Protest gegen unsinnige Polizeimaßnahmen

Alpenrepublik für zwei Stunden ohne Internet

04.04.1997

Grund der Protestaktion ist die Beschlagnahme sämtlicher Rechner und Festplatten (auch von Geräten ohne Netzanschluß) des Wiener ISPs Vip durch Zivilbeamte der österreichischen Wirtschaftspolizei in Begleitung zweier Sachverständiger am 20. März 1997. Durch die Aktion wurde dem Dienstleister die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen.

Anlaß der Hausdurchsuchung war eine Anzeige der Staatsanwaltschaft München vom März 1996 gegen Unbekannt, laut der ein Kunde von Vip gegen Paragraph 207a StGB verstoßendes Material (Kinderpornografie) ins Internet eingespeist haben sollte. Gefahr war nicht im Verzug, der Absender der illegalen Inhalte war der Staatsanwaltschaft mittlerweile bekannt, und die Firma Vip war nicht der Beschuldigte.

Die Reaktion der Behörden nach einem Jahr zeugt einmal mehr von einer grundlegenden Unkenntnis der Strukturen und der Technik des Internet. Bei größeren Providern fällt bei 27000 verfügbaren Usenet-Newsgroups und der Zwischenspeicherung häufig nachgefragter Web-Seiten leicht eine Datenmenge von mehr als 40 GB (entspricht mehr als 20 Millionen DIN-A4-Seiten Text) an. Die Dienstleister verweisen daher darauf, daß die inhaltliche Kontrolle solcher Informationsmengen weder zumutbar noch möglich sei. Für die Inhalte seien allein die Urheber von Informationen verantwortlich. Mit der Abschaltung aller Dienste wollten nun die ISPs "die Konsequenz eines der herrschenden Rechtsauffassung konformen Internet-Betriebs eindringlich demonstrieren".

Da der rechtliche Rahmen für Internet-Dienstleister in Österreich ebenso wie in der BRD weitgehend ungeklärt ist, soll die Aktion das öffentliche Interesse auf den dringenden Handlungsbedarf lenken. Die ISPs verurteilen die Verbreitung illegaler Inhalte im Internet und wollen grundsätzlich mit ermittelnden Behörden kooperativ zusammenarbeiten. In diesem Rahmen haben sich die Provider auch bereit erklärt, die zuständigen Justizbehörden mit einem kostenlosen Zugang auszustatten und deren Mitarbeiter in Gebrauch und Wesen des Internet zu schulen sowie in einer gemeinsamen Expertenkommission mitzuarbeiten. Weiterführende und aktualisierte Informationen finden sich im Internet unter www. internet.at.