1&1 benennt sich in United Internet um

12.01.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die 1&1 AG & Co. KGaA will sich in die United Internet AG umwandeln. Das Unternehmen mit möchte eine komplette Umstrukturierung zu einer Gesellschaft mit Anteilen an 15 Internet-Firmen vollziehen.

Bisher stellte sich das Unternehmen 1&1 als Anbieter von Marketing- beziehungsweise Online-Marketing-Dienstleistungen, Call-Center-Betreiber, Internet-Provider auf. Über Firmenbeteiligungen deckte man Nischenmärkte im Internet ab. Letzterer Bereich spielt in der neuen Firmenphilosophie nun eine zentrale Rolle. 15 eigenständige, auf Teilmärkte spezialisierte Internet-Firmen hat das Management unter dem Dach einer Holding versammelt, darunter die Jobbörse Jobs & Adverts, den E-Mail-Dienstleister GMX, die Online-Auktion Itrade sowie den Online-Gebrauchtwagenmarkt Webauto. Mit diesem Netz aus Web-Firmen sieht sich Vorstand Ralph Dommermuth gerüstet für das dynamische Online-Business, um an den künftigen Wachstumsmärkten zu partizipieren. Die Diversifikation soll gleichzeitig Risiken im schnelllebigen Internet-Business reduzieren. Durch das Tanzen auf vielen Hochzeiten verringert sich die Gefahr, aufs falsche Pferd zu setzen, hofft Dommermuth. Sollte sich

beispielsweise das 26-Prozent-Engagement am Online-Auktionshaus Itrade als Flop erweisen, entwickelt sich möglicherweise die Online-Preisagentur Preisauskunft.de als gute Partie.

Die Firma folgte damit dem Beispiel anderer Unternehmen, die sich ein Netz aus verschiedenen Internet-Firmen gesponnen haben, wie beispielsweise die amerikanische Investment-Gesellschaft CMGI sowie der japanische Softbank-Konzern. Wie die großen Vorbilder aus dem Ausland möchten auch die Deutschen international präsent werden.

Darüber hinaus setzt United Internet auf Cross-Selling zwischen den Beteiligungsfirmen; dies wird in Ansätzen bereits heute praktiziert. So stammt beispielsweise die Jobbörse des E-Mail-Providers GMX von der ebenfalls zum Beteiligungsnetz gehörenden Online-Stellenvermittlung Jobs & Adverts.

Im neuen Organigramm gehen die bisherigen Online-Aktivitäten des Unternehmens in der "1&1 Internet AG" auf, zu der die hundertprozentige Tochter Schlund + Partner sowie die Dienstleistungsangebote "1&1 Puretec", "1&1 Internet Profi" sowie "1&1 Internet-Shops" zählen. Die Geschäftsbereiche Ausstellungen und Marketing werden der Holding United Intenet ebenfalls als Töchter unterstellt. Sie sollen nach dem Kalkül der Manager als Dienstleister für die Beteiligungsunternehmen fungieren. Eingestellt hat das Unternehmen dagegen die Vermarktung von Compaq-PCs, Mobilfunktelefonen sowie den aktiven Vertrieb des Online-Dienstes "T-Online" der Deutschen Telekom. Mit dem TK-Konzern bleibt United Internet trotzdem verbunden: Gemeinsam mit der Mobilfunktochter T-Mobil will man mobile Internet-Services lancieren, beispielsweise sollen Nutzer von WAP-Handys dann in der Lage sein, ihren persönlichen internet-gestützten Kalender zu bedienen. Außerdem wird United

Internet T-D1-Mobilfunk- und T-ISDN-Verträge vermarkten.

Auch vom Schlagwort "Application-Service-Provider" hat sich das Unternehmen aus Montabaur reizen lassen und will noch dieses Jahr Office-Anwendungen im Internet zur Verfügung stellen, die der Anwender dann gegen eine Gebühr online nutzen kann, ohne sie lokal installieren zu müssen.

Für dieses Jahr strebt United Internet einen Gesamtumsatz von rund 500 Millionen Mark an, wobei die 1&1 Internet AG, also das klassische Geschäft, mit etwa 200 Millionen den größten Einzelanteil haben soll. Über Börsengänge einzelner Beteiligungsfirmen gibt es noch keine Verlautbarungen, doch wird beispielsweise der E-Mail-Dienstleister GMX aus München, an dem United Internet seit kurzem 62,5 Prozent hält, als aussichtsreicher Kandidat gehandelt.

Durch die neue Rechtsform der ehemaligen 1&1 erhalten auch Aktionäre und Investoren mehr Einfluss. Wohl auch aus diesem Grund beseitigte das Management von 1&1 das komplizierte Geflecht aus Beteiligungen und Tochtergesellschaften, die unter dem Namen 1&1 geführt wurden, um sich stattdessen mit United Internet neu im Web-Geschäft zu positionieren. Doch zunächst müssen die Anteilseigner dem Umbau auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 22. Februar zustimmen.