Trends von Accenture

5 Rezepte gegen den digitalen Kulturschock

07.03.2016 von Christoph Lixenfeld
Wie sollten Unternehmen agieren, um in Zeiten einer rasanten Digitalisierung erfolgreich zu sein? Auf jeden Fall muss mit den beteiligten Menschen richtig umgegangen werden.
  • Neue Technologien helfen, Mitarbeiter und Kunden vernetzen. GE macht es mit der Plattform FastWorks vor
  • Expertenwissen verliert an Bedeutung
  • Dagegen schätzen Unternehmen die Fähigkeiten, "sehr schnell zu lernen" und die "sich auch sehr kurzfristig neuen Situationen anzupassen"

In den kommenden Jahren werden diejenigen Unternehmen als Gewinner dastehen, die den Menschen in den Mittelpunkt aller strategischen Überlegungen stellen.

So lautet die wichtigste Erkenntnis der "Technology Vision 2016", einer jährlich durchgeführten Trendanalyse aus dem Hause Accenture.

People First bedeutet unter anderem, Menschen intelligent miteinander zu vernetzen.
Foto: eyetronic - Fotolia.com

Die Analysten schreiben: "Das Innovationstempo in der IT ist höher als jemals zuvor, entsprechend dramatisch verändert sich das Verhältnis zu Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden. Nur Unternehmen, die alle Beteiligten mit zusätzlichen Kompetenzen ausstatten und sich auf ihre veränderten Ansprüche einstellen, können in Zukunft bestehen."

Unterhalb des verbindenden "People First"-Ansatzes beschreibt Accenture in seiner Vision fünf technologische Trends, die die Analysten für entscheidend halten, um in der digitalisieren Welt erfolgreich zu sein.

Keine Angst vor dem digitalen Kulturschock

Ermittelt wurden diese Trends auf Basis der Befragung von mehr als 3100 Business- und IT-Entscheidern aus 11 Ländern, die 12 Branchen repräsentierten und aus Unternehmen stammten, die mindestens 500 Millionen Dollar pro Jahr umsetzen. Ergänzend dazu führte Accenture über 100 Experteninterviews.

Wie man das Team in die Digitalisierung mitnimmt
Achillesferse der Digitalisierung
In dem Papier "Being digital: Embrace the future of work and your people will embrace it with you" bezeichnet Accenture die Belegschaft eines Unternehmens als "Achillesferse" der Digitalisierung. Das Papier basiert auf Angaben von rund 700 Entscheidern weltweit sowie circa 2.500 Angestellten.
Befürchtungen der Mitarbeiter
Eine Mehrheit von 70 Prozent der Angestellten befürchtet den Verlust von Teamgeist, wenn die Kollegen per Fernzugriff arbeiten und nicht mehr ins Büro kommen. Etwa jeder Achte (zwölf Prozent) erwartet, seine Job-Aussichten werde sich durch die Digitalisierung negativ entwickeln.
Vorteile der Digitalisierung
Gleichzeitig erwarten die Angestellten aber auch Vorteile in den Punkten Innovationsfähigkeit ihres Unternehmens (71 Prozent), Agilität (69 Prozent) und Produktivität (68 Prozent). Insbesondere jüngere Befragte mit überdurchschnittlich hoher Qualifikation sehen die Vorteile der Digitalisierung – "wenig überraschend", wie Accenture schreibt.
Katalog digitaler Skills
Accenture rät Entscheidern, einen Katalog mit den benötigten digital Skills samt dem jeweiligen Kompetenzniveau zu erstellen.
Keine Nebensache
Entscheider dürfen das Thema Mitarbeiter nicht als Nebenschauplatz behandeln, so der Appell von Accenture. Sie brauchen eine "Test and learn"-Mentalität.

Ein Ergebnis dieser Befragungen ist die Beobachtung eines "digitalen Kulturschocks": Unternehmen tun sich schwer damit, den richtigen Umgang mit den vielen parallelen Veränderungen umzugehen, die die Digitalisierung mit sich bringt.

Die von Accenture Befragten verteilen sich ziemlich gleichmäßig auf unterschiedliche Branchen.
Foto: Accenture

Ein Weg, diesen Schock erfolgreich zu verarbeiten, ist laut Accenture der richtige Umgang mit den beteiligten Menschen. Als ein Positivbeispiel nennt das Unternehmen GE. Der US-Elektrokonzern hat mit FastWorks eine Plattform geschaffen, die die Kommunikation und den Austausch zwischen Mitarbeitern und Kunden deutlich verbessert hat.

Kein Stein bleibt auf dem anderen

Insgesamt werden folgende fünf Trends nach Ansicht von Accenture die kommenden Jahre bestimmen und über das Wohl und Wehe von Unternehmen entscheiden:

1. Intelligent Automation

Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge verändern Geschäftsmodelle grundsätzlich und ermöglichen neue Formen der Produktivität. Offensichtlich sind sich immer mehr Entscheider in Unternehmen der Bedeutung dieses Bereichs bewusst: Im Rahmen der Befragung im Zusammenhang mit den "Technologischen Visionen" gaben 70 Prozent der Entscheider an, an dieser Stelle investieren zu wollen, zwei Jahre vorher waren es nur halb so viele. 55 Prozent sagten, sie wollten in Machine Learning und verwandte Themen investieren.

2. Liquid Workforce

Erfolgreiche Unternehmen, sagt Accenture, werden solche sein, die flexible Plattformen schaffen, mit denen sich digitaler Wandel abbilden lässt. Gemeint sind vor allem Technologien, die die Vernetzung von Mitarbeitern und Kunden unterstützen. Hochspezialisiertes Expertenwissen scheint dagegen an Bedeutung zu verlieren: Bei Antworten auf die Frage nach den meistgesuchten Qualitäten von Mitarbeitern rangierte dieser Punkt lediglich auf Rang fünf. Die "Fähigkeit, sehr schnell zu lernen" und die "sich auch sehr kurzfristig neuen Situationen anzupassen" wurden von den befragten Unternehmen dagegen deutlich höher eingeschätzt.

Unter den Antwortenden sind Tech-Entscheider deutlich in der Mehrheit.
Foto: Accenture

3. Plaform Economy

Mehr und mehr Unternehmensentscheider wollen die Segnungen der Digitalisierung dadurch nutzen, dass sie plattformbasierte Geschäftsmodelle aufsetzen. Solche Geschäftsmodelle markierten den fundamentalsten Wandel in der Makroökonomie seit der (ersten) industriellen Revolution, findet Accenture.

Und das Gros der Entscheider in den befragten Unternehmen scheint diese Auffassung zu teilen: 81 Prozent antworteten auf die betreffende Frage, dass die Entwicklung solcher Geschäftsmodelle innerhalb der nächsten drei Jahre ein zentraler Teil ihrer Wachstumsstrategie sein wird.

Digitalisierungsindex von Accenture
Der Index im Überblick
Gegenüber 2013 haben die deutschen Unternehmen vor allem die digitalen Prozesse vorangetrieben. Die Berater bekritteln übrigens das Defizit an digitaler Strategie. Allerdings ist gerade hier der höchste Reifegrad festzustellen.
IT voran
Der Digitalisierungsindex im Branchenvergleich. Energieversorger und Pharmaindustrie haben im vergangenen Jahr in besonderem Maße Fortschritte gemacht.
Intern vor extern
Priorität in den Firmen hat nach wie vor die Digitalisierung interner Prozesse.
Veränderter Fokus
Das Augenmerk lag bei der Digitalisierung früher auf der Verwaltung. Künftig sind Vertrieb, Marketing und Kundenservice stärker im Blickpunkt.
Die höchsten Hürden
Fehlende Agilität wird am häufigsten als Hindernis bei der Digitalisierung genannt. Accenture sieht alles in allem vor allem das Topmanagement in der Pflicht, die Hürden aus dem Weg zu schaffen.

4. Predictable Disruption

Was wörtlich ausreichend kryptisch "vorhersehbare Zerreißung" bedeutet, meint bezogen auf den Unternehmensalltag, dass erstens die Digitalisierung nichts so lässt, wie es war und dass es zweitens möglich ist, sich auf diese Veränderungen einzustellen.

Accenture schreibt dazu: "Weitsichtige Manager können Teile der Umwälzungen durchaus vorhersehen und aus den Schlussfolgerungen Wettbewerbsvorteile ziehen." 81 Prozent der Befragten gaben an, sich intensiv mit solchen Zukunftsprognosen zu beschäftigen.

5. Digital Trust

Vertrauen ist DIE Säule jedes digitalen Business´, sagt Accenture, und dieser Meinung waren auch 83 Prozent der im Rahmen der befragten Manager. Um sich solches Vertrauen zu verdienen und zu erhalten, sollten Unternehmen ethischen Kriterien beim Umgang mit Daten große Aufmerksamkeit schenken, eine ausschließlich technisch basierte Sicherheitsstrategie genüge dagegen nicht.

Trends verändern sich nicht über Nacht

Accenture versucht bereits seit 16 Jahren, den neuesten Tech Trends durch strukturierte Interviews auf den Grund zu gehen. Im vergangenen Jahr stand dabei "The Internet of Me" mit Mittelpunkt, also die Tatsache, dass sich im Netz so ziemlich jedes Erlebnis individualisieren lässt.

Bezüglich der Größenklassen der an der Befragung teilnehmenden Unternehmen dominieren Großkonzerne.
Foto: Accenture

2014 überschrieben die Analysten den wichtigsten Trend mit der Headline: "Data Supply Chain: Putting Information into Circulation". Gemeint war die Befähigung, Daten an den unterschiedlichsten Stellen eines Unternehmens anwendungsübergreifend und sozusagen barrierefrei nutzen zu können.

Mit Abstand betrachtet, haben sich die festgestellten Trends zumindest der letzten drei Ausgaben des "Tech Trends" nicht fundamental geändert. Es geht im Kern - etwas vereinfacht gesagt - um Daten und um die Frage, wie sich diese am effizientesten nutzen lassen.