Sputnik, ThinkPad, iTunes, Cloud

12 Techniken, die alles veränderten

26.04.2011
Neue Technologien kommen ständig auf, doch nur wenige überdauern die Zeit und halten dauerhaft Einzug in den Alltag. Hier kommen zwölf dieser "Game-Changer".

Natürlich hat Gottlieb Daimler im Jahr 1885 als erster den Prototyp eines benzinbetriebenen Fahrzeugs entworfen. Der wirkliche Durchbruch auf dem Automobilsektor aber gelang erst 27 Jahre später, als Henry Ford mit seinem T-Modell Autos erstmals so preisgünstig herstellen ließ, dass jedermann sie sich leisten konnte.

Was die IT angeht, sind die folgenden zwölf Technologien die wahren Gewinner und Grundlage für das, was nach ihnen kam:

Game-Changer
Zenith Flash-Matic TV Remote (1955)
Die erste kabellose TV-Fernbedienung, die einen sichtbaren Lichtstrahl in Richtung Fernseher aussendete, der mit einem lichtsensitiven Sensor ausgerüstet war, kam 1955 auf den Markt. Ein Jahr später wurde Zeniths Flash-Matic von der "Space Command" abgelöst, die erstmals mit Ultraschall arbeitete - bis zur Einführung von Infrarot-Fernbedienungen in den Achtziger Jahren Standard. <br /> Vorher musste direkt am Gerät umgeschaltet werden (es gab glücklicherweise kaum Kanäle zur Auswahl) - erst 1949 gab es kabelgebudene Fernbedienungen, mit denen man seinen Sessel nicht mehr verlassen musste. Aber erst die Flash-Matic machte das kabellose Umschalten salonfähig. Natürlich ist das alles kein Vergleich zu heute, wo schon eine iPhone App zur TV-Bedienung - auch von unterwegs - ausreicht.
Sputnik (1957)
Wie jedes erfolgreiche Projekt, hat auch das Internet viele Väter. Sputnik aber war definitiv der erste. Am 4. Oktober 1957 schossen die Russen ihren Satelliten ins All und starteten damit den technologischen Teil des Kalten Krieges. Das amerikanische Militär rief - leicht gereizt - die "Defense Advanced Research Projects Agency" (DARPA bzw, ARPA) ins Leben, die begann, verschiedene Computersysteme miteinander zu vernetzen (Arpanet). Diese Infrastruktur bildete schließlich die Basis des Internets.
Atari Pong (1972)
In den Siebzigern hätte wohl niemand vorausgesagt, dass aus dem schlichten Atari-Spiel "Pong", bei dem ein kleiner pixeliger Ball zwischen zwei dünnen Strichen hin und her bewegt werden musste, der Grundstein für eine milliardenschwere Industrie legen würde. Der Markt für Computer-, Video- und Konsolenspiele war einige der ganz wenigen, die auch während der Wirtschaftskrise ungebremst weiterwuchsen. Selbst Pong lebt noch und sorgt für aktuelle Innovationen: Studenten aus London haben erst vergangenen Frühling eine Variante entwickelt, bei dem die Schläger dank Webcam nur mit den Augen gesteuert werden.
IBM-PC 5150 (1981)
Bevor IBM der Welt im August 1981 den "Personal Computer" schenkte, gab es bereits rund ein Dutzend miteinander inkompatible Heimrechner, die jeder eigene Software und Peripherie benötigten. Nach dem IBM-Release waren es schnell nur noch drei: der IBM-PC, die vielen Nachahmer des Big-Blue-Designs und Apple, das den Heimcomputer mit seinem Apple-II-Rechner aus der Spielecke holte. Dank des IBM-Labels und Software wie Lotus und Wordstar wurde der PC schließlich zu einem Unternehmenswerkzeug. Die offene Architektur ermöglichte es Softwareanbietern, Chipset und Betriebssystem zu standardisieren. Die Kosten sanken, der PC wurde allgegegenwärtig und veränderte das Arbeitsleben grundlegend.
Motorola DynaTAC 8000X (1983)
Mehr als 30 Zentimeter lang, über zwei Pfund schwer, nur 4000 Dollar teuer: das DynaTAC 8000X von Motorola, das erste frei verkäufliche "mobile" Telefon der Welt. Der "Schuhkarton für Ferngespräche" wurde 1983 durch die amerikanische FCC zertifiziert und 1987 durch den Film "Wall Street" und Michael Douglas berühmt. Formfaktoren und Design bei Handys wurden erst 1996 wichtig, als Motorola das StarTAC veröffentlichte - als Statussymbol taugte das Handy dann erst 2004, als das Razr - ebenfalls von Motorola - auf den Markt kam. Doch sie alles wären nichts ohne ihre ältere Schwester.
IBM ThinkPad 700C (1992)
Obwohl die ersten tragbaren Computer bereits Anfang der 1980er erschienen (der Zwölf-Kilo-Koloss Osborne 1 kam 1981 auf den Markt), dauerte es bis zum Start der ThinkPad-Reihe 1992, bis diese hoffähig wurden. Manager schworen alsbald auf ihre coolen Begleiter mit dem kleinen roten Trackpoint mitten auf der Tastatur - ihr Berufsstand sollte nie mehr der gleiche sein wie vorher.
Breitband (1995)
Natürlich sind die Angebote die Wegbereiter des WWW: Amazon, Google, YouTube. Bis zum Start der Breitbandzugänge ware ihr Einfluss mangels kostengünstiger und schneller Leitungen jedoch wenig spürbar. Erst als im Jahr 1999 die Digital Subscriber Line, kurz DSL, zum Standard wurde, begann der ungebrochene Siegeszug. Mittlerweile scharrt die nächste Generation des schnellen Internets ungeduldig mit den Hufen: Glasfaser und 4G.
Slammer Worm (2003)
Es ist schwierig, nur einen einzigen Übeltäter für das Aufkommen von Malware zu benennen. Der Slammer/Sapphire Worm ist aber trotzdem ein exzellenter Kandidat, schließlich ist er der schnellste Schädling, der jemals die Rechner dieser Welt befiel. Im Januar 2003 legte er vom Rechenzentrum über den Bankautomaten bis hin zur Notrufzentrale alles lahm, was rechnerbasiert arbeitete und verursachte in nur zehn Minuten einen Schaden von über einer Milliarde US-Dollar. Slammer war aber nur der Vorbote: In den folgenden Jahren stieg die Beliebtheit der Wurmattacke als cyberkriminelle Waffe spürbar an - und damit Zahl und Wucht der Malware-Angriffe. 2005 lag die jährliche "Geburtenrate" bei 350 neuen Schädlingen, aktuell liegt sie bereits bei 20 Millionen - das sind 50.000 am Tag.
Apple iTunes (2003)
Natürlich sind iPod, iPhone und iPad total angesagt. Aber ohne den iTunes-Store wären sie nichts - zumindest nicht zum Abspielen legaler digitaler Musik oder Videos geeignet, geschweige denn als App-Plattform anerkannt. Das iPad gäbe es ohne iTunes vermutlich gar nicht. 10 Milliarden Songs, 3 Milliarden Apps und 375 Millionen TV-Sendungen sind seit April 2003 aus dem iTunes-Store gegen Geld heruntergeladen worden. Wirtschaftlich gesehen war es ein Geniestreich von Apple, auch im mobilen Bereich an seinem geschlossenen Ökosystem festzuhalten. Nachahmer gab und gibt es viele, aber niemand von ihnen hat etwas erreicht.
Wordpress (2004)
Weblogs haben die Spielregeln im Medienzirkus auf den Kopf gestellt. Zu jedem Fachgebiet gibt es heute mindestens einen fleißigen Schreiber, der seine Gedanken und Erfahrungen öffentlich ins Netz und zur Diskussion stellt. Die web-basierte Blogsoftware Wordpress hat maßgeblich dazu beigetragen, dass selbst Lieschen Müller ohne technische Vorerfahrungen online gehen und ein eigenes Blog aufsetzen kann.
Kapazitive Touchscreens (2006)
Warum war das iPhone so anders? Nicht nur das Design und der Formfaktor überzeugte, sondern vor allem der Touchscreen, der sich intuitiv bedienen ließ. Er machte Schluss mit der ewigen Fingerakrobatik und den Handgelenksübungen unter dem Tisch. Kapazitive, berührungsempfindliche Bildschirme wurden 1999 von Dr. Andrew Hsu vom Unternehmen Synaptics patentiert. 2006 fanden sie erstmals im Mobilfunk Verwendung: im LG Prada. Durch das iPhone wurden sie schließlich mehrheitsfähig - heute sind sie, auch dank der weiterentwickelten Multi-Touch-Screens, bei Handys quasi schon Standard. Und es kann nicht mehr lange dauern, bis sie Maus und Tastatur vollständig ablösen.
Cloud Computing (2010)
Heiße Luft? Vielleicht. Das überall und immer zugängliche Internet steht am Anfang seiner Zeit. Die Cloud macht das Web langsam zum Alltagswerkzeug, zum Lebensstandard. Einschlägige Unternehmen vergleichen Cloud Computing bereits mit der Wasser- und Stromversorgung. Und noch etwas: Das Internet begann vor über 50 Jahren mit einem Satelliten, der ins All geschossen wurde. Seine Zukunft liegt nun etliche Atmosphären tiefer in der Wolke. Ironie des Schicksals?

Dieser Artikel stammt von Dan Tynan, Autor unserer US-Schwesterpublikation PCWorld, und wurde aus dem Englischen übersetzt. (sh)