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Jahresrückblick 2003 April bis Juni

Als die IT-Branche erwachsen wurde (II)

30.12.2003

Mal was vom internationalen Party-Geschehen: Da haben sich doch, kommt Mitte Mai der Öffentlichkeit zu Ohren, am Labour Day ein paar Siebel-Topmanager auf einer Dinnerparty vergnügt. So en passant ließen sie im Beisein einiger ausgewählter Analysten und Investoren Firmeninterna fallen. Prompt stieg danach der Kurs der Aktien um acht Prozent. Für den krisengeschüttelten Konzern nicht schlecht. Die US-Börsenaufsicht findet, dass dieses Verhalten gegen den Komment verstößt, und leitet Untersuchungen gegen das Softwarehaus ein. Immerhin war es schon das zweite Mal innerhalb der letzten Monate, dass ein kommunikationsfreudiges Siebel-Management den Kurs durch Offenherzigkeit zu beeinflussen trachtete. Tom Siebel selbst hatte anlässlich einer Konferenz firmeninterne Finanzinformationen gestreut. Damals stieg der Kurs gleich um 20 Prozent. Kann denn reden Sünde sein?

Ein pakistanischer Sicherheitsexperte bringt derweil Microsoft zum Schwitzen. Er entdeckt nämlich einen schwerwiegenden Fehler im Passport-System des gerade erst vorgestellten Windows-Server-2003-Betriebssystems. Microsoft-Chef Ballmer hatte bei der Präsentations noch zu Protokoll gegeben, das System sei sicher, insbesondere wegen der mit viel PR-Rummel begleiteten "Trustworthy Computing Initiative".

Wer meint, Gewürzgurken seien so was von uncool, kennt nicht den in Karlsruhe und Lübben ansässigen Lebensmittelhersteller Spreewald-Feldmann GmbH & Co. KG. Der Produzent saurer Feinkost will sein Unternehmen zur Microsoft-freien Zone erklären und komplett auf das Linux-Betriebssystem und Open-Source-Anwendungen umsteigen. Es gibt sie also noch, die Mutigen und die Avantgarde in diesem Land.

Ende Mai brüskiert SCO die Linux-Gemeinde endgültig: Die Klage gegen die IBM vor Monaten hat man ja noch als versteckte Liebesbotschaft an den Computergiganten und Bitte um eine Übernahme verstanden. Jetzt soll es aber nach dem Wunsch von SCO-Group-CEO Darl McBride Anwendern an den Kragen gehen. Die bekamen unverhüllte Drohbriefe, Linux nicht mehr einzusetzen. Sei doch darin Original-Unix-Code verquirlt, an dem SCO die Rechte halte. Die Open-Source-Gemeinde schäumt.