"Creative Cloud"

Adobe führt mit der CS6 Software-Abos ein

23.04.2012 von Thomas Cloer
Für Adobe ist heute der wohl wichtigste Tag des Jahres - das Unternehmen kündigt seine neue "Creative Suite 6" (CS6) und das neue Lizenzmodell Creative Cloud an.

Über die Creative Cloud kann man Adobes Programmsammlung für Kreative künftig auch im Abonnement beziehen. Das funktioniert im Prinzip analog zu Microsofts "Office 365" - die Applikationen werden weiterhin lokal auf dem Rechner des Nutzers installiert (ein Photoshop oder InDesign lässt sich halt ebensowenig performant online anbieten wie ein Word oder Excel) und im Jahresabo oder bei Bedarf sogar nur monatlich lizenziert. Anwender werden damit einerseits flexibler und können andererseits ihre Softwarekosten gleichmäßiger verteilen; für den Hersteller ergeben sich kontinuierlichere und damit kalkulierbarere Umsatzströme - vorausgesetzt, das neue Angebot kommt an.

Die Creative Cloud kostet bei Abschluss eines Jahresabonnements knapp 50 Euro im Monat, für einen einzelnen Monat knapp 75 Euro. Das erscheint auf den ersten Blick teuer - man kann/muss allerdings fünf Jahre lang diese Gebühr zahlen, um auf den Upfront-Neupreis der "Master Collection" der Creative Suite zu kommen. Adobe kann über ein Abonnement außerdem bereits neue Features seiner Programme bereitstellen, sobald diese fertig sind (bei traditioneller Lizenzierung ist das nicht gestattet). Für Bestandskunden ab CS3 bietet Adobe die Creative Cloud für knapp 30 Euro im Monat an, zum gleichen Preis gibt es die "Student and Teacher Edition" für den Bildungsbereich mit speziellen Zusatzangeboten.

Die Creative Cloud ist zugegeben noch mehr als "nur" ein neues Lizenzmodell. Neben dem Recht, die 14 Anwendungsprogramme der vollumfänglichen Creative Suite auf Mac oder PC (auch gemischt, was bei Box-Software nicht geht; grundsätzlich erlaubt Adobes die Lizenz die Installation auf zwei Rechnern, solang nur einer aktiv benutzt wird) und in beliebiger unterstützter Sprache zu installieren und zu nutzen, umfasst das Abonnement auch die - teilweise noch nicht finalen - HTML5-Tools "Muse" und "Edge", Adobes Touch-Apps für das iPad und Android-Tablets sowie die Option, über Cloud-Dienste des Anbieters Dateien zu teilen, Webseiten zu hosten und mobile Apps zu publizieren. Für die Zukunft sind außerdem Team-Funktionen sowie Trainings-, Support- und Community-Features geplant.

Die Creative Cloud bedeutet allerdings nicht das Aus für die Box-Versionen der Creative Suite - die 14 Programme gibt es auch weiterhin einzeln, als "Creative Suite 6 Design Standard" sowie als "Creative Suite 6 Design & Web Premium" (die eher redundanten Design- und Web-Editionen wurden zusammengelegt) und "Production Premium für je 2200 Euro" und last, but not least als Master Collection für 3000 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Leider bietet Adobe beim Creative-Cloud-Abo keine vergleichbare Unterteilung / Differenzierung an - hier gilt mithin "ganz oder gar nicht". Man kann aber zumindest einzelne Anwendungen aus der Creative Suite für je 20 Euro im Monat mieten.

CS6 - breitere Ausrichtung und mehr Performance

Mit der Creative Suite 6 will Adobe den Einsatzbereich seiner Kreativsoftware verbreitern. Der Nutzer soll mit Ideen künftig bereits zu einem frühen Zeitpunkt mobil skizzieren (über neue Touch Apps wie "Proto" und "Debut"), am Desktop ausgestalten, adaptiv auf unterschiedlichsten Geräten darstellen und schlussendlich überall publizieren können. Dank 64-Bit-Unterstützung in mehr Kernanwendungen und der Nutzung von Hardware-Beschleunigung via GPU soll das Arbeiten außerdem zügiger von der Hand gehen.

Auf einen Schlag alle Änderungen und Verbesserungen von 14 teilweise sehr umfangreichen und mächtigen Applikationen zu beschreiben ist an dieser Stelle weder leistbar noch sinnvoll. Adobe selbst hatte Photoshop CS6 mit neuer "Mercury"-Grafik-Engine ja bereits vorab in einer nahezu finalen Beta in seinen Labs für jedermann zum Ausprobieren veröffentlicht und zur Broadcaster-Messe NAB auch schon das Video-fokussierte Production-Paket vor dem Rest der Creative Suite 6 präsentiert.

Auch der "Illustrator" arbeitet ab Version CS6 mit der Mercury-Engine und wurde insbesondere beim Image Tracing und bei der Erzeugung von wiederholbaren Mustern deutlich verbessert. "InDesign" ist zwar weiterhin nur 32-bittig, kann nun aber verschiedene Layouts aus ein und demselben Satz Inhalte erzeugen. Der "Dreamweaver" beherrscht nun flüssige Grid-Layout, mit denen man Webseiten mit Responsive Design (nur ein Code für verschiedene Darstellungen auf unterschiedlich großen Bildschirmen wie Smartphone, Tablet und PC) erstellen kann, und erleichtert das Arbeiten mit CSS3-Transitions.

Im Schnittprogramm "Premiere Pro" wurde die Oberfläche gründlich ausgemistet, "After Effects" haben die Adobe-Entwickler einen "Global Performance Cache" spendiert und die Software damit erheblich beschleunigt, und dank der Übernahme von Iridas hat die Creative Suite 6 mit "SpeedGrade" nun auch ein professionelles Color-Grading-Werkzeug an Bord.

Ab sofort kann man die Creative Suite 6 und Creative-Cloud-Subskriptionen vorbestellen. Verfügbar sein sollen die Lösungen innerhalb der kommenden 30 Tage. Die Touch Apps für iOS- und Android-Tablets muss man vorerst bei iTunes oder Google Play für je rund acht Euro separat erwerben - die App Stores bieten bislang keine technische Möglichkeit, zwischen Creative-Cloud-Abonnenten und anderen Nutzern zu differenzieren. Adobe sucht derzeit noch nach einer praktikablen Möglichkeit, seinen Abo-Kunden die Touch Apps kostenlos bereitzustellen.