0190-Urteil: Kunde muß Handy-Rechnung über 13.962,77 Euro nicht zahlen

27.04.2007
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg hat ein Urteil gefällt, das für Handy-Benutzer von großer Bedeutung sein könnte: Danach obliegt der genaue Nachweis darüber, ob, wieviel und mit wem jemand mit seinem Mobiltelefon telefoniert hat, dem Mobilfunkanbieter.

Im vorliegenden Fall hatte eine "Betreiberin des Mobilfunknetzes D2" einem Mobilfunknutzer für die Inanspruchnahme so genannter Mehrwertdienste eine Forderung in Höhe von 13.962,77 Euro in Rechnung gestellt. Bei diesen Mehrwertdiensten handelte es sich vorrangig um 0190-Services und 118-Auskunftsdienste. Der Handynutzer hatte bestritten, Telefonate in diesem Umfang geführt zu haben und gesagt, er habe lediglich für 267,75 Euro telefoniert. Daraufhin hatte der Mobilfunkbetreiber Klage eingereicht. Diese hat das Landgericht jetzt abgewiesen.

Das Urteil der Zivilkammer des Landgerichts Augsburg (Az.: 3 O 678/06): ist noch nicht rechtskräftig. Allerdings hatte bereits der Bundesgerichtshof in einer früheren Entscheidung darauf hingewiesen, dass grundsätzlich der Mobilfunkanbieter beweisen muss, wie viel und mit wem ein Handy-Nutzer telefoniert hat. Hierzu muss er die einzelnen Verbindungen nachweisen. Im Juristendeutsch liest sich das so: "Dem Betreiber obliegt die Darlegungs- und Beweislast für das Herstellen einer Mobilfunkverbindung". Auf diese BGH-Entscheidung bezog sich auch der Richter der Augsburger Zivilkammer in seiner Begründung. Auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hatte in einem Beschluss vom 19. April 2006 ähnlich entschieden.

Der verklagte Handy-Benutzer hatte innerhalb der vorgeschriebenen 80-Tage-Frist dargelegt, er habe die in Rechnung gestellten Verbindungen nicht selbst angewählt. Hierzu summierte er alle die Telefonate, die er nicht geführt hatte. Außerdem hatte er den Mobilfunkanbieter durch seinen Rechtsanwalt aufgefordert, die vollständigen Namen und die Anschriften der Betreiber der entsprechenden Rufnummern mitzuteilen. Dieser Aufforderung kam der D2-Mobilfunkanbieter aber nicht nach. Vielmehr setzte er ein Inkassounternehmen in Marsch, das "mit dem Einzug der vermeintlichen Forderung beauftragt" wurde.

Genau diese Weigerung, Auskunft zu geben darüber, wer die Leistungen der Mehrwertdienste (0190) und der Auskunftsnummern (118) erbracht hat und vor allem, worin deren Leistungen bestanden, hat den Richter bewogen, zum Vorteil des Handy-Nutzers zu entscheiden. Der Richter schrieb in seiner Urteilsbegründung, nach den Einwendungen des Handy-Nutzers sei es "naheliegend, dass der Beklagte (also der Handy-Nutzer, Anm.d.Red.) Opfer einer unbemerkten Herstellung von Verbindungen durch heimliche Manipulationen Dritter an den Daten des Endgerätes wurde."

Der Handy-Nutzer hatte vor Gericht Hacker ins Spiel gebracht, die möglicherweise über die Bluetooth-Schnittstelle Zugang zu seinem Mobiltelefon bekommen hatten. Die Hacker könnten sein Handy - ein beim Mobilfunkbetreiber gekauftes "Nokia 6310i" (an anderer Stelle im Urteil ist die Rede von einem "Nokia 8310i") - manipuliert und ohne sein Wissen die in Rede stehenden Verbindungen hergestellt haben. Zu einigen der ihm angelasteten Telefonate erklärte der Handy-Nutzer, diese habe er nicht führen können, "weil er in diesen Zeiten mit Freunden seine Freizeit verbracht hätte". Für Handy-Nutzer von Bedeutung ist, wie der Richter diese "heimliche Manipulationen Dritter" bewertete: Er urteilte, das "Risiko der unbemerkten Herstellung von Verbindungen hat nicht der Anschlusskunde zu tragen". (jm)