CW-Kolumne

Am Markt vorbeientwickelt

26.10.2013
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
SAPs Problemkind Business ByDesign macht mal wieder Ärger.

Gerüchte kursieren, die badischen Softwerker könnten ihr mit großem Aufwand und vielen Schwierigkeiten entwickeltes Cloud-ERP-Paket vom Markt verschwinden lassen - was aus der Walldorfer Führungsetage natürlich vehement dementiert wird. Der Image-Verlust wäre beträchtlich. Schließlich hat der Softwarekonzern Milliarden Euro in die Entwicklung von ByD gesteckt. Gerechnet haben sich diese Investitionen bislang nicht. Von den einstigen Zielen - 10.000 Kunden und eine Milliarde Euro Jahresumsatz für 2010 - ist man weit entfernt.

Martin Bayer, stellvertretender Chefredakteur der COMPUTERWOCHE
Martin Bayer, stellvertretender Chefredakteur der COMPUTERWOCHE

So klingen denn auch, trotz aller Beteuerungen, an der selbst entwickelten Cloud-Lösung festhalten zu wollen, durchaus grundsätzliche Zweifel seitens SAP durch, was die Zukunft einer Suite-Lösung für die Cloud anbelangt. Die Walldorfer geben zu, dass sich der Suite-Markt in der Wolke längst nicht so entwickelt hat, wie man sich das vorgestellt hatte. Dagegen liefen die schlanken zugekauften Line-of-Business-(LoB-)Lösungen wie SuccessFactors (HCM) und die Einkaufsplattform Ariba deutlich besser. Hier muss man wohl auch den Löwenanteil der angeblich 33 Millionen SAP-Cloud-User verorten.

Hat SAP mit ByD also am Markt vorbeientwickelt? Bestimmt - allerdings lässt sich wohl einiges aus der ByD-Basis für die neue SAP-HANA-Cloud-Plattform verwenden, die jetzt gebaut werden soll. Damit könnte der Konzern durchaus punkten, gerade was die Integration in Sachen Cloud und On-Premise anbelangt. Doch das muss jetzt schnell funktionieren. Alle deutsche Ingenieurskunst in Ehren - doch wenn SAP jetzt wieder so ein Mammutprojekt initiiert, wie es bei ByD der Fall war, wird der Konzern von den Wettbewerbern und vom Markt überholt. Wer weiß schon, welche technischen Paradigmen in ein paar Jahren gelten. Gerade in der Wolke ist nichts in Stein gemeißelt. Und zuletzt muss SAP endlich Ordnung und Zug in seine Cloud-Organisation bringen. John Wookey, Peter Lorenz, Lars Dalgaard - die Liste der dort verschlissenen Manager ist lang. (mhr)