Hohe Erwartungen der Generation Z

Am besten 50.000 Euro zum Berufsanfang

07.05.2019
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Sie sind Mitte zwanzig, erwarten zum Berufseinstieg ein ordentliches Gehalt und wollen sich nicht über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus oder mit uninteressanten Aufgaben quälen. Wer heute Informatik studiert, weiß, wie begehrt er ist, und bringt hohe Ansprüche mit.

Jedes Jahr befragen die Berliner Marktforscher des Trendence Instituts 55.000 Studenten und Absolventen zu zu ­ihren Vorstellungen von Arbeit und Karriere. Und jedes Jahr rechnen vor allem die Informatiker mit einem höheren Einstiegsgehalt. Die 6.500 befragten IT-Studenten nennen aktuell ein Jahresbruttogehalt von 48.700 Euro als Wunscheinkommen zum Berufsstart, 800 Euro mehr als im Vorjahr. Ähnlich hohe Erwartungen bringen nur noch Ingenieure mit.

Die Einkommensvorstellungen der Informatiker und Ingenieure sind auch deshalb stattlich, weil sie seit Jahren zu den begehrtesten Fachkräften gehören. Nach wie vor verlassen zu wenige Informatiker mit Abschluss die Hochschulen, da die Abbrecherquote in diesen Studiengängen konstant hoch ist. Ein Informatikstudium schließen nur 60 Prozent der Studienanfänger ab. Infolgedessen ist der Pool geeigneter Nachwuchskräfte grundsätzlich klein.

Jeder vierte Informatiker hat vor Abschluss des Studiums eine Jobzusage

Natürlich wissen die Absolventen um ihren Wert. Viele finden nicht nur ohne große Anstrengung einen Job, sie haben sogar die freie Wahl zwischen mehreren lukrativen Angeboten. Trendence-Geschäfts­führer Robindro Ullah bestätigt diesen Trend anhand des hauseigenen "Absolventenbarometers": "Seit 2016 steigt die Zahl der IT-Studenten, die vor Abschluss des Studiums bereits einen Arbeits­vertrag in der Tasche haben, deutlich an. Bis 2015 war es jeder siebte Informatiker, heute hat jeder vierte Informatiker die Zusage für ­einen Job."

Robindro Ullah, Trendence: "Jeder vierte Informatiker hat einen Arbeitsvertrag in der Tasche, bevor er sein Studium abschließt."
Robindro Ullah, Trendence: "Jeder vierte Informatiker hat einen Arbeitsvertrag in der Tasche, bevor er sein Studium abschließt."
Foto: Trendence

Arbeitgeber sollten demnach schon in den ­ersten Semestern oder sogar in der Schulzeit Kontakte zu Talenten aufbauen und pflegen. Allerdings ist das noch kein Erfolgsgarant. Verbindlichkeit und Loyalität sind Werte, die unter Berufseinsteigern keinen so hohen Stellenwert mehr haben. Mancher Kandidat hält es nicht mehr für nötig, vereinbarte Vorstellungsgespräche abzusagen, sobald er ein anderes Angebot in der Tasche hat.

IT-Berater verdienen am besten

Ein Abgleich mit den tatsächlich bezahlten Ein­stiegsgehältern zeigt jedoch, dass die IT-Absolventen nur in einigen wenigen Bereichen ihre Vorstellungen werden realisieren können. So kam Gehalt.de nach der Analyse von über 13.000 Gehaltsdaten zu dem Ergebnis, dass Bachelor­absolventen in ihren ersten drei Berufsjahren im Schnitt 43.000 Euro im Jahr verdienen, mit einem Master-Abschluss sind es 3.000 Euro im Jahr mehr.

Nur eine Position in der IT-Beratung, IT-Analyse oder IT-Konzeption verspricht in den ersten Jahren bereits ein Jahresgehalt von knapp 50.000 Euro. Dicht dahinter folgen die Vertriebsingenieure mit einem jährlichen Bruttojahreseinkommen von 48.900 Euro. In kreativen Bereichen bleiben Talente auch nach mehreren Jahren Berufserfahrung von solchen Summen weit entfernt: Webdesigner kommen im Schnitt auf 37.000 Euro im Jahr. ( Hier gehts zum großen Gehaltsvergleich)

Keine Kompromisse, wenn's um Geld geht

"Ein faires Gehalt" bleibt für 97 Prozent der ­befragten IT-Studenten der wichtigste Punkt bei der Arbeitgeberwahl. 47 Prozent der Informatiker würden auch ein attraktives Arbeits­angebot ablehnen, wenn das Gehalt zu niedrig bemessen ist. Nur Mobbing ist ein größeres No-Go. Unbezahlte Überstunden sind für ein Viertel der Befragten nicht akzeptabel. Dazu passt, dass die Bereitschaft, auch mehr als 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, unter den IT-Studenten und IT-Absolventen von Jahr zu Jahr sinkt.

Die sogenannte Generation Z, sprich: die nach 1995 Geborenen, will Berufs- und Privatleben klar getrennt wissen, hat der Saarbrücker Wirtschaftswissenschaftler Professor Christian Scholz schon vor Jahren festgestellt. "Funktionierte Work-Life-Blending für die Generation Y noch bestens, versagt es bei der Generation Z. Ganz wichtig ist nun ein klarer Dienstschluss, spätestens um 17 Uhr soll die Freizeit beginnen. Die Generation Z will ihr Privatleben." Im Ab­solventenbaro­meter von Trendence würden sich immerhin 52 Prozent der ITler für die Freizeit entscheiden, wenn sie zwischen Geld und Freizeit wählen müssten.

Arbeit muss Spaß machen und sinnvoll sein

Ungeachtet ihrer hohen Erwartungen an Vergütung und Freizeit, messen die meisten jungen Informatiker beruflichen Erfolg an anderen Kriterien. Sie erwarten Spaß im Job und erheben den Anspruch, mit ihrer Arbeit etwas Sinnvolles zu schaffen. Nahezu alle Befragten stellen sich attraktive Arbeits­aufgaben vor, die ihnen auch die Chance bieten, sich persönlich weiterzuentwickeln.

Junge Informatiker erwarten Spaß im Job und erheben den Anspruch, mit ihrer Arbeit etwas Sinnvolles zu schaffen. Nahezu alle Befragten stellen sich attraktive Arbeits­aufgaben vor, die ihnen auch die Chance bieten, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Junge Informatiker erwarten Spaß im Job und erheben den Anspruch, mit ihrer Arbeit etwas Sinnvolles zu schaffen. Nahezu alle Befragten stellen sich attraktive Arbeits­aufgaben vor, die ihnen auch die Chance bieten, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Foto: dotshock - shutterstock.com

Ein guter Führungsstil im Unternehmen ist ­ihnen genauso wichtig wie die Wertschätzung der Mitarbeiter. Letzter Punkt ist für weibliche Informatiker noch relevanter bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber als für ihre männlichen Kollegen. Weiterbildungs­möglichkeiten muss der Wunsch­arbeitgeber ebenso anbieten wie gute Karriere­perspektiven. Kollegialität und eine gute Work-Life-Balance sind weitere Punkte auf der Liste der Ansprüche, die ein ideales Arbeitsumfeld zu erfüllen hat.

Informatiker sind liberaler als andere

Die Marktforscher von Trendence haben in diesem Jahr auch untersucht, welche Eigenschaften und Einstellungen die Bewerber von heute auszeichnen. Sie sollten sich zum Beispiel entscheiden, ob sie sich eher als liberal oder als konservativ einschätzen. Es zeigt sich, dass Informatiker im Vergleich etwa zu Wirtschaftswissenschaftlern, Ingenieuren oder Naturwissenschaftlern viel liberaler denken. Sie sind die Freigeister unter den Studenten.

Drei von vier Informatikstudenten bezeichnen sich als freiheitlich orientiert, ihnen ist Wandel deutlich sympathischer als Beständigkeit (59 Prozent). Sollen sich junge IT-Studenten zwischen den Werten Sicherheit und Freiheit entscheiden, fällt das Ergebnis etwa unentschieden aus (51 versus 49 Prozent). Ihre Kommili­tonen aus anderen Fächern tendieren eindeutig zur Sicherheit.

Die Traumarbeitgeber der Informatiker