Notfall 2000/Ansatzpunkte für Notfallpläne

Alles Menschenmögliche tun und mit dem Schlimmsten rechnen

19.02.1999
Von Katrin Jackson Das wahre AusmaSS des Problems 2000 ist nicht genau zu beschreiben. Auch nach den gründlichsten Umstellungsprojekten bleibt ein Rest Unsicherheit. Daher muß, wer vorbereitet sein will, einfach Pläne für eventuelle Notfälle entwickeln.

Nur jetzt nicht den Kopf verlieren! Die Zeit wird knapp für Unternehmen, die sich mit den Jahreszahlenumstellungen Zeit gelassen haben. Wer feststellt, daß er die eine oder andere Arbeit nicht schaffen wird, sollte nicht hektisch reagieren. Wieder einmal ist professionelles Projekt-Management gefragt.

Der Erfolg oder Mißerfolg des Unternehmens kann davon abhängen, wie schnell sich Geschäftsabläufe in Notfällen wieder herstellen lassen. Das folgende Beispiel beleuchtet exemplarisch einige Aspekte der Notfallplanung für ein mittelständisches Unternehmen.

Zuerst gilt es, die möglichen Notfallszenarien zu identifizieren, zum Beispiel den Fall eines kompletten Ausfalls der DV, die Nichtverfügbarkeit der Anbindung einzelner Gebäude oder des zentralen Rechenzentrums. Damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, stellen Kosten-Nutzen-Analysen und eine differenzierte Wahrscheinlichkeitsberechnung nützliche Hilfsmittel dar.

Darauf aufbauend läßt sich dann das weitere Vorgehen konzipieren. Dabei ist es notwendig, in den Fachabteilungen die Informationen abzurufen, welche Applikationen in einem Notfall an welchen Arbeitsplätzen unbedingt zur Verfügung stehen müssen, damit die wichtigsten Geschäftsprozesse weiter funktionieren. Die DV- Abteilung definiert dann, welche IT-Komponenten primär erforderlich sind.

Wenn das Unternehmen mit einem Backup-Partner zusammenarbeitet, sollte für Test- und Notfallzwecke ein Abbild des RZ-Rechners zur Verfügung stehen. Gemäß den Anforderungen der Fachabteilung stehen idealerweise Test- und Notfallnetze mit Jahr-2000-fähigen IT- Komponenten bereit.

Ein Muß zum Jahresschluß 1999 ist die Sicherung des kompletten operativen Datenbestands. Um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, sollte diese Sicherung ins Testnetz eingespielt werden.

Die Kommunikation mit Partnern und ein Funktionieren der Just-in- time-Lieferung ist von existentieller Bedeutung. Um Engpässe in der eigenen Produktion zu umgehen, müssen die beteiligten Partner in die Notfallplanung mit einbezogen werden. Je enger die Partner in der Testphase zusammenarbeiten, um so schneller können sie im Ernstfall reagieren. Gar nicht abwegig ist es, im Zweifelsfall auch die Einbeziehung eines Ersatzlieferanten ins Auge zu fassen.

Die Schnittstelle zu den Kunden zählt zu den vitalen Unternehmensfunktionen und erfordert daher ebenfalls eine Notfallplanung. Um eventuelle Probleme bei Kunden schnell und effektiv bearbeiten zu können, sollte jedes Unternehmen Einrichtungen wie Helpdesk und Infoline unbedingt aufrechterhalten: Besonders von November 1999 bis März 2000 ist erhöhte Bereitschaft gefragt. Die eingehenden Kundenanfragen zu Jahr-2000-Problemen können dort aufgenommen und an den Krisenstab weitergeleitet werden.

Ein solcher Krisenstab sollte sich zur Schadensbegrenzung aus Mitgliedern mit Entscheidungs- und Weisungsbefugnis sowie Prozeßberatern zusammensetzen. Sie koordinieren gemeinsam alle anfallenden Aufgaben und leiten sie an Funktionsteams weiter. Dort sind die fachlich verantwortlichen Systembetreuer für die Behebung des Problems und gegebenenfalls für den Notbetrieb zuständig.

Um schnell auf die Gegebenheiten reagieren zu können, sollten mögliche Störungen und die daraus resultierenden Maßnahmen bereits im Vorfeld durchgespielt sein. Vorgefertigte Checklisten erleichtern ein einheitliches Vorgehen, eine überlegte Reaktion auf eingehende Meldungen. Alle Bereiche, die für die schnelle Beseitigung von Störungen zuständig sind, müssen jetzt an einem Strang ziehen. Das gilt nicht nur für Technik- und Lieferzentren, sondern auch für die entsprechenden Mitarbeiter der Entwicklungsabteilungen.

Vom Notfall 2000 kann auch die Infrastruktur betroffen sein. Maßgebliche Faktoren sind Wasser, Feuer, Strom und Zutrittsmöglichkeiten. Notfälle in diesen Bereichen haben meist weitreichende Folgen, etwa wenn bei einer Klimaanlage Schwitzwasser austritt oder in Kellerräume - die oft Safe-Räume auch für Datenspeicher sind - Grundwasser läuft.

Sind die Feuermelder in allen Rechner- und Büroräumen intakt? Was passiert, wenn der Strom ausfällt? Generell sollten für wichtige Bereiche Notstromversorgungen vorhanden und unterbrechungsfreie Stromversorgungen für zentrale Computersysteme installiert sein. Wenn die Zutrittssicherungen nicht mehr funktionieren, bleibt meistens nur die Möglichkeit, Schutz und Bewachung durch eigenes Personal oder ein Serviceunternehmen durchführen zu lassen.

Welche Notfallszenarien möglich sind, welche Pläne für den Fall des Falles mithin in Frage kommen, hängt stark vom jeweiligen Betrieb ab. Doch kein Unternehmen sollte darauf verzichten, sich für eventuelle Notfälle zu rüsten.

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Das Problem 2000 betrifft weit mehr als die Informationstechnik im engeren Sinne: Zahllose Geräte werden von Mikrochips gesteuert und verarbeiten Datumsrelevante Informationen. Das sind nicht nur die häufig genannten Aufzüge, sondern auch beispielsweise Zugangskontrollen und Produktionssteuerungen. Wie bedeutend professionelles Projekt-Management ist, haben die Mitarbeiter der Jahr-2000-Teams längst erfahren. Eine äußerst wichtige Teilaufgabe steht jetzt an: Vorsorgepläne zu entwickeln, um im Notfall schnell und sicher zu reagieren.

Katrin Jackson ist Mitglied der Task force Year 2000 von Siemens Business Services, München.