Die Staatsanwaltschaft packt ein:

Also doch keine Spione

23.05.1975

FRANKFURT - In einem fotokopierten Brief der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt lasen in der letzten Woche zwölf Männer an verschiedenen Orten dasselbe: "Die Anklage wegen geheimdienstlicher Tätigkeit wird nicht weiter verfolgt". Es war das eingetreten, was Computerwoche schon angekündigt hatte: die angeblich ostblockgesteuerten Computer-Spione sind gar keine solchen.

Was übrig bleibt, prüft zur Zeit die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt: bei einigen geht es noch um mögliche Verstöße gegen das Außenwirtschaftgesetz oder gegen die den Interzonenhandel regelnde "Militärregierungsverordnung Nr. 53", bei anderen um Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) oder um strafrechtlich zu verfolgende Delikte wie Diebstahl, Unterschlagung oder Bestechung.

Der Staatsanwalt muß aber zunächst einmal abwarten, was die Ermittlungen der Zollfahndung in Stuttgart und Frankfurt ergeben. Geprüft wird, ob und welche in den Ostblock exportierten Computer-Teile denn eigentlich einer Ausfuhrbeschränkung unterlagen oder nicht.

Auch zwei Privatkläger haben sich gemeldet: wegen Verstoß gegen das UWG hat IBM Strafantrag gegen Ex-IBM'er und Kontakleute von IBM-Mitarbeitern gestellt, die in die Affäre vewickelt waren. Auch die Bundesbahn kam mit einem Antrag: Selbst der Frankfurter Oberstaatsanwalt Mitscher ist sich alledings unklar, wie die wettbewerbsfreie Bundesbahn (für ihre Software hatte sich einer der zwölf Verhafteten "interessiert") mit einer Klage wegen unlauterem Wettbewerb hier zum Zug kommen will.