Als Neuling gegen starke Konkurrenz Sun uebernimmt Know-how von MPP-Profi Thinking Machines

09.12.1994

MUENCHEN (CW) - Die Sun Microsystems Inc. wird sich die Technologie-Errungenschaften der gescheiterten Thinking Machines Corp. (TMC) zu eigen machen, um das eigene Produktangebot Sparc- basierter Server am oberen Ende mit hoechstleistungsfaehigen Parallelmaschinen auszubauen. Ausserdem werde man das bei TMC angehaeufte Systemsoftware-Know-how fuer das Unix-Derivat "Solaris" nutzen, meldet der Brancheninformationsdienst "Computergram".

Nach den vorliegenden Informationen uebernahm Sun bereits TMC- Mitarbeiter. Diese werden in der gerade erst von Sun gegruendeten Parallel Open Systems Group eingesetzt.

Der Workstation-Primus will das TMC-Wissen fuer die Weiterentwicklung eigener Produkte auf Basis symmetrischer Multiprozessor-(SMP-)Technologie nutzen. Zudem plant Sun, das Betriebssystem Solaris um Parallelisierungsfunktionen zu erweitern. Auch Cluster-, Coupling- und zusaetzliche Netzoptionen von TMC will Sun nach den vorliegenden Informationen in Solaris uebernehmen.

Schon bevor sich TMC im August 1994 unter Glaeubigerschutz nach Chapter eleven des US-Konkursrechtes stellen musste, hatten beide Firmen eine Technologievereinbarung ausgehandelt. Erstes Ergebnis sind die Parallelrechner "CM-5", in denen Supersparc-Prozessoren zum Einsatz kommen. Diese Systeme arbeiten nach dem MIMD-Verfahren (Multiple Instructions, Multiple Data). Vorherige CM-Generationen verwendeten das SIMD-Konzept (Single Instruction, Multiple Data).

Auf diesen Architekturwechsel sind nach Meinung mancher Fachleute wie etwa die der Professoren Wolfgang Gentzsch und Hans-Werner Meuer einige der Probleme von TMC zurueckzufuehren. So stelle fuer viele potentielle Kaeufer eine Migration von SIMD- auf MIMD- Maschinen eine zu grosse Huerde dar.

Sun unterhaelt auch eine Technologiepartnerschaft mit Supercomputer-Marktfuehrer Cray Research Inc. In dessen Superservern der "CS6400"-Familie stecken ebenfalls Supersparc- CPUs. Sun selbst bietet zudem die mit maximal 20 Prozessoren ausgestatteten SMP-Rechner "Sparcserver 1000" und "Sparccenter 2000" an.

Insider sehen mit einigem Interesse Suns erste Schritte im Markt massiv-paralleler Rechner. Sie machen darauf aufmerksam, dass das Unternehmen in diesem Segment ueber vergleichsweise wenig Erfahrung bezueglich Hardware und Compilern verfuegt. Andere Unternehmen wie Cray, AT&T, IBM, Pyramid, ICL etc. haetten hier bereits einen besseren Stand. Fuer Sun spraeche, dass es ueber solide finanzielle Ressourcen verfuege.