Mitarbeiter in den Flow bringen

50 Mal so produktiv arbeiten

14.12.2013 von Bettina Dobe
Meetings nur noch in einer Tageshälfte, schnelles Feedback und Selbstbestimmung über Software: So einfach könnten Ihre Mitarbeiter effizienter arbeiten, behauptet Forrester-Analyst Dave Johnson.

Ständig bimmelt irgendein Gerät, ein Meeting jagt das nächste, und unzählige Emails wollen bearbeitet werden. Zum lästigen Grundrauschen kommt, dass gerade High Performer nicht mit den Geräten oder Anwendungen arbeiten, die sie eigentlich gern hätten, sagt Dave Johnson, Analyst des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Forrester. Das sorgt für Frust und wenig Produktivität. Ermöglicht ein Unternehmen seinen Mitarbeitern dagegen selbstbestimmtes Arbeiten, seien sie bis zu 50 Mal so produktiv wie gewöhnlich, meint der Analyst.

Motivation bis zum "Flow"

Jobfrust und demotivierte Mitarbeiter sind auf deutschen Bürofluren keine Seltenheit. Gerade auf höheren Ebenen müssen die Mitarbeiter besonders motiviert werden, um nicht die Firma zu wechseln. Gehalt und Dienstwagen sind zwar nett, aber: "Wenn die Komplexität der Arbeit zunimmt, funktionieren die gewöhnlichen Motivatoren wie mehr Gehalt nicht mehr", sagt Johnson. Vielmehr müssen sich die Mitarbeiter selbst motivieren.

Firmenwagen
An der Marke des Firmenwagens lässt sich das Einkommen ablesen
Der Dienstleister Compensation-Online Services hat in seiner Datenbank mit 250.000 Gehaltsdatensätzen 33.000 Arbeitsverhältnisse der letzten zwölf Monate analysiert, denen ein Firmenwagen zur privaten Nutzung überlassen wird. Die Untersuchung zeigt einen direkten Zusammenhang zwischen Höhe des Einkommens und bevorzugter Automarke auf.
Bei einem Einkommen von 54.000 Euro im Jahr ...
... fahren die Fach- oder Führungskräfte...
am häufigsten einen Opel,
... der mit einem Bruttolistenpreis von knapp 30.000 Euro zu Buche schlägt. Hier im Bild der Opel Insignia.
Wer gut 56.000 Euro im Jahr verdient, ...
.. .nimmt als Firmenwagen gern einen ...
Skoda ...
... zum Durchschnittswert von 28.800 Euro. Hier im Bild Scoda Oktavia.
Bei einem Jahreseinkommen von 62.600 Euro ...
... greift der Mitarbeiter oft zu einem ...
Ford, ...
der mit einem Bruttolistenpreis von knapp 31.000 Euro zu Buche schlägt. Hier im Bild der Ford S-Max.
Wer 64.500 Euro im Jahr verdient, ...
... bevorzugt als Firmenwagen einen...
VW.
Der durchschnittliche PKW-Preis liegt bei knapp 33.000 Euro. Hier im Bild der VW Passat
Bei einem Einkommen von knapp 73.000 Euro im Jahr ...
steht als Firmenwagen oft ein..
Mazda hoch im Kurs.
Der durchschnittliche PKW-Preis liegt bei knapp 30.000 Euro.
Verdienen Führungskräfte knapp 98.000 Euro, ...
bevorzugen Sie als Firmenwagen einen...
Audi.
Der durchschnittliche PKW-Preis liegt bei knapp 46.000 Euro. Hier im Bild die Produktion des Audi A6.
Manager mit einem Jahreseinkommen von knapp 102.000 Euro ...
... fahren gern einen ...
Volvo.
Der durchschnittliche PKW-Preis liegt bei knapp 42.000 Euro. Hier im Bild der Volvo XC90
Führungskräfte, die 104.000 Euro verdienen, ...
... bevorzugen als Firmenwagen einen ...
Mercedes ...
... zum Durchschnittspreis von 48.200 Euro. Hier im Bild die E-Klasse von Mercedes.
Verdienen Führungskräfte 108.000 Euro, ...
fahren sie gern ...
... einen BMW ...
... zum Durchschnittspreis von 48.000 Euro. Hier im Bild der X3 von BMW.
Spitzenverdiener ...
... mit einem Jahreseinkommen von 275.000 Euro leisten sich auch einen Firmenwagen zu einem Spitzenpreis.
von 98.000 Euro ...
Porsches sind aber unter den Firmenwagen nur selten vertreten ( 0,2 Prozent aller Firmenwagen).

Johnson setzt auf die intrinsische Motivation. Sie besteht aus drei Elementen: Autonomie, Können und ein tieferer Sinn. Mitarbeiter wollen mehr Eigenverantwortung, sie wollen ihre Fähigkeiten verbessern und zu etwas Größerem beitragen. "Wenn all das zusammen trifft, erfahren Mitarbeiter einen "Flow"", sagt Johnson. "Wenn man so hart an etwas arbeitet, dass die Zeit rasend schnell verfliegt, dann ist man im Flow." Je mehr ein Vorgesetzter dafür sorgt, dass seine Angestellten im Flow sind, desto mehr hat er von ihrer Kompetenz. "In hochkomplexen Arbeitsumgebungen, wie sie Wissensarbeiter oder Softwareingenieure erfahren, sind Mitarbeiter erheblich produktiver, wenn sie in einem Zustand des Flow sind", sagt Johnson.

Bedingungen für den Flow

Natürlich ist diese Zahl angreifbar - aber kaum ein Chef wird bestreiten, dass konzentrierte Mitarbeiter deutlich bessere Ergebnisse liefern als abgelenkte. Um seinen Mitarbeitern so einen Lauf zu ermöglichen, sind aber einige Bedingungen zu erfüllen, zählt Johnson auf:

Selbst wenn das alles erfüllt ist, lauern an jeder Ecke noch Störfaktoren: "Im Arbeitsalltag gibt es so viele Ablenkungsmöglichkeiten, vom Smartphone bis hin zum Messenger", sagt Johnson. Das macht einen Zustand des Flows geradezu unmöglich. Hinzu kommen regelmäßige Treffen mit Kollegen und Vorgesetzten, die einen immer wieder aus der Konzentration reißen: "Sind die Meetings über den ganzen Tag verteilt, gibt es keinen genügend großen Zeitabschnitt, um in den Flow zu kommen", sagt Johnson. Das beschädigt die Produktivität in der ganzen Firma.

Meetings nur noch vormittags

Gegen einige dieser Störfaktoren kann man aber vorgehen: Kürzlich sprach Johnson mit dem CEO einer Filmproduktionsfirma aus Stockholm mit 500 Mitarbeitern. Auch in diesem Unternehmen waren die Meetings über den ganzen Tag hinweg verteilt, was die Arbeit nicht produktiver machte. Die Lösung, die Johnson vorschlägt, ist bestechend einfach. "Die Firma gestattet Meetings nur noch in einer Tageshälfte, entweder vormittags oder nachmittags", erzählt Johnson. Nur so kommen die Mitarbeiter in den Genuss von einigen Stunden am Stück, wo sie halbwegs unterbrechungsfrei arbeiten können.

Meetings sind wie Eisberge
Meetings sind wie Eisberge
Auch wenn es um ein Sachthema (= Spitze des Eisbergs) geht, entscheidet die emotionale Kommunktion über Erfolg und Misserfolg einer Sitzung. Und letztere ist leider nicht sichtbar, ebenso wie der größte Teil des Eisbergs.
1. Lichten Sie Ihre Agenda ...
... sonst sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht. Beschränken Sie sich auf das Wesentliche und halten Sie sich an eine Struktur: Begrüßung und Vorstellung; Themenblock; Zusammenfassung; weiteres Vorgehen.
2. Bringen Sie alle an einen Tisch ...
... sonst fühlen sich einige übergangen. Bei schwierigen Themen bieten sich Vorgespräche an.
3. Videokonferenzen ...
... sparen Zeit und Geld. Sie eignen sich für Routine-Meetings. Bei Kick-offs oder Krisengesprächen ist der persönliche Kontakt dagegen ein Muss.
4. Der Zeitpunkt eines Meetings ...
... ist schon die halbe Miete. Wer ausschweifende Sitzungen vermeiden will, setzt sie vor der Mittagspause oder dann an, wenn der Berufsverkehr schon einsetzt.
5. Die Einladung ...
...ist die erste Möglichkeit mit den Teilnehmern in Kontakt zu treten. Dabei zeigen schon kleine Gesten grosse Wirkung: kann ein Parkplatz angeboten werden, gibt es gerade örtliche Besonderheiten bei der Anreise zu beachten.
6. Begrüßen Sie die Teilnehmer ...
... nicht erst im Sitzungsraum, sondern schon am Empfang.
7. Eine kleine Aufmerksamkeit aus der Teeküche ...
... erfreut besonders die weiter angereisten Teilnehmer der Besprechung.
8. Flipchart statt Powerpoint
Eine gemeinsam entwickelte Skizze am Flipchart fördert das offene Gesprächsklima und bringt oft mehr als eine vorgefertigte Präsentation, weil sich die Teilnehmer aktiv einbringen können.
9. Erfahrene Moderatoren ...
... fassen die Ergebnisse am Ende des Besprechungspunktes zusammen und haken noch einmal nach, ob es Einwände gibt.
10. Nach dem Meeting ist vor dem Meeting
Zu Ergebnissen kommen, ist die eine Sache. Die andere ist aber, die Ergebnisse auch umzusetzen beziehungsweise die Ziele zu verfolgen, und zwar möglichst zeitnah zur Besprechung.

Eine weitere Voraussetzung, um in den Flow zu kommen, ist das Feedback. Genauso wichtig schätzt Johnson es ein, dass Mitarbeiter auf ihre Arbeit sofort Rückmeldung bekommen. "Recherchedokumente müssen zeitnah beantwortet werden", gibt Johnson als Beispiel. "Sonst demotiviert das die Mitarbeiter sehr schnell." Wissen die Kollegen, dass ihre Arbeit gelesen wird, halten sie sie für sinnvoller - und erledigen sie besser und schneller.

Zahlreiche Mitarbeiter finden Meetings einfach nur langeweilig und haben sich mindestens mental daraus verabschiedet.
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Was die IT tun kann

Gerade CIOs können dafür sorgen, dass immer mehr Mitarbeiter produktiver arbeiten. Nicht mit komplizierten Programmen, sondern mit mehr Freiheit. Eine Bedingung für konzentriertes Arbeiten ist die Selbstbestimmung. Die Angestellten brauchen das Gefühl, dass sie eine gewisse Kontrolle über die Situation haben. "Hier kommt die mobile Arbeitsplatzstrategie ins Spiel", sagt Johnson. "Wer seinen Mitarbeitern die Zugangsrechte zu bestimmten Programmen verweigert oder ihnen nicht erlaubt, bestimmte Software auf den PC zu spielen, nimmt ihnen das Gefühl der Kontrolle. "Das ist extrem demotivierend und führt dazu, dass die Leute sich innerlich vom Projekt verabschieden."

Johnson liefert eine Zahl hinterher, die seine Schlüsse untermauert. In einer Forrester-Analyse wurden IT-Mitarbeiter gefragt, wie sie mit einem Gerät oder einer App, die sie selbst gewählt haben, arbeiten. Zwei Drittel gaben an, dass sie sich effizienter und produktiver fühlten. Immer noch knapp die Hälfte kann sebstgewählten Geräten besser auf die Wünsche der Kunden eingehen. Diese Ergebnisse bedeuten vor allem, dass Firmen ihren Angestellten vertrauten und ihnen die Kontrolle über ihre Arbeitsumgebung zurückgeben müssen. In deutschen Unternehmen herrscht oft noch die Angst, dass Kollegen mit zuviel Selbstbestimmung in Softwarefragen ein Unternehmen sofort in den Abgrund reißen. "Aber Mitarbeiter sehnen sich nach Freiheit und eigenen Entscheidungen", sagt Johnson. Ihnen stets vorzuschreiben, welche Umgebungen sie nicht nutzen dürfen, beschränkt sie.

Was passiert, wenn Angestellte frustriert sind, müssen einige CIOs erleben: Die Mitarbeiter benutzen kurzerhand ihre eigenen PCS und Tablets (BYOD). Dafür investieren sie laut Forrester- Analysen viel Geld. Aus der Sicht von Johnson bekommen Mitarbeiter, gerade die Karrierebewussten, oft nicht die Ausrüstung, die sie erwarten. Darum müssten Firmen den Angestellten die Geräte und Anwendungen zur Verfügung zu stellen, die sie wirklich brauchen. Sonst liefen sie Gefahr, ihre Top-Performer zu vergraulen.