Alter Wein in neuen Schlaeuchen CA macht mit grafischem Cobol der Micro Focus Inc. Konkurrenz

16.12.1994

MUENCHEN (IDG) - Die Computer Associates International Inc. (CA) bringt mit "Visual Realia" eine Windows-basierte Entwicklungsumgebung fuer Cobol-Applikationen auf den Markt. Das Produkt soll alten Cobol-Anwendungen durch grafische Oberflaechen ein Facelifting verschaffen. Moeglicherweise bringt das CA-Produkt frischen Wind in den von Micro Focus beherrschten PC-Cobol-Markt.

Der Gartner Group aus Stamford, Connecticut, zufolge kontrolliert Micro Focus zur Zeit 45 Prozent des PC-Cobol-Marktes, berichtet die CW-Schwesterpublikation "Infoworld". Dennoch beurteilen einige amerikanische Analysten das CA-Produkt als so stark, dass es diese Stellung untergraben koennte. "Es wird Micro Focus einige schlaflose Naechte verschaffen", glaubt etwa Charles Phillips, Senior Vice-President bei der Kidder, Peabody & Co. Inc., New York. "CA kann eine aggressivere Preispolitik betreiben und zudem das PC-Cobol an andere Produkte binden."

Zur Zeit bietet CA den Micro-Focus-Kunden, die bereit sind, zu Visual Realia zu wechseln, bis zu 1000 Dollar Nachlass, so die "Infoworld". Kevin Schick von der Gartner Group ergaenzt: "Es gibt bereits ein Bundle aus Visual Realia und der Watcom-Datenbank, die ihrerseits die Datensysteme CA-Ingres, Sybase, Oracle und Informix unterstuetzt, ohne dass ein Aufpreis bezahlt werden muesste. Mit Micro Focus werden die Anwender fuer diese Extras eine Menge ausgeben muessen." Soweit die CW-Schwesterpublikation "Computerworld".

Das CA-Produkt kostet rund 2500 Dollar, Runtime-Gebuehren werden nicht erhoben. Die deutschen Preise stehen noch nicht fest. Jedoch soll das Produkt im Laufe des Fruehjahrs 1995 auch hierzulande auf den Markt kommen.

Nach Einschaetzung der Gartner Group basieren zwar 80 Prozent der zur Zeit in Einsatz befindlichen Anwendungen auf Cobol, ob es allerdings Sinn macht, dem alten Code lediglich ein neues Outfit zu verpassen, bleibt fraglich.

Britt Mayo, Director of Informations Technology bei der Pennzoil Co. in Houston, schaetzt die Situation folgendermassen ein: "Visual Realia ist nicht die Art von Tools, nach denen wir Ausschau halten. Wenn wir auf ein Client-Server-System wechseln, haben sich die Geschaeftsregeln, auf denen die Cobol-Anwendung beruht, laengst geaendert."

Hingegen ist Betatester Arthur Haynes, Vice-President der Produktentwicklung bei der ACC Orlando Inc. aus Sanford, Florida, dankbar, das in seinem Unternehmen angesammelte Cobol-Wissen weiter nutzen zu koennen: "Obwohl unsere Entwickler auch andere Tools wie C, Visual Basic und Powerbuilder auf ihre Tauglichkeit abgeklopft haben, lohnt sich deren Einsatz nicht; wir muessten soviel Code neu schreiben, dass es viele, viele Monate dauern wuerde, bis die Anwendungen wieder lauffaehig waeren."

Visual Realia enthaelt eine Datenbank, einen grafischen Report- Writer, eine Versionskontrolle, einen Formular- und Icon-Editor sowie ein Cobol-Analyse- und Debugging-Tool. Ausserdem gehoeren 20 Open-Database-Connectivity-Treiber zum Lieferumfang. Das Produkt laeuft unter Windows 3.1. In zwei Jahren soll ausserdem eine objektorientierte Ausfuehrung auf den Markt kommen.