einzugehen.

Dedizierter Durchsatz ist nicht günstig - und nicht für jedes Modell verfügbar. In diesem Beispiel sehen Sie, wieviel fünf Model Units des Llama-2-Modells Chat 13B für einen Monat kosten. Eine längere Laufzeit kann den Preis nach unten drücken.
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KI-Modelle anpassen in Amazon Bedrock

An dieser Stelle macht es Sinn, einen detaillierten Blick auf die Möglichkeiten zu werfen, die Amazon Bedrock bietet, um KI-Modelle anzupassen. Folgende Customization-Methoden sind implementiert:

Sowohl Feinabstimmung als auch fortgesetztes Pretraining sind im Regelfall teure und langwierige Prozesse. Dabei kann es auch eine Herausforderung darstellen, die Daten für diese Prozesse vorzubereiten. Beim Feintuning besteht die Challenge darin, das Tagging im Rahmen des Budgets zu bewerkstelligen. Die Herausforderung beim fortlaufenden Pretraining ist es dagegen, einen Datensatz für den gewählten, spezifischen Bereich zu finden, der keine Verzerrungen oder Ähnliches enthält.

Individuelle Modelltrainingsaufgaben können in Amazon Bedrock übersichtlich gemanagt werden. Status-Codes geben dabei jederzeit Auskunft über den Stand der Dinge.
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Wenn Sie Ihre Modelle in Amazon Bedrock angepasst haben, können Sie diese über das "Models"-Tab verwalten.
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PartyRock als Low-Code-Addon für Bedrock

Begleitend zu Bedrock hat AWS mit PartyRock eine in weiten Teilen kostenlose Low-Code-Plattform veröffentlicht. Die soll Anwender beim Einstieg ins Thema Generative AI begleiten und sie dabei unterstützen, erste, kleine KI-Applikationen zu bauen. Wie Sie PartyRock nutzen, erklärt AWS-Chefevangelist Jeff Barr in einem Blogbeitrag.

Amazon Bedrock - Testfazit

Amazon Bedrock ist ein ernstzunehmender Konkurrent - in erster Linie für Microsofts Azure KI-Studio. Insbesondere, wenn Sie bereits AWS-Kunde sind, ist Bedrock eine gute Wahl, um GenAI-Anwendungen zu erstellen und zu skalieren. Zwar bietet der Amazon-Service weniger Basismodelle als Azure AI Studio und bietet auch keinen Zugang zu den Modellen von OpenAI. Auch was Inhaltsfilter angeht, fällt Bedrock (noch) ein wenig hinter Azure AI Studio zurück. Für die allermeisten generativen KI-Anwendungen ist das Gebotene jedoch mehr als ausreichend.

Was die Kostenseite angeht: Amazon Bedrock für Prompt Engineering und RAG-Apps zu nutzen, ist in der Regel kostengünstig (Personalkosten außenvorgelassen). Auch die Kosten, um diese Anwendungen in den Bedrock-Playgrounds zu testen sind normalerweise vernachlässigbar. Geht es hingegen um Feinabstimmung und (fortgesetztes) Pretraining von KI-Modellen, könnten kleine bis mittelgroße Unternehmen mit Blick auf die Kosten (modellabhängig) bereits zögerlich werden. Diese dürfte eine Anwendung, die einem großen Publikum mit geringer Latenz kontinuierlich Mehrwert bietet, allerdings schnell wieder amortisieren.

Wenn Sie dennoch unsicher sind, sollten Sie einen Blick auf die kostenlose, interaktive Demo zu Amazon Bedrock werfen. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.