Business-Software für den Mittelstand

Abas-ERP öffnet sich Java und Web-Technik

09.10.2008 von Frank Niemann
Der Anbieter von Business-Software für mittelständische Fertigungs- und Handelsbetriebe Abas Software AG stützte sich bisher allein auf eigene Datenbank- und Programmiertechnik. Zunehmend rücken nun Web-Techniken und Java in den Vordergrund.

Nach Überzeugung von Werner Strub, Vorstandsvorsitzender der Abas Software AG, wollen ERP-Anwender vor allem ein Produkt, dass sich an neue Anforderungen anpassen lässt: "Bis zum Jahr 2000 haben ERP-Anbieter den Funktionsumfang erweitert, danach ging es ihnen vor allem darum, ihre Produkte flexibel zu machen." Natürlich ist Strub davon überzeugt, dass die Abas-Lösung dazu taugt. Anders als andere Softwarehäuser erreichte sein Unternehmen dies über die letzten Jahre durch evolutionäre Weiterentwicklung des Kernprodukts. Einen Softwaregenerationswechsel, der Anwender zu einer kostspieligen Migration zwingt, hat man den eigenen Kunden nicht zugemutet, so Strub. Und dabei soll es bleiben, versprach der Manager den Kunden auf seiner jährlichen Kundenkonferenz in Karlsruhe. Dort präsentierte der Hersteller die neue Programmversion "Abas Business Software 2008".

Komplett überarbeitet hat Abas das Modul zur Preisfindung. Beispielsweise lässt diese Komponente es nun zu, Brutto- und Nettopreise getrennt zu pflegen.

Mit dem Produkt wendet sich der Hersteller an mittelständische Fertigungsbetriebe sowie an Handelsunternehmen. Derzeit zählen die Karlsruher weltweit 2100, etwa 1800 davon aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Die Lösung stützt sich auf eine selbstentwickelte, objektorientierte Datenbank, die Anwendungsschicht und die Präsentationsoberfläche ("flexible Oberfläche"). Letztere beinhaltet ferner Workflows, Formulare und Schnittstellenprogramme. In Sachen Datenbank bildet dieser ERP-Anbieter eine Ausnahme, denn andere Softwarehäuser verwenden Standard-SQL-Datenbanken diverser Hersteller.

Laut Abas lässt es die Architektur zu, dass Anwender eigene Masken, Auswertungen, Routinen und Abläufe entwickeln, aber dennoch ohne Aufwand neue Releases einspielen können. Die kundenspezifischen Modifikationen verwaltet die Business-Lösung getrennt vom Standardfunktionsumfang in den "individuellen Oberflächen".

Was ist neu?

  • Komplett neu entwickelt hat Abas das Modul zur Preisfindung für den Ein- und Verkauf. Hier ging der Anbieter auf Forderungen der Kunden aus dem Handel ein. Beispielsweise lässt diese Komponente es nun zu, Brutto- und Nettopreise getrennt zu pflegen.

  • Ihren Monatsabschluss können Firmen für einzelne Bereiche wie Ein- und Verkauf, Materialbewertung und Buchhaltung vollziehen. Geschäftsmonate kann der Anwender modulweise abschließen.

  • Das Abas-Portal verfügt nun über "IT-Dashboards". Nutzer können darüber Geschäftsdaten grafisch aufbereitet betrachten.

Da Release-Wechsel ohne viel Aufwand realisiert werden können, sind laut Technikvorstand Peter Walser die Programmversionen bei den Kunden selten älter als ein bis zwei Jahre. Jedes Jahr erscheint ein Haupt-Release, dazwischen vier kleinere Funktionserweiterungen.

Java und Eclipse

Hatte sich Abas bisher auf eigene Technik verlassen, halten mittlerweile Java und die Entwicklungsplattform "Eclipse" Einzug. Der Grund: Java hat sich als Programmiersprache etabliert. Zudem bietet es insbesondere in Bezug auf Web-Applikationen Vorteile. An der hauseigenen 4GL hält das Softwarehaus aber fest, da sie für die Codierung von betriebswirtschaftlichen Funktionen zahlreiche Vorteile biete und es wenig bringe, die bestehende Geschäftslogik neu zu schreiben. Erweiterungen zum ERP-Standard können Abas-Vertriebspartner sowie die Anwender nun auch in Java programmieren.

Web-Frontend für Servicetechniker

Neben dem ERP-Standardsystem entwickelt Abas mit "E-Business" (kurz "Abas EB") eine Plattform, um Drittsysteme, Lieferanten und Kunden anzubinden sowie Webshops zu betreiben. Servicetechniker können über eine Web-Oberfläche ihre Kundendiensttermine abrufen und Aufträge zurückmelden. Über entsprechende Ansichtsschablonen (Cascading Style Sheets) lassen sich die Masken an mobile Endgeräte anpassen. Die Daten stammen von einem Servicemodul im ERP-Programm. Künftig soll eine Service-Auftragsverwaltung hinzukommen. Auch die Webshop-Komponente bezieht ihre Daten von der Business-Software, so dass Produktinformationen, Preise und Kundenrabatte nur dort zu pflegen sind.

Anbindung von Dokumenten-Management

Abas EB dient darüber hinaus Partnern dazu, Drittsoftware an die ERP-Software anzubinden. Beispielsweise hat das Softwarehaus Habel auf diese Weise das eigene Dokumenten-Management-System mit der betriebswirtschaftlichen Standardsoftware integriert.

Wie flexibel und offen ist Abas wirklich?

Hersteller versprechen viel. Darum lohnt es sich, bei unabhängigen Experten nachzufragen. Christian Riethmüller, Geschäftsführer des Beratungshauses Cerpos aus Hanau, bescheinigt dem ERP-Anbieter Abas eine flexible Systemarchitektur, die auch nach kundenseitigen Anpassungen Release-fähig bleibt. "Die Update-Probleme beschränken sich auf Maskendesign und -anpassung", so der ERP-Fachmann.

Zur Flexibilität trägt unter anderem die selbstgebaute objektorientierte Datenbank des Herstellers bei. Allerdings ist dieser Datenspeicher nur erweiterbar und nicht revisionierbar, worunter nach den Worten Riethmüllers die Datenqualität unter Umständen leiden kann. Die leichte Erweiterbarkeit des Systems könne zu einem Wildwuchs führen, der schwer zu administrieren sei.

Monatsabschlüsse lassen sich in der neuen Programmversion auf Ebene einzelner Module vollziehen.

Die Karlsruher machen jedoch keinen Hehl daraus, dass die E-Business-Komponente bei den Bestandskunden bisher noch keine große Beachtung findet. Das soll sich ändern. Technikvorstand Walser will die Plattform auch unabhängig vom ERP-System vermarkten. Denkbar wären darauf aufsetzende Lösungen, die bestimmte ERP-Features kapseln. Der Abas-Manager nennt als Beispiel ein Web-fähiges Programm speziell für die Supportabwicklung.