Erwartungen für das laufende Jahr nach oben korrigiert

Amazon überraschte mit guten Zahlen

10.05.2002
MÜNCHEN (CW) - Mit seiner Bilanz für das erste Geschäftsquartal 2002 übertrifft Amazon die Erwartungen der Analysten. Zweifler, die das Konzept eines weltweiten Online-Shops ohne reale Geschäftsstellen in Frage gestellt hatten, sind kleinlauter geworden.

Amazon legte beim Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf 847 Millionen Dollar zu. Der Nettoverlust belief sich auf 23,2 Millionen Dollar. Vor einem Jahr stand an der gleichen Stelle der Bilanz noch ein Fehlbetrag von 234,1 Millionen Dollar.

Der Online-Händler bestätigt damit den positiven Trend, der sich insbesondere im vorhergehenden Weihnachtsquartal abgezeichnet hatte, als Amazon erstmals einen Nettoprofit erwirtschaftet hatte. Dazu reichte es diesmal erwartungsgemäß nicht: Abzüglich der Sonderbelastungen wiesen die Buchhalter des Unternehmens ein Minus von 4,8 Millionen Dollar beziehungsweise einem Cent pro Aktie aus. Analysten hatten für die ersten drei Monate des laufenden Jahres mit einem Fehlbetrag von neun Cent pro Anteilschein gerechnet. Der operative Gewinn auf Pro-Forma-Basis betrug im ersten Quartal 2002 knapp 25 Millionen Dollar.

Angesichts des erfreulichen Jahresauftakts setzten die Amazon-Verantwortlichen auch die Messlatte für das gesamte Jahr 2002 nach oben. So rechne man nun statt einem Umsatzwachstum von zehn Prozent mit 15 Prozent mehr Einnahmen. Das brächte 3,6 Milliarden Dollar in die Kassen des Internet-Pioniers. Der operative Gewinn soll sich 2002 auf rund 100 Millionen Dollar summieren.

Die Gründe für die positive Entwicklung sind nach Einschätzung der Analysten vielfältig. So steigerte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal der Umsatz im US-amerikanischen Kerngeschäft mit Büchern, CDs und Videos um acht Prozent auf 443 Millionen Dollar. Auch der Umsatz mit Elektrogeräten stieg um acht Prozent auf 126 Millionen Dollar. Neben dem Geschäft mit Neuprodukten komme auch der Handel mit Gebrauchtwaren auf Touren, erklärte CEO Jeffrey Bezos.

Detaillierte Zahlen für die internationalen Geschäfte wurden nicht veröffentlicht. Allerdings schreiben die Amazon-Abteilungen in Großbritannien und Deutschland schwarze Zahlen, so zumindest verlautete aus der Firmenzentrale. Man sei zuversichtlich, dass die Geschäftsbereiche außerhalb der USA wie geplant bis 2005 etwa 50 Prozent zum Gesamtumsatz beitragen werden, erklärte Europa-Chef Thomas Lot.

Nach Einschätzung von Amazon-Chef Bezos heißt das Erfolgsrezept seines Unternehmens: verbesserte Effizienz in Verbindung mit Preisnachlässen. So erlässt der Online-Händler seinen US-Kunden ab einer Einkaufssumme von über 99 Dollar die Lieferkosten. In Deutschland liefert Amazon ab 20 Euro versandkostenfrei. Allerdings müsse man dabei auch mit einer Wartezeit von bis zu fünf Tagen rechnen. Mit diesem Modell steige die Bereitschaft der Kunden, mehr Geld auszugeben. Außerdem könne mit der verlängerten Lieferfrist besser geplant werden. Laut Bezos sei es damit gelungen, die operativen Kosten um 14 Prozent zu senken.

Die Effizienz hat allerdings ihren Preis. Der Amazon-Chef gesteht mit der dritten Preissenkung während der letzten neun Monate indirekt ein, dass in der Branche ein gnadenloser Preiskampf herrscht. Kein anderer Anbieter sei so günstig wie Amazon, prahlt der CEO. Kunden, die in anderen Shops kauften, verschwendeten ihr Geld. Der Sparkurs geht zumindest teilweise auf Kosten der Mitarbeiter. Zuletzt mussten 1500 Angestellte ihren Hut nehmen. Zwei Zentren für die Kundenbetreuung und ein Warenlager wurden geschlossen. (ba)