"Salomonisches Urteil" eines US-Richters

AMD muß 287er stoppen - 386er wird weiter verkauft

06.11.1992

MÜNCHEN (CW) - Eine Teilentscheidung im Lizenzstreit zwischen der Intel Corp. und der Advanced Micro Devices Inc. (AMD) hat ein US-Richter getroffen: Er befand, daß Intel allein die Rechte am 287- Koprozessor habe; AMDs 386-Chip mit Intel Mikrocode indes darf weiterhin produziert werden.

Die Interpretationen des Spruchs durch die beiden Unternehmen sind unterschiedlich: AMD stellt in den Vordergrund, daß der AM386, der das Hauptgeschäft des Cloners ausmacht, weiter produziert werden darf. Intel dagegen sieht sein "intellektuelles Eigentum" am Mikrocode durch den Richterspruch bestätigt. Über den 386-Chip habe der Richter ein "salomonisches Urteil" gefällt, so ein Sprecher der Intel GmbH in München, welches AMD im Prinzip zwar unrecht gebe, aber auf die in Form der 386-Clone-Verkäufe geschaffenen Fakten Rücksicht nehme.

Strittig ist zwischen den beiden Unternehmen, wie eine 1976 getroffene und 1982 reformierte Lizenzvereinbarung auszulegen ist. Diese besagt, daß AMD den Intel-Mikrocode aus "Mikrocomputern" kopieren darf.

Intel sieht den Prozessor-Mikrocode dadurch ausgeschlossen, der Cloner steht auf dem Standpunkt, er sei mit abgedeckt. Darüber hinaus wundert sich AMD, warum Intel niemals die Produktion von 286-Clones beanstandet habe, die ja auch Intel-Mikrocode verwendeten. l3 Millionen Stück dieser AT Chips seien von AMD gebaut und ausgeliefert worden, so Peter von Bechen, bei der Münchner AMD GmbH zuständig für das europäische Marketing.

Obwohl eine endgültige Entscheidung der Mikrocode-Frage erst für den November dieses Jahres zu erwarten ist, entwickelt AMD bereits eigenen Mikrocode. Man hoffe, teilte von Bechen mit, damit ausgerüstete 386- und 486-Prozessoren zur CeBIT 1993 vorstellen zu können.

Nach Ansicht von Intel hat AMD auch gar keine andere Wahl, denn es sei so gut wie sicher, daß das Urteil in dieser Frage gegen den Cloner ausfallen werde.