Mit neuem Computer will Amdahl den 3090-Mainframes Konkurrenz machen:

Amdahl plant Comeback mit 3090-Alternative

06.05.1988

CUPERTINO (IDG) - Gene Amdahl will der Mainframe-Serie 3090 von IBM Konkurrenz machen.

Diese Absicht scheint zunächst absurd, aber es ist nicht das erste, sondern das dritte Mal, daß er dem Computer-Giganten aus Armonk Konkurrenz machen will. Amdahl und seine acht Mitarbeiter bei Andor Systems Inc. im kalifornischen Cupertino bauen einen Computer, der zum IBM 3090 kompatibel sein soll. Ihr erstes Modell wird sich direkt mit IBMs 3090-150 messen, der eher im unteren Bereich der leistungsfähigsten IBM-Mainframes angesiedelt ist. Später will Andor weitere Rechner herausbringen. Amdahl erklärte, er erwarte eine funktionsfähige Laborversion bis Ende dieses Jahres; ein Jahr später wolle er dann; die ersten Serienmodelle ausliefern. Zielgruppe der Stecker-kompatiblen Mainframes sollen Anwender sein, die IBM-Kompatibilität wünschen, aber nicht bereit sind, Big Blues Preise zu zahlen.

Nach Amdahls Worten wird sein neuer Computer 100prozentig IBM-kompatibel, aber wesentlich kleiner als eine 3090 ausfallen. Er soll nur aus einer Platine aufgebaut sein, die mit den neuen CMOS-High-Density-Chips von Motorola bestückt ist. Amdahl sagte, Andor habe Methoden perfektioniert, um die Schaltkreise zu integrieren. Dabei wird der Leistungsumfang, der bei dieser Technik zu erwarten gewesen wäre, bis um das Dreifache übertroffen.

Amdahl erklärte weiter, Motorola habe ihm angeboten, die neuen High-Density-CMOS-Chips zu benutzen. Er werde der erste sein, der sie einsetze. Im Juni oder Juli soll Andor die erste Lieferung der Chips erhalten. Dabei handelt es sich um dichtgepackte Schaltkreise mit 105 000 Gattern und 512 I/O-Zellen mit der Größe von 1,2 Zentimeter Kantenlänge. Nach Angaben von Motorola handelt es sich bei den Chips um 1,0 Mikron CMOS-Arrays mit dreifachen Metall-Leiterbahnen, die einen Nutzungsgrad von mehr als 75 Prozent aufweisen. Die Gatter-Durchlaufzeit beträgt im Normalfall 200 Pikosekunden.

Genaue Preisangaben wollte Amdahl nicht machen, meinte aber, er könne den Computer zu einem Bruchteil von IBMs Listenpreis produzieren. Obwohl er den Endpreis niedriger als IBM für seine 3090er ansetzen wird, glaubt Amdahl daran, einen beachtlichen Gewinn zu erwirtschaften. Er wolle nämlich nicht allzu tief unter den IBM-Preisen bleiben.

Über private Geldgeber hat Andor bisher 2,25 Millionen Dollar aufgebracht. Weitere zwei bis drei Millionen Dollar werden demnächst verfügbar sein, wenn der neue Computer in die Beta-Testphase geht Amdahl glaubt, daß 10 Millionen Dollar ausreichen werden, um das Produkt auf den Markt zu bringen. Mit Ausnahme der Startphase will sich das Unternehmen dann selbst finanzieren. Gene Amdahls Optimismus fußt auf seinen erstaunlichen Erfolgen gegenüber IBM mit der Amdahl Corp. Der Ex-IBMer Amdahl hatte sie 1970 gegründet, um IBM-Plug-kompatible Mainframes zu bauen. Vor der Gründung von Andor mußte Amdahl aber auch eine bittere Pleite erleben. Seine Trilogy Systems Corp., ebenfalls ein IBM-Wettbewerber, mußte vor drei Jahren mit neunstelligen roten Zahlen schließen.