Social Media

5 Stufen der Professionalisierung

02.09.2014 von Heike Simmet
Wie lässt sich ein Return on Social Media erzielen? Heike Simmet gliedert den Fortschritt in 5 Stufen - und sieht viele deutsche Betriebe noch ganz am Anfang.

Die strategische Bedeutung sozialer Medien gilt angesichts des zunehmenden Erfolges neuer digitaler Geschäftsmodelle mittlerweile als unbestritten. Zahlreiche empirische Studien belegen zudem den Beitrag von Social Media zur Steigerung des Geschäftswertes. Dennoch können viele Unternehmen bislang noch keinen messbaren Return on Social Media vorweisen (vgl. hsimmet.com).

Worauf ist die Diskrepanz zwischen dem wachsenden Stellenwert sozialer Netzwerke und dem tatsächlich realisierbaren Return on Social Media zurückzuführen? Die Antwort liegt auf der Hand: Es fehlt häufig noch die konsequente Einbindung in die eigenen Wertschöpfungsprozesse. Denn viele deutsche Unternehmen haben erst die ersten Stufen der Professionalisierung von Social Media erklommen. Mit jeder Stufe der realisierten Professionalisierung steigt der erzielbare Return on Investment an.

5 Stufen der Professionalisierung von Social Media

Es lassen sich fünf Stufen der Professionalisierung von Social Media unterscheiden:

Heike Simmet / Hochschule Bremerhaven
Foto: Heike Simmet / Hochschule Bremerhaven

(Weiterführend hierzu ebenso: ).

1. Einsatz von Social Media Monitoring Tools

Die erste Entwicklungsstufe der Professionalisierung von Social Media bildet das Beobachten. Die Aktivitäten und Äußerungen der Kunden auf den Social Media-Plattformen werden erfasst und analysiert. Hier zeigen sich bereits erhebliche Defizite. So werden noch viel zu selten Social Media Monitoring Tools systematisch eingesetzt.

Die Nutzung von Social Media Monitoring Tools ist aber Grundlage für die weitere Professionalisierung von Social Media- Aktivitäten. Denn nur wenn ein Unternehmen über das, was im Social Web passiert, auch informiert ist, kann es auf den sozialen Plattformen zielorientiert selber aktiv werden.

6 Tipps für die Social-Media-Daten-Analyse -
6 Tipps für die Social-Media-Daten-Analyse
Die Analysten von Accenture empfehlen, sich nicht in zu vielen Auswertungsvarianten zu verheddern. Sie schlagen ein Vorgehen anhand von sechs Punkten vor.
1. Bequemlichkeit für den Kunden:
Aus der Sicht des Kunden zu denken, ist für Accenture der Knackpunkt. Es geht dabei zum Beispiel um Fragen wie die Erreichbarkeit eines Geschäftes, um die Übersichtlichkeit der Warenpräsentation, um die Öffnungszeiten und anderes. Eben diese Aspekte müssen auf Social Media übertragen werden. Besuch des Webshops, Auswahl und Kauf der Produkte - diese und andere Prozesse müssen dem Kunden einfach und leicht fallen. Kunden vor der Shop-Eröffnung aktivieren Wer beispielsweise aus Facebook-Daten weiß, dass Anhänger eines bestimmten Geschäftes in der Stadt XY leben, kann diese Fans über die Eröffnung einer neuen Filiale an ihrem Wohnort informieren. Das gilt ebenso für gezielte Werbe-Aktionen in bestimmten Städten oder für bestimmte Marken.
2. Auswahl der Produkte:
Welche Produkte neu ins Sortiment aufgenommen und welche ausgelistet werden, gehört zu den Fragen, die durch simples Auszählen von Abverkäufen entschieden werden. Die Analyse von Social Media-Daten geht einen erheblichen Schritt weiter - sie kann als Trendforschung dienen. Wer beobachtet, was die eigenen Kunden im Netz anklicken oder worüber sie sich austauschen, erfährt viel über ihre Konsumwünsche.
3. Information/Expertise:
Trotz des Wegfalls der Tante-Emma-Läden und der Selbstverständlichkeit von Selbstbedienungsgeschäften wollen Kunden nach wie vor beraten werden und sich informieren. Wird das vernachlässigt, sinkt die Markenbindung. Daher sollte nicht nur das Verkaufspersonal gut ausgebildet sein. Auch im Netz müssen Verbraucher Informationen finden. Entscheider müssen sich bewusst sein, dass gerade das Netz eine wichtige neue Dimension darstellt: Kunden beraten sich gegenseitig und teilen sich unverblümt mit, wie sie ein bestimmtes Produkt oder das Einkaufen in einem bestimmten Geschäft finden.
4. Preisgestaltung:
Die Idee vom Einkauf und Abverkauf in großen Stückzahlen zwecks günstiger Preise bleibt unberührt. Ebenso die Praxis, vor Ostern mehr Lammfleisch und Hefezöpfe zu ordern. Punkten mit den Schuhen in Pink Das aber kann mittels Social Data weit stärker verfeinert werden als bisher. Dazu ein fiktives Beispiel: Eine bestimmte Kundengruppe verehrt eine Person des öffentlichen Lebens - und diese trug bei ihren letzten Auftritten ständig pinkfarbene Tennis-Schuhe. Wer mitdenkt, hat diese Schuhe rechtzeitig in größeren Mengen im Laden.
5. Kundenservice:
Durch Social Media findet Kundenservice nicht mehr nur im Geschäft oder am Kundentelefon statt, sondern auch im Netz. Kunden geben sich gegenseitig Tipps oder helfen sich weiter. Unternehmen können Verbraucher auch auffordern, Verbesserungsvorschläge einzureichen.
6. Zielgruppen-Ansprache:
Glaubt man Accenture, untersuchen zu viele Händler die in Social Media hinterlegten Profile ihrer Kunden nicht genau genug. Konkretes Beispiel: Jemand bezeichnet sich als Fan einer bestimmten Sportart. Für die Analysten kein Grund, ihm entsprechende Kleidung und Schuhe anzubieten. Möglicherweise sieht sich derjenige diesen Sport nur gern im Fernsehen an - praktiziert aber einen ganz anderen.

2. Erstellen von Social Media Präsenzen

Auf einer weiteren Entwicklungsstufe steht die Erstellung von Präsenzen auf den sozialen Plattformen, vor allem für allgemeine Aufgaben in Public Relations, für die Steigerung des Bekanntheitsgrades und für die Werbung sowie für Personal-Recruiting und Employer Branding. In der Regel wird eine Facebook-Fanpage erstellt, ein Twitter-Account eröffnet und ein YouTube-Kanal bespielt.

Die Grundprinzipien der klassischen Kommunikation werden dabei häufig einfach in die Social Media übertragen. Die generierten "Fans" oder "Follower" sind passiv, sie werden lediglich durch Gewinnspiele angelockt oder stellen sogar gekaufte Fakes dar.

Ein echter Return on Social Media kann durch dieses einseitige Agieren nur marginal erreicht werden, denn dem Grundgedanken sozialer Medien wird nicht entsprochen. Erforderlich ist vielmehr ein echter Interaktionsansatz anstelle der Übertragung von herkömmlicher One-Way-Kommunikation auf die sozialen Plattformen.

3. Aufbau einer eigenen Community

Eine nächste Entwicklungsstufe zur Professionalisierung von Social Media stellt der Aufbau einer sich selbst tragenden Community im Social Web dar. Wenn es gelingt, aktive Fans und die sogenannten Super User auf einer eigenen Community für sich zu begeistern und als Influencer einzubinden, lassen sich weiterführende Potenziale eines Return on Social Media erschließen.

Denn speziell diejenigen User, die sich am Dialog mit einem Unternehmen aktiv beteiligen und die sich für ein Unternehmen engagieren sind die wertvollen Verstärker der eigenen Kommunikation. Sie tragen als überzeugte Kunden und Markenbotschafter zudem am meisten zum Umsatz bei. Erforderlich hierfür ist ein aktives Interagieren mit den Kunden in den Social Media.

4. Integration von Social Media in Geschäftsprozesse

Ein noch höherer Return on Social Media lässt sich durch die konsequente Einbindung von Social Media in Geschäftsprozesse erreichen. Diese Integration des Kunden via Social Media setzt bei der Forschung und Entwicklung an.

So lässt sich die "Weisheit der Masse" in der konkreten Produktentwicklung durch Crowdsourcing und Open Innovation nutzen. Kunden werden auf diese Weise zu kostenlosen Entwicklern, Mitgestaltern und Testern von neuen Produkten. Durch Service-Communities lassen sich wiederum deutliche Kostenreduzierungen durch Reduzierung des Anrufvolumens im Call Center erzielen.

5. Transformation in ein sozial integriertes Unternehmen

Die letzte und noch weitgehend visionäre Stufe der Professionalisierung von Social Media bindet nicht nur die Kunden sondern auch die Mitarbeiter in den Dialog ein. Ein Transformieren in ein sozial integriertes Unternehmen löst klassische Unternehmensgrenzen auf. Kunden und Mitarbeiter werden zum neuen Mittelpunkt des digital-vernetzten Unternehmens in Form eines Social Enterprises.

Die Bewältigung dieser letzten Stufe der Social Media-Entwicklung bedeutet für Unternehmen, dass sich die Kommunikation nicht nur nach außen, sondern auch nach innen ändern muss. Denn nur dann, wenn Social Media mit Hilfe von sozialer Software intern durch einen offenen Austausch von den Mitarbeitern gelebt wird, kann ein Dialog nach außen authentisch vermittelt werden.

Stand der Entwicklung

Erst wenige Unternehmen in Deutschland haben bereits einen echten Lernprozess in ihren Social Media-Aktivitäten durchlaufen. Viele mittelständische Unternehmen im B2B sind erst Beobachter von Social Media. Andere Unternehmen sind Newcomer durch Listening mit Monitoring Tools und durch die Erstellung von ersten Social Media-Präsenzen.

Der Aufbau einer eigenen Community und die Integration von Social Media in Geschäftsprozesse werden hingegen erst von einer Minderheit bereits professionell praktiziert. Die Vision eines sozial integrierten Unternehmens ist überwiegend noch sehr fern. Viele Unternehmen können daher die immensen Potenziale der Monetarisierung von Social Media zurzeit noch nicht nutzen - siehe hsimmet.com.

Foto: Rawpixel - Fotolia.com

Kurzfristige Erfolge sind durch Social Media in der Regel nicht zu erwarten. Vor allem Entscheidungsträger in Unternehmen und Organisationen, die sich erst auf den ersten Stufen der Professionalisierung von Social Media befinden, unterschätzen die erforderliche Zeitdauer für den Return on Social Media. Dabei sind Social Media als ein strategisches Investment zu begreifen, dessen Wirkung auf den Geschäftserfolg erst zeitverzögert in vollem Ausmaß sichtbar wird.

Messbare Erfolge können daher jetzt vor allem die Innovatoren und Frühadopter erzielen. Denn der Return on Social Media kommt für Unternehmen, die in ihrer Professionalisierung schon weiter fortgeschritten sind, nun voll zum Tragen. Die Nachzügler werden hingegen die Folgen des Return on Ignorance immer deutlicher spüren. Es zählt also mittlerweile auch das Tempo in der Professionalisierung von Social Media zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von CFOworld.de. (mhr)