Support bei Mikroprozessor-Neuentwicklungen von zentraler Bedeutung:

AMDs RISC-Chip weckt Third-Party-Intereresse

11.12.1987

MÜNCHEN (CW) - Angesichts des Marktanteils etablierter 32-Bit-Mikroprozessoren und der jüngsten RISC-Entwicklungen von Sun Microsystems sowie eines Motorola 78000 ante portas stellt sich die Frage, ob es sich noch lohnt, überhaupt neue Prozessorchips zu entwickeln. Das kalifornische High-Tech-Unternehmen Advanced Micro Devices (AMD) hat sich darauf eingelassen - bisher offenbar mit Erfolg, wie die Liste der Support-Anbieter vermuten läßt. Im folgenden ein Bericht der britischen Fachzeitschrift Computergram.

Bei dem Schaltkreis Am29000 handelt es sich nach Beschreibung seiner Schöpfer um einen Hochleistungsprozessor der zweiten RISC-Generation. Die ersten Exemplare gehen zur Zeit an die Beta-Tester.

Unter den potentiellen Abnehmern des Wunderchips befinden sich sieben Unternehmen aus den "Fortune 500", der Weltrangliste der größten Firmen. Mit von der Partie sind Entwickler von Minicomputern, Workstations und Computergrafik-Hardware.

"Das 29000-Produktprogramm macht zur Zeit beschleunigt Fortschritte. Mit dem Silizium liegen wir vor dem Zeitplan, das Support-Programm läuft termingerecht", erklärte John East, Senior Vice-President der AMD Logic Group. Nach seinen Worten soll im Frühjahr kommenden Jahres die Serienproduktion anlaufen. Der AMD-Sprößling soll seine nächsten Konkurrenten um das Drei- bis Fünffache überrunden, wenn es um den Durchsatz geht. Nach den neuesten Benchmark-Techniken getestet, schafft der Am29000 laut Hersteller gut 35 000 Dhrystones pro Sekunde. In der gegenwärtigen Version bringt der Chip eine Leistung von 17 bis 25 Mips, aber die Silizium-Gurus aus dem Semiconductor Valley wollen in Zukunft über 30 Mips aus dem Kristall herauskitzeln.

Der Am29000 ist speziell entworfen für rechenintensive Applikationen in der Art, wie sie üblicherweise auf heute verfügbaren Superminis gefahren werden oder auch für Anwendungen im Bereich von CAD, Hochleistungsgrafik oder Netzwerk-Controllern mit Übertragungsbandbreiten bis 100 Megabit je Sekunde. Seine Architektur sieht einen Instruktions-Cache mit 128 Einträgen von Sprungzielen vor - so soll nach den Vorstellungen der Designer der Durchsatz unabhängiger von Verzweigungen gehalten werden. Intern verfügt der Chip entsprechend der RISC-Theorie über eine große Anzahl (192) allgemein verwendbarer Register. Eine Reihe von Experten vertreten in diesem Zusammenhang die Ansicht, daß der Geschwindigkeitsvorteil von RISC-Prozessoren eher daher rührt, daß viele Daten unmittelbar auf dem Chip manipuliert werden und dadurch Speicherzugriffe entfallen, als durch die dem reduzierten Befehlssatz inhärenten Ausführungszeiten von lediglich einem Taktzyklus je Instruktion.

Wie von AMD verlautet, haben mittlerweile einige "weltweit führende" Unternehmen die Unterstützung des Chips durch Entwicklungswerkzeuge zugesagt. Mehrere Produkte von Third-Party-Herstellern wurden dabei schon offiziell angekündigt. Definicon beispielsweise arbeitet an einem Add-on-Board für rechenintensive Anwendungen, das in MS-DOS-Maschinen eingebaut werden kann. Embedded Performance heißt ein in San José, Kalifornien, beheimatetes Unternehmen, welches einen kompletten Satz Entwicklungstools in Hard- und Software erarbeiten will. Angekündigt sind ein Emulator, C-Compiler, Assembler, Linker und Debugger.

Weiter sind aus der "Unterstützerszene" optimierte Hochsprachen-Compiler und -Debugger ebenso zu erwarten wie VME-Boards, zum Teil für Echtzeit- oder Multiprozessoranwendungen. Ein führender Entwickler von Unix-Tools, der nicht genannt sein wollte, kündigte eine Implementation des Betriebssystems (Version V.3) für das neue Wunderkind von AMD an. Und der Chiplieferant selber gab bekannt, in Kürze seien die Sprachen Fortran, Pascal und C verfügbar.