Abkommen fuer die Entwicklung neuer Prozessoren bis Ende des Jahrtausends HP und Intel wollen Vorzuege von RISC und CISC verbinden

17.06.1994

MUENCHEN (wm) - Hewlett-Packard (HP) und Intel wollen PCs und Workstations unter einen Hut bringen - ein Prozessor soll entstehen, der kompatibel ist zu Intels x86- und zu HPs PA-RISC- CPUs (PA = Precision Architecture). Alle Anwendungen aus beiden Welten liessen sich damit nutzen.

Die Unterschiede sind gross: Der 8086-Chip und die Nachfolger 80286, 80386, 80486 und Pentium verstehen ueber 100 Befehle (plus 100 Varianten), die in mehreren Schritten ausgefuehrt werden.

Anders der PA-RISC-Prozessor, der einige wenige Befehle verarbeitet, die nach einem "Tick" der Prozessoruhr erledigt sind.

Intel und HP wollen beide Konzepte zusammenfuehren und versprechen sich davon Prozessoren mit hoeherer Leistung und niedrigerem Preis. Doch Brian Case und Linley Gwennap analysierten in der Ausgabe 7 vom 30. Mai 1994 des "Microprocessor Report" auch die Nachteile einer solchen Architektur.

Sie spielten mehrere Szenarien durch: Moeglich waere, dass der RISC- Prozessor nur einen Teil der Funktion einer x86-CPU uebernimmt und den Rest vom Betriebssystem erledigen laesst. Damit sei eine wesentlich hoehere Verarbeitungsgeschwindigkeit moeglich als mit reinen Softwareloesungen wie "Softwindows" von Insignia Solutions.

Die Faehigkeit einer RISC-CPU, mehrere Befehle gleichzeitig zu verarbeiten (Pipelining), lasse sich aber bei dieser Konstruktion schlecht nutzen, weil die Anweisungen fuer einen x86-Prozessor mehr voneinander abhaengen als bei einem RISC-Prozessor. Viele x86- Anweisungen werden nur dann ausgefuehrt, wenn ein bestimmtes Bit (Flag) vom vorgehenden Befehl festgelegt wurde.

Eine andere Perspektive fuer den gemeinsamen Prozessor von HP und Intel waere, PA-RISC- und x86-CPU in einem Gehaeuse unterzubringen - eine Loesung, die sicher wenig Kompatibilitaetsprobleme stellen wuerde. Zwei Prozessoren auf einem Chip machen das Ganze aber teurer als einen herkoemmlichen RISC-Chip. Ausserdem entstuenden zusaetzliche Kosten, weil fuer jeden Prozessor ein eigener Ein- und Ausgabebaustein eingebaut werden muesste.

Case und Gwennap kommen zu dem Schluss, dass ein Kombiprozessor zwei Bedingungen erfuellen muss, wenn er Erfolg haben soll: RISC- Anwendungen muessen auf ihm erheblich schneller laufen als DOS- Anwendungen auf Intels x86-CPU. Zusaetzlich darf der Preis der zu entwickelnden Architektur maximal so hoch sein wie der des Intel x86-Chips, den sie ersetzen soll.

Sind beide Forderungen erfuellt, so Case und Gwennap, dann liessen sich die Kunden zum Umstieg animieren.