Allianzen: Gefahr für den Wettbewerb

15.11.1991

Über das Chip-Abkommen zwischen IBM und Intel (Seite 1) könnte man mit einem ironischen Schlenker hinweggehen: Noch'n Vertrag - als ob der DV-Industrie nichts anderes einfallen würde. Big Blue arbeitet mittlerweile ja auf allen möglichen Gebieten mit Gott und Gates und der Welt zusammen. Daß dabei bis auf wenige Ausnahmen (Microsoft, Microsoft, Microsoft) bisher herzlich wenig herausgekommen ist, scheint niemanden zu stören - Hauptsache, man wird mit dem DV-Giganten in Verbindung gebracht. Denn das haben die Fälle Siemens, Wang und Apple - um nur die spektakulärsten Kooperationsbeispiele zu nennen - gemeinsam: Der Eindruck soll erweckt werden, mit dem richtigen Partner, IBM eben, könne nichts schiefgehen. Von Verträgen mit x-beliebigen Herstellern - nehmen wir die ACE-Initiatoren - sei dergleichen nicht zu erwarten.

Nur ist es ja nicht gesunder Ehrgeiz, was die Nicht-IBM-Anbieter leitet. Auf sich allein gestellt - dieser Einwand ist allgegenwärtig -, wäre jeder einzelne verloren. Nehmen wir den Chip-Hersteller Siemens, nicht die nach wie vor erfolgreiche Telefon-Company: Die Kosten einer eigenen Entwicklung sind zu hoch. Der von den Japanern beherrschte Halbleiter-Markt erweist sich besonders für die Europäer als Todesfälle.

Die Frage muß indes erlaubt sein, ob IBM der richtige Partner ist. Man hört zwar, auch Big Blue könne nicht mehr auf allen Hochzeiten tanzen, müsse also Allianzen eingehen, um auf Wachstumsfeldern ins Geschäft zu kommen. Doch allen Ernstes wird niemand behaupten können, die IBM sei auf die Hilfe anderer angewiesen. Noch ist das Selbstversorgungsmodell (Fertigungstiefe 100 Prozent) intakt - das macht die Sonderstellung der Armonker aus, die strategische Allianzen gezielt dort eingehen, wo es um eine Verbesserung der eigenen Marktposition geht.

Vor diesem Hintergrund ist die Wang-Allianz zu sehen, ja sogar das Apple-Bündnis: Wer ist denn von wem abhängig? Eine rhetorische Frage, versteht sich. Beklemmend ist nur, wie die Schwäche von den jeweiligen Juniorpartnern in einen vermeintlichen Vorteil ungemünzt wird. Um bei Wang zu bleiben: Was spricht dafür, einen IBM-Rechner von dem VS-Lieferanten zu kaufen? Schwer verständlich auch, was auf einmal an den bisher aus IBM-Sicht unbequemen Macintosh-PCs anders sein sollte. Daß sie sich wie IBM-PCs verhalten? Und diese wie Mac-Apples?

Nachdenkliche IBM-Konkurrenten sehen den Pferdefuß. Für die IBM-Anwender ändert sich nichts, es sei denn, sie beklagten den Verzicht auf Wettbewerb, der mit derartigen Allianzen verbunden ist. Über das Chip-Abkommen zwischen IBM und Intel könnte man, wie gesagt, mit einem ironischen Schlenker hinweggehen...