Industrie 4.0

12 Thesen zur Rolle der IT in der Logistik

18.12.2014 von Christiane Pütter
Informationslogistik als eigene Disziplin - das fordert die Bundesvereinigung Logistik. Ihre These: Industrie 4.0 schreibt Logistik in der IT eine Führungsrolle zu.

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) mit Sitz in Bremen will Informationslogistik als eigenständige Disziplin etablieren. These der BVL: Logistik und IT nehmen eine neue Führungsrolle in Deutschland ein. Das erklärt die Vereinigung in dem Papier "Logistik und IT als Innovationstreiber für den Wirtschaftsstandort Deutschland".

Logistik umschreibe heute nicht mehr das reine Lagern, Umschlagen und Transportieren. Sondern Logistik werde immer wichtiger, Treiber sind Themen wie Demografischer Wandel, aber auch Klimawandel, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz. Sei es bei der Globalisierung der Warenflüsse oder dem Erhalt der Mobilität.

Logisik und IT in neuer Führungsrolle -
Warum IT und Logistik zusammengehören
Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) plädiert für einen engen Schulterschluss von Logistik und IT. Dabei gilt folgende Definition: "Logistik ist die ganzheitliche Planung, Steuerung, Koordination, Durchführung und Kontrolle aller unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Informations- und Güterflüsse." Die BVL formuliert zwölf Thesen, die Sie auf den folgenden Seiten finden.
These 1: Logistik und IT zusammendenken
"Die Verbindung zwischen Informationstechnologie und Logistik birgt das größte Potenzial für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland", schreibt die BVL. Daher müssten Logistikwirtschaft und -wissenschaft eine taktgebende Führungsrolle in der Informatik und bei der Entwicklung von Informationstechnologien übernehmen.
These 2: Informationslogistik als eigene Disziplin
Nur Länder mit eigener Technologieentwicklung werden einen signifikanten Wettbewerbsvorsprung halten können, so die BVL. Die Informationslogistik müsse als eigenständiges Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsumfeld begriffen werden mit dem Ziel, Software zu produzieren wie Autos. Die Vereinigung fordert in Deutschland hundert neue Logistiklehrstühle und "viele davon mit IT-Bezug".
These 3: Megatrends und Innovationen
"Die deutsche IT-Forschung und Innovation muss bewusst beschleunigt werden, indem die Standortvorteile genutzt und gestärkt werden", schreibt die BVL. Konkret: Die vertikale Integration von Logistik und IT soll vorangetrieben werden. Dabei kommt der Informationslogistik als Bindeglied zwischen IT und Produktion eine Schlüsselrolle sowohl beim Management als auch beim Design der Systeme zu.
These 4: E-Commerce und M-Commerce
"Erfolgreiche Zustellsysteme im E-Commerce und M-Commerce basieren auf einer umfassenden Logistik- und IT-Kompetenz", erklären die Logistiker. Ihre Prognose: Unternehmen, die nicht auf die Verbindung von IT und Logistik fokussieren, werden mittelfristig aus dem Wettbewerb ausscheiden.
These 5: Komplexität
Die BVL gibt zu bedenken, dass Komplexität und Dynamik in der Logistik überproportional wachsen. "Die größte strategische Chance besteht aus deutscher Sicht in einer schnellen innovativen Entwicklung branchenspezifischer IT-Werkzeuge in der Logistik", heißt es.
These 6: Transparenz
"Transparenz und Rückverfolgbarkeit sind die Grundlage des logistischen Managements und Garanten für die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Supply Chains", sagt die BVL. Dies gelinge nur mit der Entwicklung und konsequenten Einführung neuer Informationstechnologien.
These 7: Collaboration
"Logistik ist ein internationales Geschäft", stellt die BVL fest. IT-Lösungen, die eine IT-gestützte, unternehmensübergreifende Zusammenarbeit im Sinne von Collaboration und einen schnellen, automatisierten Datenaustausch ermöglichen, seien ein wesentliches Differenzierungsmerkmal der Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Bestehende Lösungen und Forschungsvorhaben hierzu müssten von Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik unterstützt werden.
These 8: Normung und Standards
"Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Informationslogistik führt zunehmend zu De-facto-Standards", beobachtet die BVL. Die notwendige Geschwindigkeit und Tiefe der Standardisierung und Normung zu gewährleisten, sei eine internationale Aufgabe, die auch auf nationaler Ebene unterstützt und aktiv gefördert werden müsse. Die Logistiker sprechen sich für internationale Standards aus.
These 9: Digitale Infrastruktur
Laut BVL vertausendfacht sich die Datenmenge in der Logistik alle zehn Jahre. Investitionen des Bundes in breitbandige und mobile Datennetze müssen zur Wettbewerbssicherung des Standortes und zur Sicherstellung eines schnellen und sicheren Datenaustausches erhöht werden, fordert die Vereinigung.
These 10: Sicherheit und Compliance
"Rechtssicherheit auf Basis klarer, transparenter Regeln und länderübergreifende Lösungen und Vereinbarungen sind für die Logistik essenziell", schreibt die BVL. Die Logistiker wollen eine sichere „German Cloud“ schaffen.
These 11: Industrie 4.0
"Die 4. Industrielle Revolution und konkret die Soft- und Hardware- Entwicklungen sowie die korrespondierende Algorithmik und deren Anwendung in der Logistik müssen von den Entscheidungsträgern in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft vorangetrieben werden", fordert die BVL.
These 12: Mensch und IT
Nach den Zahlen der BVL beschäftigt die Logistik in Deutschland über 2,8 Millionen Menschen. Sie ist auch in Zeiten einer Industrie 4.0 auf menschliche Flexibilität, Kreativität und Schaffenskraft angewiesen. "Es gilt, insbesondere Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologien in den Dienst einer „Social Logistics“ zu stellen, die die Vernetzung des Menschen in den „Social Networks“ einer Industrie 4.0 propagiert und ihn zugleich als soziales Individuum adressiert", erklären die Logistiker.

Informatik gilt als wichtigste Disziplin bei der praktischen Umsetzung von Logistik und Lieferketten-Management. Die BVL will daher Informatik vom Standpunkt der Logistik aus betrachten.

"Diese Verbindung, mehr noch die Wechselwirkung zwischen Logistik und IT, geht weit über die reine Optimierungsfunktion logistischer Einzelprozesse durch Softwareeinsatz hinaus", schreibt die BVL in dem Papier. "Die Verbindung von Logistik und IT wird zum entscheidenden Faktor für die Spitzenposition des Wirtschaftsstandortes Deutschland."

Derzeit gibt es in Deutschland fast 1000 universitäre Informatik-Professuren, wie die BVL ausgerechnet hat. Ihnen stünden nur rund 60 Professuren mit Logistik-Bezug gegenüber. Die wenigsten von ihnen seien fachlich geeignet, um informationstechnologische Fragen zu erörtern. Daher will die Vereinigung Logistik und IT "bewusst Zusammendenken".

Positionspapier Logistik und IT

In ihrem Positionspapier "Logistik und IT als Innovationstreiber für den Wirtschaftsstandort Deutschland" stellt der BVL 12 Thesen zur Führungsrolle der Logistik in der Informationstechnologie auf.