Als zentrales Steuerungsinstrument zu Standards beitragen:Benutzerservice kann das HW-Investitionsrisiko mindern

21.02.1986

Vom Einzelarbeibplatz zum Endbenutzer im unternehmensweiten Informationsverbund: Die Fachabteilung wandelt ihre Anforderungen an die Datenverarbeitung, indem sie zugleich auf dem Mikro wie auch in der Groß-DV aktiv werden wird. Diese Entwicklung, wie sie Serviceleiter Peter Weiß bei der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft in Ottobrunn beobachtete, unterstützte bei dem Unternehmen für technisch-wissenschaftliche Dienstleistungen das Modell eines Mikrocomputer-Benutzerservices.

Die wichtigste Aufgabe des Mikrocomputer-Benutzerservice (MBS) ist die Konzeption des Einsatzes von Arbeitsplatzrechnern. Dabei muß eine Koordination mit den Zielen des Gesamtunternehmens und mit den Aufgaben der Groß-DV erfolgen.

Der nächste Schritt betrifft die Auswahl geeigneter Systeme. Gemeinsam mit den zukünftigen Anwendern werden Pflichtenhefte für Hard- und Software erstellt, die als Grundlage für eine Auswahl geeigneter Komponenten am Markt dienen. Daraus werden verbindliche Beschaffungsrichtlinien abgeleitet: Für innerbetriebliche Standards, die Grundvoraussetzung für flexiblen Einsatz der Systeme und deren kostengünstige Einbindung in gegenwärtige und zukünftige organisatorische und DV-technische Konzepte.

Die Durchsetzung dieser Standardisierung stützt sich auf zwei Instrumente: aktive Mithilfe des Benutzerservice bei der Einsatzplanung und zentrale Verwaltung des gesamten einschlägigen Beschaffungsbudgets.

Weitere Aufgaben des MBS betreffen die Einweisung und Schulung der Anwender, Unterstützung der internen Software-Entwicklung mit Spezial-Know-how und die Aufrechterhaltung eines Störungsdienstes.

Installationen und Einsatz

Seit der Beschaffung der ersten Mikrocomputer Ende 1982 hat sich dieser Bereich mit hohen Zuwachsraten zu einem beachtlichen Investitionsvolumen gesteigert. Gegenwärtig werden in der IABG 175 Mikrocomputer mit einem Anlagewert von rund 2,8 Millionen Mark eingesetzt.

Die zeitliche Entwicklung veranschaulicht Bild 1.

Eine frühzeitig eingesetzte, koordinierende Stelle konnte den Anteil der nicht standardisierten Mikrocomputer auf einen kleinen Prozentsatz beschränken. Bis etwa Mitte 1984 dominierten bei den Beschaffungen Mikrocomputer mit dem damals am weitesten verbreiteten Betriebssystem CP/M. Seither ist der Einsatz von Rechnern unter MS-DOS stetig gestiegen; sie stellen heute mit 96 Konfigurationen den größten Block.

Bezeichnend für den Trend der dezentralen Systeme sind die bevorzugten Einsatzbereiche (Bild 2). Während in der IABG entsprechend ihrer Aufgabenstruktur der Bereich der Software-Entwicklung in der Groß-DV den Löwenanteil einnimmt, spielen bei den Arbeitsplatzcomputern die Anwendung standardisierter Lösungen (Textverarbeitung, Datenbanken, Tabellenkalkulation) mit zusammen 70 Prozent die größte Rolle.

Mit der Markteinführung komfortabler Endbenutzersoftware ist ein Anwendungsbereich entstanden, der die Methoden der Groß-DV sinnvoll ergänzt. Viele Anwendungen, für die heute PC eingesetzt werden, sind durch diese (preiswerte) Standardsoftware erst wirtschaftlich relevant geworden.

Der Einsatz von Mikros im Unternehmen verursacht eine ganze Palette von Kosten. Hier gilt es vor allem, das kurzsichtige Denken in einigen Fachabteilungen zu widerlegen, mit der Abschreibung des Anschaffungspreises sei es bereits getan. Als typische Folgekosten sind Wartung, Einarbeitung, Softwareanpassung und Umstellungsaufwand sowie Kosten für den Anschluß an andere Rechner zu nennen - vom Ausbau der vorhandenen Geräte mit zusätzlicher Hard- und Software einmal abgesehen. Die Summe der Folgekosten beträgt ein Vielfaches des Kaufpreises.

Der Benutzerservice ist gefordert, einerseits die Kosten durch zentrale Bereitstellung des notwendigen Know-hows zu minimieren, andererseits zu dokumentieren, wie hoch die Gesamtkosten des Mikroeinsatzes wirklich sind. Diese Kostentransparenz setzt eine einsichtige Geschäftsleitung voraus: Nicht selten werden die Kosten des Benutzerservice von den Anwendern als (unnötige) zusätzliche Verteuerung ihrer Kleinstrechnerbeschaffung angeprangert. Wer gibt schon gerne zu, daß sein Beschaffungsvorhaben teure Unterstützungsleistungen seitens des Benutzerservice nötig macht?

Klare Zuständigkeiten

Zum angestrebten Rationalisierungseffekt durch klare Zuständigkeiten im Unternehmen ergeben sich zusätzlich mit einem gut geführten zentralen Benutzerservice weitere Vorteile: Schaffung eines Steuerungsinstruments durch zentrale Bestandsführung und Minderung des Investitionsrisikos durch weitgehende Standardisierung von Hardware, Software und Lösungswegen.

Um diese Strategie durchzusetzen und zur Verteilung der Kosten auf die Anwender bedient sich die IABG folgenden Instrumentariums:

- zentrale Budgetierung aller PC-Beschaffungen für das Gesamtunternehmen;

- Verwaltung des Beschaffungsbudgets durch den MBS;

- Belastung der Kostenträger mit allen anfallenden Kosten: Abschreibung, Wartung sowie Personalkosten der Mitarbeiter in MBS.

Die Personalkosten des MBS stellen einen nicht unerheblichen Teil der Gesamtkosten dar. Die DV-Mündigkeit der einzelnen Mitarbeiter in der IABG läßt den Anteil auf nur etwa ein Drittel der Gesamtkosten sinken. Dieser Wert markiert, so Erfahrungswerte, die untere Grenze des Machbaren.

Neue Aufgaben

Für die nächsten Jahre zeichnet sich ein Wandel in den Aufgaben des MBS ab. Galt es in der Vergangenheit vor allem, rationelle Einzelarbeitsplätze mit hoher Verfügbarkeit zu schaffen, so wird es in der Zukunft mehr und mehr um die Gestaltung der Endbenutzer-Arbeitsplätze im Informationsverbund des Unternehmens gehen. Die wichtigsten Voraussetzungen dazu - zentrale Konzeption, durchgängige Planung aller EDV-Größenklassen und weitgehend homogene Landschaft der Endgeräte - sind nur durch die rechtzeitige Einführung des Mikrocomputer-Benutzerservice zu schaffen gewesen.