Synthetische Realitäten

7 Digital-Trends für 2019

01.02.2019 von Christiane Pütter
Die Digital Design und Innovation Beratung Fjord, ein Tochterunternehmen von Accenture, blickt nach vorn und prognostiziert, wie wir künftig leben werden.
  • Der Fokus liegt nicht mehr auf Wachstum, sondern auf der Steigerung von Qualität.
  • Physische Realitäten und digitale Welten wachsen zusammen.
  • Kunden verlangen einen spürbaren Gegenwert für ihre Daten.
  • Die Circular Economy nimmt Fahrt auf, der Umgang mit Abfall wird zum KPI.

Auf der Suche nach "Wert und Wichtigem" sieht Fjord, der Digital Design und Innovation Beratung von Accenture, die Menschen künftig. Der Fokus liege nicht mehr auf Wachstum, sondern auf der Steigerung von Qualität, wobei Umweltschutz und Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Damit leitet die Agentur, die zum Unternehmensberater Accenture gehört, ihre Analyse der Trends für 2019 ein.

Mark Curtis ist Gründer der Agentur Fjord, die heute zu Accenture gehört. Er sieht 2019 durch sieben Trends geprägt.
Foto: Accenture

Diese kreist um sieben Themen:

1. Weniger und qualitativ hochwertigere Werbebotschaften

Die Nutzung von Social Media und vergleichbaren Medien hat für Unternehmen lang geheißen, Kunden möglichst oft zu kontaktieren. Laut Fjord ändert sich das 2019. Weil immer mehr Kunden ihr Recht nutzen, solche Botschaften abzublocken, denken Unternehmen um. Statt Quantität rückt Qualität in den Mittelpunkt. Das setzt voraus, dass Entscheider die Bedürfnisse der jeweiligen Kunden gut genug kennen. Fjord formuliert es plakativ: "Silence is gold"

2. Der Start der "Circular Economy"

Das geplante Verbot von Plastikstrohhalmen symbolisiert ein Umdenken im Design von Produkten. Konkret: Waren einzelne Verbraucher lange davon ausgegangen, "man könne ja doch nichts machen", reduzieren sie Ressourcen-Probleme nun auf handfeste Produkte. Unternehmen werden mehr Produkte anbieten, die sich beispielsweise wieder auffüllen oder umtauschen (statt wegwerfen) lassen.

Glaubt man Fjord, entwickelt sich der Umgang eines Unternehmens mit Müll und Abfällen künftig zu einem KPI (Key Performance Indicator). Die Agentur spricht dem Thema einen ebenso hohen Stellenwert zu wie den finanziellen Kennzahlen.

Roundtable über Künstliche Intelligenz (KI)
Diskussionsrunde über KI
Über Künstliche Intelligenz tauschen sich Anfang Juni auf Einladung der Computerwoche fünf Experten aus. Das Foto zeigt Thomas Uhlemann (Eset), Harald Gröger (IBM), Tom Ruban (Juniper Networks), Stefan Gössel (Reply), Moderator Heinrich Vaske (Computerwoche), Autorin Christiane Pütter (Computerwoche) und Tom Becker (Alteryx).
Tom Ruban, Juniper
Tom Ruban, VP Europe, Middle East and Africa bei Juniper Networks: „Oft geht es damit los, dass Entscheider auf einer Konferenz eine interessante Anwendung sehen und sich überlegen, wie das zu ihrem Unternehmen passt. Die Frage nach den Tools stellt sich erst später.“
Tom Becker, Alteryx
Tom Becker, General Manager Central&Eastern Europe bei Alteryx: „Die Fachabteilungen müssen mit Use Cases spielen können! Unternehmen brauchen einen gewissen Grad an Experimentierfreude. Zum Glück gibt es Labs. Innovationen sind ja nicht jeden Tag erfolgreich!“
Thomas Uhlemann, Eset
Thomas Uhlemann, Security Specialist bei Eset Deutschland: „Wer die Datenqualität nicht hochhält, produziert trotz der besten Datenmanagement-Tools ,Garbage in, Garbage out‘. Schon das spricht für die neue Datenschutzgrundverordnung.“
Harald Gröger, IBM
Harald Gröger, Executive Client Technical Specialist bei IBM: „Wenn die ethischen Fragen nicht geklärt sind, nimmt der Markt KI nicht an. Wir kennen alle die Frage vom selbstfahrenden Auto, das das Leben des Fahrers retten muss – oder das eines Kindes.“
Stefan Gössel, Reply
Stefan Gössel, Partner bei Reply: „Die Initiative zu KI-Projekten ergibt sich oft aus einem Wunsch oder einem Schmerz im Fachbereich. Trotzdem sehen wir auch Initiativen aus der IT, weil die sich als Enabler positionieren will. Aber das scheitert, wenn der Fachbereich nicht eingebunden wird.“

3. Verbraucher verlangen einen Gegenwert für die Bereitstellung ihrer Daten

Fjord sieht bezüglich der Nutzung persönlicher Daten einen Konflikt zwischen Unternehmen und ihren Kunden. Mit zunehmender Diskussion um Datenschutz fordern Kunden einen sichtbaren Gegenwert, wenn sie ihre Angaben bereitstellen. Die Agentur spricht von einem Wechsel: "Data Minimalism" statt "Data Maximalism". Unternehmen müssen Transparenz in puncto Datennutzung herstellen und für "algorithmic fairness" sorgen.

4. Neugestaltung von Mobilität und öffentlichem Nahverkehr

Neue "City-Daten" und neue Partnerschaften prägen Mobilität und Verkehr. Stichworte sind zentrale Planung und Echtzeit-Daten. IT-Tools sollen dazu beitragen, ein einziges kohärentes Eco-System zu schaffen, das den Bürgerinnen und Bürgern ein angenehmes Erlebnis bietet. Bezahlen sollen sie nach Verbrauch, wobei es auch möglich sein soll, eine "Flat Fee" zu bezahlen.

5. Das Paradoxon der Inklusion

Zu den typischen Begleiterscheinungen digitaler Kommunikation gehört, dass echte und scheinbare Minderheiten ihre Stimme erheben. Verbraucher beobachten kritisch, ob bestimmte Gruppen ausgegrenzt werden.

Unternehmen stellt das vor die paradoxe Situation, alle gleich und doch jeden individuell behandeln zu müssen. Klassische Marktforschung auf der Basis quantitativer Befragungen wird nicht mehr ausreichen, mahnt Fjord. Künstliche Intelligenz (KI) wird sie darin unterstützen, gleichzeitig Massenmärkte zu bedienen und Einzelne genauer kennenzulernen.

6. Physische und digitale Räume verschmelzen weiter

Mit der Digitalisierung verändern sich die Erwartungen an den physischen Raum ebenso wie an haptische Produkte. "Das Online-Verhalten prägt die Offline-Erfahrungen und umgekehrt", schreibt Fjord. Das bezieht sich auf die Arbeitswelt, auf die Konsumwelt und auf das Privatleben.

7. Synthetische Realitäten werden zur Gewohnheit

Photoshop nimmt die Entwicklung künftiger Tools vorweg: zunächst galt es als erschreckend, dann gewöhnten sich die Menschen daran, heute ist es akzeptiert. Fjord will darauf hinaus, dass "die echte Realität" und synthetisch hergestellte Sinneseindrücke immer stärker zusammenfließen. Authentizität ist ein Wert an sich. Gleichzeitig sind immer mehr Menschen bereit, künstlich erzeugte Wahrnehmung etwa in der Kunst, aber auch in der Medizin zu akzeptieren. Unternehmen müssen in ihre Forschung & Entwicklung investieren, um diesen Trend für ihre Produkte und Dienstleistungen zu nutzen.