Peripherie-Offensive aus Scotts Valley

Allianzen und neue Produkte sollen Seagate wieder beflügeln

16.11.1990

MÜNCHEN (jm) - Seagate, Speichermedien-Hersteller und Aufkäufer der Data-General-Tochter Inprimis, will mit einer Reihe neuer Peripherieprodukte sowie Allianzen mit NCR und Cray Research seine ehedem führende Marktposition wiedergewinnen.

Das in Scotts Valley, Kalifornien, ansässige Unternehmen war in den 80er Jahren führender Zulieferer von Speichermedien für Computerhersteller. Diese Position wurde in den letzten zwei Jahren durch Unternehmen wie Conner Peripherals Inc. oder Quantum Corp. den beiden am schnellsten wachsenden Unternehmen in diesem Marktsegment - zunehmend angeknabbert. Beide Firmen engagierten sich vor allem in dem von Seagate bislang vernachlässigten Bereich kleiner Formfaktorformate - also den 3,5- und 2,5-Zoll-Laufwerken. Seagates einziger Zuliefervertrag von Bedeutung besteht mit der IBM, wobei die Verkaufszahlen hier aber nach Aussagen von Analysten stagnieren sollen.

Abhilfe sollen unter anderem strategische Allianzen mit Partnern schaffen: Bereits 1981 arbeiteten NCR und Shugart Associates zusammen an dem SCSI-1-Standard. Diese Kooperation pflegen der Seagate-Gründer Alan Shugart und NCR mit einem weiteren Kooperationsabkommen. Die gemeinsam entwickelten integrierten Disk Arrays auf Basis eines 5,25-Zoll-Laufwerks von Seagate werden in den NCR-Systemen 3445 und 3450 aus der kürzlich vorgestellten 3000-Familie Anwendung finden. Sie können pro Sekunde bis zu 6,25 MB Daten transferieren.

Außerdem entwickelten beide Unternehmen gemeinsam ein Disk-Array-Subsystem mit SCSI-Controller auf Basis eines 3,5-Zoll-Seagate-Laufwerks. Hier sollen Transferraten von 20 MB/s möglich sein.

Auch mit Supercomputer. Hersteller Cray Research entwickeln die Kalifornier ein Speichermedium. Das jetzt präsentierte "Sabre-PTD"-Hochleistungs-Speicherlaufwerk (Parallel Transfer Disc) entspringt einer Gemeinschaftsarbeit beider Unternehmen und wurde als proprietäre Peripherielösung auch von der Cray Research als "DD-60"-Laufwerk angekündigt.

Mit dem Announcement von 14 neuen Laufwerken will Seagate darüber hinaus ein Zeichen setzen, daß man nun in allen Anwendungsbereichen in eine starke Marktposition wachsen will. Robert K. Maeser, Vice-President für Marketing und verantwortlich für Produktlinien, wies vor der Presse auf zwei Dinge hin: Zum einen verfüge Seagate nun Über eine lückenlose Palette an Speicherlaufwerken vom 2,5-Zoll- bis zum 8-Zoll-Formfaktor. Zum anderen entwickle Seagate vor allem im Gegensatz zu Conner und Quantum wesentliche Elemente wie Halbleiter und Schreib- und Leseköpfe in eigenen Entwicklungslabors in Oklahoma, Minnesota und Kalifornien selbst.

Solid-State-Discs: Keine rotierenden Platten mehr

Für den Bereich der Notebook- und Desktop-Rechner kann Seagate jetzt insgesamt zehn neue Produkte bieten: Bei den 2,5-Zoll-Laufwerken stehen die Modelle "ST9096A" mit 84 MB, "ST9051A" mit der halben Kapazität und Laufwerk "ST9025A" mit einem Fassungsvermögen von 21 MB zur Verfügung. Die beiden letztgenannten sind ab dem ersten Quartal 1991, das größte 2,5-Zoll-Laufwerk ab dem dritten Quartal 1991 verfügbar. Die mittlere Zugriffszeit der Speichermedien beträgt unter 20 Millisekunden. Im Marktsegment der Kleinstlaufwerke muß sich Seagate vor allem mit der Konkurrenz von Conner, Quantum, Prairie Tec und auch JVC herumschlagen, während bei den Desktop-Rechnern auch Maxtor und vor allem NEC eine Rolle spielen.

Bei den erstmals 1987 mit den PS/2-Modellen der IBM an Bedeutung gewinnenden 3,5-Zomaufwerken präsentiert Seagate drei neue Modelle, die 107 ("ST3120A") respektive 89 MB ("ST3096A") formatierte Kapazität bei Zugriffszeiten um 18 Millisekunden besitzen.

In beide jetzt verfügbaren Speichermedien hat Seagate seine Zone-Bit-Recording Technology (Siehe CW Nr. 43 vom 26. Oktober 1990, Seite 30 "Zone-Bit-Recording steigert...") zur effizienteren Plattenspeicher-Nutzung und schnelleren Übertragung der Daten aus den äußeren Plattenbezirken implementiert.

Außerdem gibt es im Speicherangebot der Kalifornier auf 3,5-Zoll-Basis ein 480-MB-Laufwerk (15 Millisekunden) mit SCSI-Interface. Von Interesse dürfte ein weiteres jetzt vorgestelltes Solid-State-Disc-Laufwerk sein. Besonderheit bei dieser Technologie: Es gibt keine rotierenden Platten mehr, die Bits werden auf DRAM-Speicher-Chips gelagert, was den Vorteil fast verzögerungsfreien Zugriffs auf Daten hat. Modell "ST8167" kann bis zu 167 MB speichern.

Auch die Wren-Produkte bekamen Zuwachs: Bei den Hochleistungslaufwerken (5,25-Zoll) stehen nun Kapazitäten von knapp 800 MB bis 1,65 GB zur Verfügung. Im Segment der 5,25-Zill-Festplatten voller Bauhöhe dürfte Seagate damit das Feld der Wettbewerber anführen, das hier vor allem die Unternehmen Maxtor, Micropolis, HP, Hitachi und Fujitsu ausmachen.

Schließlich tat sich auch bei den "Sabre"-Speichermedien im 8-Zoll-Format etwas: Aus der Zusammenarbeit mit Cray wurde das mit 12 Millisekunden nach Unternehmensangaben schnellste Laufwerk am Markt geboren. Die Sabre PTD hat eine Kapazität von etwa 2,3 GB, und die Transferrate von Daten beträgt bei acht oder neun parallel arbeitenden Lese- und Schreibköpfen 27 MB pro Sekunde. Das Sabre-Laufwerk besitzt eine IPI-2-Schnittstelle (intelligent Peripheral Interface) und erleichtert damit die Systemintegration, weil es die parallele Datenübertragung mit nur einem Kabel ermöglicht.

Übertragungsfehler sollen minimiert werden

Ab Dezember 1990 sind zudem die " Sabre 7"-Laufwerke "ST 830504" und "ST83220" erhältlich, die mit 3,05 GB beziehungsweise 3,22 GB laut Seagate die höchste Speicherkapazität von Festplatten Oberhaupt auf weisen, die gleiche Zugriffsgeschwindigkeit wie das PDT-Laufwerk aufweisen und beide Über die IPI-Schnittstelle verfügen. Seagate hebt besonders die MTBF-Zeit von 150 000 Stunden bei professioneller Nutzung hervor. Zudem baute das Unternehmen ein "Micropositioning"-Feature in die beiden Sabre-Modelle ein, das die kontinuierliche Neujustierung der Plattenköpfe bewirkt und so Datenübertragungsfehler minimieren helfen soll.