Albtraum Festnetz - vom Regen in die Traufe

18.04.2007
Jeder dritte Festnetzkunde ist unzufrieden mit seinem Provider. Dies betrifft längst nicht nur die Kunden der Deutschen Telekom - die Wettbewerber des Ex-Monopolisten sind nicht wirklich besser. Wenn alles reibungslos läuft, gilt: Never touch a running system.

Es ist der ganz alltägliche Wahnsinn, den Tausende Kunden von Telefon- und Internetanbietern erleben. Sie bekommen Tarife aufgedrückt, die sie nie wollten, ihre Telefonnummer wird einfach geändert, oder der Anschluss bleibt wochenlang tot. Das seien doch nur Einzelfälle, beschwichtigen die Betreiber. Das stimmt nicht, sagt dagegen zum Beispiel die Stiftung Warentest, die eine Umfrage gemacht hat: Von 7.700 Teilnehmern ist demnach fast jeder Dritte mit seinem Festnetzanbieter unzufrieden.

Das dürfte auch für eine Angestellte aus Hamburg und ihren Ehemann gelten. Sie sind innerhalb der Stadt umgezogen und wollten ihren Telefonanschluss samt Rufnummer mitnehmen. Eine leichte Aufgabe, sollte man meinen - nicht für ihren Anbieter, der zunächst schriftlich die Abschaltung des alten Anschlusses zum 22. Dezember 2006 bestätigte. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass der Bescheid über die Aufschaltung des neuen Anschlusses mit gesonderter Post zugehen würde.

"Der alte Anschluss wurde tatsächlich abgeschaltet", erzählt die Betroffene. Leider habe der angekündigte zweite Bescheid auch Anfang Januar nicht vorgelegen - geschweige denn eine funktionierende Leitung in der neuen Wohnung. Nach mehreren Anrufen bei der Hotline wurde dem Paar nur bestätigt, dass der Anschluss abgeschaltet ist. "Uns wurde ein Rückruf versprochen." Als dies nicht geschah, ging die Kundin in eine Filiale des Telefonanbieters. Dort hieß es, man habe wohl den zweiten Teil des Auftrages schlicht vergessen.

Erneut wurde ein Rückruf versprochen, der wieder nicht erfolgte. "Ich habe also die zentrale Nummer angerufen und um Bearbeitung meines Falles gebeten." Nach einigen Tagen kam ein Anruf von der Telefongesellschaft, in dessen Verlauf der Kundin mitgeteilt wurde, dass ein Techniker kommen müsse. Darüber wunderte sich die Hamburgerin, denn zuvor war ihr von anderen Mitarbeitern versichert worden, ein Techniker vor Ort wäre nicht nötig.

Call-Center anno dazumal, hier bei der France Telecom.

Der nächste freie Termin war ein paar Tage später - zwischen 12.00 und 18.00 Uhr. "Ich habe also einen halben Tag freigenommen, mich geärgert und auf eine schnelle Lösung gehofft." Bevor es jedoch zu dem Termin kam, erhielt die Kundin erneut einen Anruf auf ihrem Handy. "Eine Dame fragte, warum ich einen Techniker bestellt hätte. Das sei doch nicht nötig." Der Termin mit dem Techniker wurde also wieder gestrichen. Das Telefon blieb weiter tot.

Dann kam ein Brief: "Darin stimmten weder die Rufnummer noch das Auftragsdatum und auch nicht der Tarif." Es folgte also ein weiterer Anruf im Call-Center. "Der Mitarbeiter dort sagte mir lediglich, ich müsste das schriftlich innerhalb von zwei Wochen widerrufen." Die Bitte der Kundin, mit einem Vorgesetzten zu sprechen, ignorierte der Mann am anderen der Leitung mit einem "Nein, ich gebe das nicht weiter."

Die leidgeprüfte Kundin versuchte es noch einmal in der Filiale. Diesmal erwischte sie einen freundlicheren Mitarbeiter, der ihr einen Telefonanschluss innerhalb von drei Tagen versprach. Am darauf folgenden Mittwoch klingelte wieder das Handy - ein Techniker des Unternehmens: "Der stand bei mir vor der Haustür und wollte die Leitung legen." Die Angestellte ließ ihre Mittagspause sausen und den unangekündigten Techniker ins Haus. Als er fertig war, prüfte er die Leitung - nichts. "Er prüfte die Nummer und las sie mir laut vor: Es war die bereits stornierte Nummer", erklärte die Frau. Einen Technikerbesuch später funktionierte der Telefonanschluss in der neuen Wohnung - nach acht Wochen ohne Telefon.

Etwas später rief der Anbieter wieder an und wollte wissen, warum das Ehepaar seine Rechnungen nicht vollständig zahlen wolle. "Wir haben dann unsere Geschichte erzählt und eine Gutschrift der Grundgebühr für die Zeit ohne Telefon erwirkt." Mitte März flatterte eine weitere Nachricht ins Haus: Darin bekundete der Anbieter sein Bedauern über die Kündigung des Anschlusses und fragte, was den Kunden am Service nicht gefallen hatte. Dabei hatte die Kundin gar nicht gekündigt - aus Angst, bei der Konkurrenz den gleichen Horror erneut erleben zu müssen.

Denn dass auch andere Telefon- und Internetanbieter solche Böcke schießen, hatte die Angestellte schon zu Genüge von Freunden und Kollegen gehört. Eine Kollegin beispielsweise bekam zwar zügig einen Telefonanschluss: "Ich konnte telefonieren, beim Angerufenen wurde jedoch eine falsche Nummer angezeigt. Zudem konnte ich auf meiner Festnetznummer nicht angerufen werden." Es folgte der übliche Warteschleifen-Marathon. Der angekündigte Besuch eines Technikers blieb aus. Mittlerweile wurde ein DSL-Modem geliefert - kaputt und an die falsche Adresse.

Wer sich mit einem Problem an seinen Anbieter wendet, stößt oft auf taube Ohren. Eine beliebte Ausrede: "Schuld ist die Telekom, der gehört die letzte Meile." Das ist allerdings in etwa so, als würde ein Kunde seine Rechnungen nicht bezahlen und stets auf Unzulänglichkeiten seiner Bank verweisen. Die in Berlin niedergelassene Rechtsanwältin Astrid Auer-Reinsdorf rät Verbrauchern, sich nicht auf das Gespräch mit der Hotline zu verlassen: "Da haben Sie nichts in der Hand." Besser sei es, sein Anliegen schriftlich zu verfassen. Eine vorzeitige Kündigung des Vertrages ist zudem nur dann möglich, wenn der Anbieter das Problem trotz mehrmaliger Aufforderung und Fristsetzung nicht behebt. So machte die Stiftung Warentest in ihrer Umfrage bei vielen Betroffenen denn auch Resignation aus. Denn selbst ein Wechsel machte viele Befragte nicht glücklich. Nur jeder dritte Verbraucher kann seinen Anbieter ohne Einschränkung weiter empfehlen. (dpa/ajf)