IT-Freelancer werden

8 Geheimnisse erfolgreicher Freiberufler

01.03.2023 von John Edwards und Florian Maier
IT-Freelancer zu werden, verspricht viele Vorteile. Dabei sollten Sie wissen, was in Sachen Erfolg die Spreu vom Weizen trennt.
Eine gesunde Work-Life-Balance ist nur eines von acht Geheimnissen erfolgreicher IT-Freelancer.
Foto: View Apart - shutterstock.com

Ein IT-Freelancer-Dasein bietet zahlreiche Vorteile - nicht nur aus monetärer Perspektive. Etwa:

Doch auch als Freiberufler geht es ums Geschäft: Es gilt, gute Kunden zu finden und zu binden - und die Reißleine zu ziehen, wenn Unternehmen unangemessene Forderungen stellen oder nicht pünktlich zahlen.

IT-Freelancer werden: 8 Erfolgsgeheimnisse

Wenn Sie ein IT-Freelancer sind oder darüber nachdenken, einer zu werden, sollten Sie die folgenden acht Geheimnisse erfolgreicher Freiberufler verinnerlichen.

1. Ausgewogene Work-Life-Balance

Zeitmanagement ist ein wichtiger Skill für alle IT-Spezialisten, für Freiberufler jedoch ganz besonders, wie Eric Jones, CEO beim E-Commerce-Unternehmen Couture Candy, erklärt: "Es ist wichtig, sich die Zeit effektiv einzuteilen, um Arbeitszeiten zu managen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben zu schaffen. Sie sollten vermeiden, sich zu sehr zu verpflichten - im Klartext: Versprechen Sie weniger und liefen Sie dafür lieber mehr als versprochen ab."

Wenn sich die Auftragsanfragen häufen, können sich Freelancer schnell überfordert fühlen oder Probleme bekommen, ihre Deadlines zu halten. Jeroen van Gils, CEO beim Netzwerkdienstleister LiFi, empfiehlt IT-Freiberuflern deshalb: "Meistern Sie die Kunst des Zeitmanagements. Dann werden Sie feststellen, dass in der Lage sind, ein größeres Arbeitspensum zu bewältigen - ohne dabei Ihre Work-Life-Balance zu gefährden." Mit der Fähigkeit, die Bedürfnisse der Kunden zeitnah und effizient zu erfüllen, könnten Freiberufler zudem Eindruck machen und sich unter Umständen Folgeaufträge sichern, fügt der Manager an.

2. Engagiert - und wählerisch

Allen erfolgreichen IT-Freiberuflern sind drei grundlegende Eigenschaften gemein:

"Freiberufler müssen die Motivation mitbringen, an neuen Projekten zu arbeiten und zudem ein Höchstmaß an Disziplin aufbringen, um alle Projekte zu Ende zu führen", unterstreicht Gilad Zilberman, CEO bei der Ticket-Suchmaschine SeatPick, und ergänzt: "So sichert man sich Kunden fürs Leben."

IT-Freelancer mit besonders gefragten Skills und sorgfältig zusammengestellten Portfolios hätten in der Regel auch keine Probleme, neue Kunden zu finden, meint der CEO. Dennoch sei es laut Zilberman essenziell, bei der Auftragssuche realistisch und sich selbst gegenüber ehrlich zu bleiben: "Einer der größten Fehler, den IT-Freiberufler machen können: Sich auf Projekte einzulassen, die jenseits ihrer Interessen oder Fähigkeiten liegen. Es gibt so viele Möglichkeiten da draußen, also entscheiden Sie sich für Projekte, die Sie wirklich interessieren und widmen Sie sich dann zu 100 Prozent dieser Aufgabe."

3. Solide Marketingfähigkeiten

IT-Freiberufler müssen in der Lage sein, sich und ihre Dienstleistungen effektiv zu vermarkten. Das erfordert:

Weitere Fähigkeiten, die Freiberufler anstreben sollten, liegen im Bereich Finanz-, Kunden-, Projekt- und Risikomanagement.

Sich selbst zu vermarkten, kann - je nach Freelancer - eine Herausforderung sein, ist für den Erfolg aber unerlässlich, wie auch Mladen Maksic, CEO und Gründer der digitalen Marketingagentur Play Media, weiß: "Es ist hilfreich, sich von der Konkurrenz abzuheben. Das geht am besten, indem Sie potenziellen Kunden zeigen, was Sie zu bieten haben, andere jedoch nicht. So machen Sie sich einen Namen und treiben die Vernetzung mit möglichen Auftraggebern weiter voran." Wenn IT-Freiberufler ihr Marketingwissen mit IT-Kenntnissen kombinierten, könnten sie laut Maksic den Kunden auch hochwertige Services und Produkte anbieten.

4. Ehrlich gegenüber Kunden

Die Fähigkeit, einen Kunden in die richtige Richtung zu lenken, ist eine oft unterschätzte Fähigkeit erfolgreicher IT-Freiberufler. Dabei wüssten die (meisten) Kunden genau das zu schätzen, wie Soren Rosenmeier, CEO beim Beratungsunternehmen Right People Group, deutlich macht: "Der Kunde möchte die Erfahrung und die Proaktivität des Freiberuflers nutzen. Deshalb ist Ehrlichkeit den Kunden gegenüber essenziell - insbesondere dann, wenn man sieht, dass dieser sich in die falsche Richtung bewegt."

Dabei sollten Sie laut Rosenmeier jedoch Fingerspitzengefühl walten lassen und entscheidende Ratschläge erst dann geben, wenn Sie das Problem vollständig kennen und verstehen: "Hier können eine ganze Menge von anderen, dem Freelancer unbekannten Faktoren hereinspielen. Hören Sie sich deshalb genau an, was der Kunde will und machen Sie sich Ihre Erfahrung aus anderen Projekten wenn möglich zunutze."

5. Flexibel im Sinne des Kunden

IT-Freelancer werden häufig in bereits bestehende Teams integriert. Die daraus resultierende Erfahrung kann vielfältig sein - von beunruhigend bis herausfordernd.

Geht es nach Christine Kiefer, Senior Vice President beim IT-Personaldienstleister Experis/ManpowerGroup, sollten IT-Freiberufler deshalb in der Lage sein, sich schnell an neue Situationen anzupassen - nicht nur aus technischer, sondern auch aus geschäftlicher, betrieblicher und kultureller Perspektive: "Die grundlegende Eigenschaft, die einen guten IT-Freiberufler zu einem großartigen macht, ist die Fähigkeit, die Geschäftsinitiative eines Projekts und seinen Wert für das Unternehmen schnell zu verstehen."

6. Vielfältige Connections

"Es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass ein Freiberufler nur zu Hause sitzt und im Schlafanzug arbeitet", meint Couture-Candy-CEO Jones. "Freelancer müssen sich on- und offline vernetzen, um starke Beziehungen zu anderen Freiberuflern sowie zu aktuellen und potenziellen Kunden aufzubauen."

Laut Kiefer sollten Ihr Netzwerk und Ihre Referenzen Ihre "besten Freunde" sein. Sie rät: "Unternehmen arbeiten am liebsten mit Personen und Organisationen zusammen, die sie kennen oder denen sie vertrauen. Überlegen Sie, in welchen Unternehmen und Umgebungen Sie sich wohlfühlen - und in welchen nicht - und geben Sie diese Informationen an Ihr Netzwerk weiter, egal, ob es sich dabei um ehemalige Mitarbeiter, Personalvermittler oder Kunden handelt."

7. Soft Skills im Blick

Freiberufler in der IT-Branche sollten in Sachen technische Skills möglichst auf dem aktuellen Stand sein. Wer dabei langfristig überleben und erfolgreich sein will, sollte jedoch dabei die Soft Skills nicht aus den Augen verlieren, die im Unternehmensumfeld heute gesucht, beziehungsweise erwartet werden. Bei Bedarf ist eine Weiterbildung emfpehlenswert.

76 Prozent der Unternehmen hätten Probleme, Job-Kandidaten zu finden, die sowohl die gesuchten Hard als auch Soft Skills mitbringen, zitiert ManpowerGroup-Managerin Kiefer aus einer Umfrage ihres Unternehmens Anfang 2022. "Zu den fünf wichtigsten gesuchten Soft Skills, zählen kritische Analysefähigkeiten, Kreativität, logisches Denken, Zuverlässigkeit sowie Belastbarkeit. Bewerber, die diese Eigenschaften mit entsprechend ausgeprägten Hard Skills kombinieren können, heben sich von der Konkurrenz ab und erhöhen ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt - das gilt auch für IT-Freelancer", konstatiert Kiefer.

8. Den Kunden verstehen

Ein entscheidender Fehler, den viele IT-Freiberufler begehen: Anzunehmen, dass der vorübergehende Charakter ihrer Tätigkeit es nicht erforderlich macht, sich mit Geschäftsmodell, Teamumgebung oder Organisationsstruktur eines Kunden auseinanderzusetzen.

"Wenn ich negatives Feedback über einen Freiberufler höre, liegt die Ursache oft nicht in mangelnden technischen Fähigkeiten, sondern in einem mangelnden Verständnis darüber, welche Folgen dessen Entscheidungen für das Projekt, die Organisation und die Geschäftsinitiative haben werden", erzählt Kiefer. "Scheinbar kleine Dinge können weitreichende Auswirkungen haben, die den Wert und die Wahrnehmung eines Beraters beeinflussen können."

Expertenstimmen zum Thema "IT-Freiberufler"
Marco Thomas, Komm. Leiter Geschäftsfeld Freelance FERCHAU
„Wir erwarten für 2021 sowie in den Folgejahren eine deutliche Auslastungssteigerung im Bereich der Freelancer. Es lässt sich eine Tendenz hin zu größeren und langfristigeren Projekten erkennen, insbesondere bei Großkunden beziehungsweise Institutionen aus dem öffentlichen Sektor. Für viele Freelancer bieten dann Personaldienstleister den notwendigen Rahmen, um an solchen Projekten bei Großkunden teilzunehmen. Die Risikoaffinität der Kunden gegenüber Freiberuflern hemmt oft die direkte Beauftragung des Lieferanten durch den Kunden, zumal aus seiner Sicht Personaldienstleister eine bessere Lieferfähigkeit bieten.“
Alexander Raschke, Vorstand Etengo
„Vor dem Hintergrund einer immer flexibler werdenden Arbeitswelt ist die Zusammenarbeit mit IT-Freiberuflern für Unternehmen essenziell und erfolgskritisch zugleich. Wer Freiberufler nur dann einsetzt, wenn es keine interne Alternative gibt, hat eine längst überholte Vorstellung davon, wie Projektarbeit heute im Mixed-Teams-Ansatz funktioniert.“
Kai Becker, Director Public Services Hays
„Soloselbstständige waren während der Corona-Pandemie in aller Munde. Es wirkt fast so, als wäre durch die Krise der Zusammenhang zwischen Mensch und Technik noch deutlicher geworden. Unternehmen setzen klar auf den Einsatz von Freiberuflern – die Digitalisierung und damit die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland ist ohne sie nicht zu stemmen. Ich würde mir wünschen, dass wir als Branche die Sichtbarkeit von Freiberuflern und Ihren wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft weiter hochhalten. Das Momentum dürfen wir nicht verlieren!“
Marcel Abel, Geschäftsführer modis
„Freiberufler bieten für Unternehmen einen Mehrwert, indem sie spezielles Know-how mitbringen. Die Möglichkeit, Projekte fremd zu vergeben, unterstützt zudem das notwendige Maß an Flexibilität. Gleichzeitig wird das Risiko des vorschnellen Ressourcenaufbaus innerhalb des aktuell noch volatilen Umfelds vermindert. Somit haben Firmen mit Freelancern ein geeignetes Mittel zur Verfügung, um mit zusätzlichem Wissen eine angestrebte Skalierung vorzubereiten und vorerst möglichst risikoarm zu wachsen. Im Gegenzug ist es für IT-Freelancer empfehlenswert, zukunftsorientiert zu denken und sich möglichst auf die Wachstumsbranchen zu konzentrieren. Wir als Unternehmen wollen gemeinsam mit unseren Kunden und Freelancern als Geschäftspartner maßgeblich die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben.“
Ertan Demirel, Geschäftsführer GULP
„Die Zeit nach Corona werden einige Unternehmen nutzen, um eine digitale, aber auch kulturelle Bestandsaufnahme zu machen. Nie hat sich mehr gezeigt, wo es in einer Firma Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung gibt als in den vergangenen 18 Monaten. Das wird sich auch in der Nachfrage nach externen Digitalisierungsexperten bemerkbar machen. Gleichzeitig können sich viele Mitarbeiter nicht vorstellen, nach den Monaten im Homeoffice wieder fünf Tage die Woche zurück ins Büro zu kommen. Hybride Arbeitsformen und Desk-Sharing sorgen ebenfalls dafür, dass die IT-Abteilungen deutlich mehr personelle Ressourcen benötigen, beispielsweise bei der Beschaffung und Inbetriebnahme von Hardware oder für den IT-Support der Kollegen im Homeoffice.“

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.