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Amazon.com wird zunehmend zum ASP-Dienstleister

11.06.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Amazon.com bietet sein Knowhow als Online-Verkäufer jetzt auch als Application Service Provider (ASP) an. Dazu gründete das Unternehmen die Abteilung Amazon Services. Bereits jetzt, so Amazon-Gründer Jeff Bezos, erwirtschafte das Unternehmen einen erklecklichen Teil des gesamten Umsatzes mit Outsourcing-Dienstleistungen. Bezos sagte, diese E-Commerce-Services für andere US-amerikanische Firmen seien für Amazon das am schnellsten wachsende Geschäftssegment. "In ein paar Jahren könnten diese Dienstleistungsangebote an andere Firmen für uns zum wichtigsten Geschäftszweig werden," sagte Bezos.

Amazon erledigt im Auftrag verschiedener US-Firmen wie den Spielzeughersteller Toys 'R' Us Inc., den Buchhändler Borders Bookstores oder die Discount-Hanndelskette Target Corp. bereits heute den Vertrieb via Internet. "De facto ist Amazon dabei, sich für Handelsunternehmen zum großen ASP, zum Outsourcer für deren E-Commerce-Vertrieb aufzustellen," sagte Kent Allen, Direktor der Marktforschungsfirma Aberdeen Group. Die neue Division, die von Mark Stabingas geführt wird, kann potenziellen Kunden einen komplette Online-Vertriebsseervice anbieten oder Teile davon. Wer "nur" ein Web-Frontend benötigt, bekommt dies von Amazon genauso, wie jemand, der die komplette digitale Vertriebsabwicklung in die Hände der Bezos-Company legt. Die Kunden behalten dabei aber immer die völlige Kontrolle über die Benutzerführung ihrer je individuellen Web-Site. Wer den Amazon-Service nutzen will, braucht - so zumindest das Versprechen - seine internen Geschäftsabläufe

nicht zu ändern.

Amazon investiert Jahr für Jahr rund 200 Millionen Dollar in Technologie. Der Löwenanteil hiervon entfällt auf die Kosten für Software-Entwicklungen und hier insbesondere die ausgefeilten Algorithmen für das Online-Bestellsystem. Alle E-Commerce-Software, die bei Amazon im Einsatz ist, hat das Unternehmen in seinen IT-Abteilungen selbst entwickelt. In den Kosten von 200 Millionen Dollar sind auch die für die ausgedehnten HP-Server-Farmen enthalten. Diese Hard- und Software-Landschaft können sich nun Wiederverkäufer als Dienstleistung von Amazon nutzbar machen. Bezos wirbt zudem mit der leichten Handhabbarkeit der Amazon-Website, deren Technologie nun auch andere Unternehmen nutzen könnten. Immerhin, so der Amazon-Gründer und -Chef, habe seine Firma bei der neuesten Untersuchung für den American Customer Satisfaction Index einen Wert von 88 erzielen können. Das sei die beste Beurteilung, die jemals in der Dienstleistungsindustrie von einem

Unternehmen erzielt worden sei, egal ob der Konzern seine Geschäftsaktivitäten online oder offline abgewickelt habe.

Eins allerdings plant Amazon nicht: Die Software, die dem Geschäftsmodell des Online-Vertriebs zugrunde liegt, wird Bezos nicht als E-Commerce-Anwendung an Dritte vertreiben, um dafür etwa Lizenzgebühren einzunehmen. Solch ein Vorhaben, so Bezos, sei dann doch zu kompliziert. (jm)