Mainframe-Hersteller will Anbieter von Komplettlösungen werden

Amdahl-Chefs sehen weiterhin gute Marktchancen für PCMer

01.06.1990

BERLIN (zek) - Die Amdahl Corp., Hersteller IBM-kompatibler Mainframe-Systeme, will in Zukunft nicht nur Systeme verkaufen, sondern als Anbieter von DV-Lösungen auftreten. Nach Ansicht von Amdahl-Chairman Jack Lewis und des Deutschland-Geschäftsführers Hans Reihl bleiben Mainframes darüber hinaus auch in Zukunft ein Eekpfeiler jeglicher Groß-DV.

Am Rande eines Treffens von Usern in Berlin erläuterten die beiden Amdahl-Chefs ihre Sicht der Mainframe-Zukunft. Die Frage nach dieser Zukunft stelle sich laut Reihl insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung und Verbreitung immer leistungsfähigerer PCs und Workstations. Obwohl diese Systeme in vielen Unternehmen einen Trand zur Dezentralisierung in Gang gesetzt hätten, müßten weiterhin Großrechner eingesetzt werden, die für Aktualisierung und Integrität der Daten sorgen. Dabei gewinne auch das Data-Sharing weiter an Bedeutung. Außerdem seien Mainframes in Sachen Sicherheit und Kosten für Datenhaltung unschlagbar.

Gerade im Hinblick auf die Nachfrage der Anwender nach Komplettlösungen und dem Interesse an Unix will Amdahl in Zukunft verstärkt Unix-Lösungen anbieten, die auch auf 370er Systemen laufen. Amdahl muß, so Reihl, den Weg zum Generalunternehmer einschlagen, der nicht nur "Boxen" verkauft.

Jack Lewis, Chairman und Chief Executive Officer der Amdahl Corp., schätzt die Chancen seines Unternehmens, neben dem Marktführer IBM zu bestehen, weltweit als sehr gut ein. Zunächst bestehe zur Zeit eine starke Nachfrage nach Mainframes. Außerdem steige der Verkauf umfangreicher Universalrechner-Konfigurationen mit mehr Massenspeicherkapazität, höherem Hauptspeicher und mehr Kanälen.

Diese Wettbewerbsintensität hat wiederum zur Folge, daß die Anwender auch verstärkt bei PCM-Anbietern kaufen und sich nicht mehr wie früher auf das IBM-Angebot beschränken. Ex-IBMer Hans Reihl konnte denn auch stolz vermelden, daß im Jahr 1989 allein in Deutschland 18 neue CPU-Kunden gewonnen werden konnten. Damit gibt es jetzt in der Bundesrepublik 256 Amdahl-Anwender. Was den sich öffnenden Markt in der DDR betrifft, werde man überprüfen, was sich dort machen lasse. Jack Lewis meinte jedoch, zunächst werden erst einmal PCs und Workstations für die DDR-Anwender von Bedeutung sein. Mainframes spielen nach seiner Ansich erst später eine Rolle.

In der Bundesrepublik hat Amdahl sich mittlerweile in der Automobilindustrie etabliert und visiert zunehmend Anteile innerhalb des Bank- und Versicherungswesens an.

Was die Produkte betrifft, hat Amdahl dafür gesorgt, daß die Systeme 5990 und 5890 zum MVS/ESA-Betriebssystem kompatibel sind.

Seit Ende 1989 sind die neuen Speicher-Controller 6100 auf dem Markt. In den letzten Wochen wurden erstmals Cache-Speicher für diese Systeme ausgeliefert. Das systemeigene Unix-Derivat UTS Release 2.0, seit Ende 1989 verfügbar, soll in Zukunft weiterentwickelt werden. Schwerpunkte liegen hier auf größerer Sicherheit, besserem Zugriff und Verbindungsaufbau.