Alldata-Chef: "Der Druck auf die interne DV nimmt zu"

25.09.1992

Mit der Auslagerung wird nicht selten eine leidvolle und wenig produktive DV-Ära abgeschlossen. Für modern geführte Konzerne, die mit den Gesetzen der Lean-Production vertraut sind, ist Outsourcing dagegen ein strategischer Schachzug, um sich auf das Kerngeschäft und dessen optimale DV-technische Bewältigung zu konzentrieren. Mit Alldata-Geschäftsführer Michael Krings sprach CW-Redakteur Heinrich Vaske über den Trend.

Das Hirn muß zerlegt werden

Was hat die Gebäudereinigung mit der Datenverarbeitung gemein? Beides sind unternehmensinterne Dienstleistungen, die die Geschäftsziele eines Unternehmens nicht unmittelbar tangieren und daher ausgelagert werden können. Wer die einschlägigen Outsourcing-Informationsveranstaltungen besucht hat, dem wird diese Argumentation nicht fremd sein.

Sie stammt von den DV-Dienstleistern und dient dazu, potentielle Kunden zu ermutigen, endlich betriebswirtschaftliche Maßstäbe an ihre DV anzulegen. Die Dienstleister wissen genau: Sobald die DV im Unternehmen in die Kritik gerät und nicht länger als unkalkulierbarer Kostenblock akzeptiert wird, haben sie beste Chancen ins Geschäft zu kommen. Wenn überall von Lean Production die Rede ist - warum nicht auch im DV-Bereich?

Dennoch ist es nicht so ganz einfach, Anwender für die Idee des Outsourcing zu interessieren. Noch immer wird vielfach die komplette Informationsverarbeitung als "Unternehmenshirn" gesehen. Die Erfolgsformel lautet: Je größer dieses Hirn, desto erfolgreicher läuft das gesamte Geschäft.

Über Jahrzehnte waren findige DV-Hersteller daran interessiert, ihren Kunden zu suggerieren, die gesamte Informationsverarbeitung trage unmittelbar zum Geschäftserfolg des Anwenders bei. Sicher war diese These in einer Zeit, in der erstmals manuelle Verarbeitungsprozesse von Computern übernommen wurden, nicht einmal falsch - wer sich dem DV-Trend widersetzte, verlor schnell seine Wettbewerbsfähigkeit. Heute aber noch immer zu behaupten, die komplette Informationsverarbeitung habe eine strategische Funktion und müsse deshalb im Unternehmen bleiben, ist barer Unsinn.

Information ist ein Wirtschaftsfaktor, der wie alle anderen Faktoren ständig zu optimieren ist. In dem Maße, wie sich Unternehmensstrukturen verändern, muß sich die Informationsverarbeitung anpassen. Wenn dezentrale Unternehmensstrukturen und eine schlanke Produktion Wirklichkeit werden sollen, dann ist eine dezentrale und schlanke Datenverarbeitung - und damit auch die Reduzierung und Auslagerung aufgeblähter zentraler Bereiche - ein Muß. hv

Chaotische Zustände

Das Betreuungs-, Organisations- und Unterstützungsfiasko der Datenverarbeitung macht den Trend zur DV-Auslagerung unaufhaltsam. Trotzdem zögern noch viele Anwender.

CW: DV-Diensleitungen, insbesondere RZ-Services, gibt es schon seit den 60er Jahren. Worin liegt der Unterschied zum Outsourcing, das heute in aller Munde ist?

Krings: Große RZs wie Datev, Fiducia etc. sind ursprünglich für die Verarbeitung von Massendaten im Batch-Betrieb gegründet worden. Das hat sich im Laufe der Zeit drastisch verändert, kein Dienstleistungs-RZ kann heute mit Stapelverarbeitung überleben. Dialoganwendungen sind längst Standard. Beim Outsourcing geht es nicht nur um RZ-Leistungen, sondern um jegliche Funktion aus der gesamten Palette der Informationsverarbeitung, von der Software-Entwicklung über die Schulung bis hin zu Netzwerkdiensten.

CW: Warum gab es dieses Angebot früher nicht?

Krings: Der Bedarf war noch gar nicht da. Nicht nur die RZs sind von der Entwicklung betroffen, sondern der ganze Markt, in dem wir uns bewegen, ist für die Diskussion um Outsourcing relevant. Der Begriff ist neu, aber ich glaube, jeder hat schon einmal einen Spezialisten zu irgendeinem bestimmten Problem ins Haus geholt - sei es, weil Kapazitätsengpässe da waren oder weil man ein Thema nicht komplett abdecken konnte.

Beim Outsourcing geht es um die Auslagerung von betrieblichen Funktionen. Dazu zählt zum Beispiel auch die Wartung der Anwendungen. Im letzten Jahr haben mehrere Unternehmen bei uns angefragt, ob wir nicht ihre Softwarewartung übernehmen wollten, obwohl wir die Programme gar nicht kannten. Die wollten ihr Personal entlasten, damit es Neuanwendungen entwickeln sollte.

CW: Wie ist die Branche in eine Situation gekommen, in der plötzlich Dienstleistungen so gefragt sind?

Krings: Die DV ist komplexer geworden, und die Rolle der Informationsverarbeitung in den Unternehmen hat sich gewandelt. Hohe Kosten und ungelöste Technologiefragen beschäftigen die Verantwortlichen. Soll man den Schwerpunkt im Großrechnerbereich setzen oder auf Unix übergehen? Ist die Installation von Client-Server-Architekturen sinnvoll? Wechsle ich den Hersteller? Die wenigsten Unternehmen haben auf diese drängenden Fragen eine klare Antwort. Die Dinge verändern sich zur Zeit drastisch, der ganze IT-Markt steht vor einem vollständigen Umbruch.

CW: Ist es aus heutiger Sicht nicht unsinnig, daß in den 70er und frühen 80er Jahren jedes mittlere bis größere Unternehmen sein eigenes zentrales Rechenzentrum aufgebaut hat? Preisbewußtsein war immer wichtig - der Markt für Outsourcing war doch schon viel früher reif!

Krings: Sicher hätten wir solche Dienstleistungen schon viel früher anbieten können - da gebe ich Ihnen recht. Es muß aber ein Bedarf, ein Wunsch nach solchen Dienstleistungen da sein - das war nicht der Fall. Der Markt ist ja heute erst im Entstehen, und ich glaube, daß er noch deutlich wachsen wird. Auch der Druck auf die interne DV wird zunehmen.

In der Vergangenheit war die Angst größer, Daten in die Hände eines Dritten zu geben. Man fürchtete, dort könnten geheime Informationen veruntreut werden. Die Situation hat sich heute geändert, es gibt genügend Sicherheitsmechanismen, um die Daten der einzelnen Kunden abzuschotten, und wir haben Klauseln in unseren Verträgen, die dem Kunden ermöglichen zu überprüfen, ob die Vereinbarungen eingehalten werden.

CW: Hat sich die Rolle der DV als Element der Unternehmensstrategie gewandelt?

Krings: Es gibt Anwendungsgebiete, für die die Datenverarbeitung auch heute noch strategische Bedeutung hat. Das trifft zum Beispiel zu, wenn mit DV-Hilfe bestimmte Produkte schneller auf den Markt gebracht werden sollen oder wenn der Informationsfluß zu beschleunigen ist. In anderen Bereichen kann man das mehr als Commodity bezeichnen. Heute sagt man nicht mehr pauschal, die DV hat eine strategische Stellung. Es geht um den Einsatz der DV, der eine strategische Bedeutung haben kann, nie um die DV als solche.

CW: Sie sagten, die DV sei komplexer geworden. Kann es sein, daß Outsourcing deshalb so interessant geworden ist, weil DV-Personal und -Leitung mit den Herausforderungen nicht mehr fertig werden?

Krings: Dazu habe ich eine ganz andere Meinung. Mit den Möglichkeiten, die der DV-Leiter in der Vergangenheit gehabt hat, könnte er die Problemstellungen des heutigen Marktes gar nicht mehr lösen. Umgekehrt konnte der DV-Leiter früher nicht auf Outsourcing zurückgreifen, weil es kein entsprechendes Angebot gab. Welche Chance hat er denn überhaupt? Er muß einerseits die neuen technologischen Entwicklungen erkennen und bei Bedarf auch noch mit seinem Budget finanzieren, andererseits soll er sich um seine bisherigen Investitionen kümmern. Er zahlt für Lizenzen, und die Kosten steigen permanent. Darauf hat er überhaupt keinen Einfluß.

Daß der Outsourcing-Bedarf zunimmt, ist nicht auf Probleme der DV-Leiter zurückzuführen, es liegt an den neuen technologischen Möglichkeiten, die es gibt. Durch die hohe Spezialisierung und die Größenvorteile der Dienstleister bieten sich heute Chancen, die ein DV-Leiter in einem durchschnittlichen Unternehmen niemals hatte. Dienstleister nutzen die Skaleneffekte, sie können wirtschaftlicher einkaufen und mit Lieferanten und Herstellern anders umgehen, als es ein mittelständischer Betrieb kann. Der DV-Leiter ist heute dafür da, mit Hilfe der georderten oder selbst erbrachten DV-Leistung unternehmerische Ziele zu erreichen. Insofern gefällt mir der Begriff Informations-Manager gut.

CW: Sie werden mir aber zustimmen, daß Geschäftsführungen auf ihre DV-Abteilungen Druck ausüben, weil sie mit der erbrachten Leistung im Verhältnis zu den verursachten Kosten nicht zufrieden sind.

Krings: Das ist sicherlich der Fall. Man muß das aber differenzierter sehen. Den DV-Leiter gibt es ja sowieso nicht. Sicher gibt es Verantwortliche, die große Schwierigkeiten haben, eine Veränderung ihres Berufsbildes zu akzeptieren. Andererseits stellen sehr moderne DV-Leiter heute das Management in den Vordergrund. Diese Leute sind offener, sie beschäftigen sich mit dem Thema Outsourcing.

CW: Gezwungenermaßen...

Krings: Kann sein, das will ich nicht ausschließen. Der Impuls kommt sicher von der Unternehmensführung, aber auch vom Markt. Wenn irgendein Mitbewerber einigermaßen erfolgreich ausgelagert hat, dann wird darüber in der Branche natürlich geredet. Dadurch entsteht auch Druck.

CW: Wie funktioniert ihre Zusammenarbeit mit den DV-Abteilungen beim Kunden?

Krings: Man muß die Funktion eines DV-Leiters oder Informations-Managers auf jeden Fall im Unternehmen belassen. Über den DV-Einsatz beim Anwender kann kein Externer entscheiden. Seine Aufgabe besteht darin, Vorschläge zu machen, Kostenvoranschläge zu erstellen und zu beraten. Die eigentlichen Entscheidungen, was getan werden muß, wie die Kooperation mit den Fachabteilungen ablaufen soll, sind im Unternehmen zu fällen. Der Berater entscheidet auch bei der Auswahl des Outsourcers mit - das will sorgfältig erledigt sein, schließlich muß man auf längere Zeit mit ihm zusammenarbeiten.

CW:... und das auf Gedeih und Verderb. Sind die Kunden nicht zu abhängig, um sich überhaupt wieder am den Fängen eines Dienstleisters zu befreien?

Krings: Das glaube ich nicht. Heute sind die Unternehmen von ihren DV-Abteilungen ebenso abhängig, wie sie es von einem externen Anbieter wären. Warum beschwert sich denn ein Controller, warum beschwert sich denn eine Unternehmensleitung? Weil die Veränderungswünsche mit der internen Datenverarbeitung nicht so umzusetzen sind, wie sie sich das vorstellen. Natürlich ist das Thema Abhängigkeit aktuell, nur: Je größer der Markt und je standardisierter das Angebot wird, desto besser ist die Chance, den Anbieter auszutauschen. Warum soll man die RZ-Anwendungen nicht in derselben Betriebssystem-Umgebung eines anderen Anbieters laufen lassen?

Wenn der Kunde in der Anwendungsentwicklung einigermaßen sauber gearbeitet hat, wenn er also nicht irgendwelche alten Assembler-Routinen einsetzt, die nur unter einem veralteten CICS-Release laufen, dann ist ein Wechsel nicht so kompliziert. Wer exotische Anwendungen benutzt, die auf ein ebenso exotisches Betriebssystem angewiesen sind, mit dem wird ohnehin kein Anbieter ins Geschäft kommen wollen.

CW: Beim Thema Abhängigkeit geht es doch in erster Linie um die Sicherstellung einer größtmöglichen Verfügbarkeit der Daten. Der Kunde muß rechtzeitig an die von ihm benötigten Informationen kommen. Ist das Risiko, sich auf einen Dritten zu verlassen, nicht viel zu groß?

Krings: Diese Dinge können Sie vertraglich festschreiben und sogar mit Vertragsstrafen absichern. Wir haben genügend Kunden, die da äußerst harte Forderungen gestellt haben. In den Outsourcing-Verhandlungen taucht auch schon mal die Frage auf, ob sich der Verhandlungspartner an uns beteiligen kann.

CW: Die Nichteinhaltung eines Vertrages kann für ein Unternehmen aber Folgen haben, die mit einer Strafe nicht wieder aufzufangen sind. Es ist bekannt, wie gravierend sich der Ausfall von Teilen oder von der kompletten DV auf manche Branchen auswirkt.

Krings: Sie müssen überlegen, was die Ursachen dafür sind. Technische Schwierigkeiten? Die kann der Kunde in seiner eigenen DV ebenso haben. Finanzielle Schwierigkeiten des Anbieters? Es gibt ein paar Rahmenbedingungen, die bei der Auswahl eines Dienstleisters zu beachten sind, dazu zählt zweifellos dessen Finanzkraft. Der Anbieter muß Durststrecken überwinden können, er benötigt eine angemessene Eigenkapitaldecke. Außerdem sollte er eine gewisse Größe haben, und auch die gesamte Kundenstruktur ist zu beachten.

CW: Ist der Eindruck richtig, daß Unternehmen, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken und zu Einsparungen gezwungen sind, eher auslagern und dabei möglicherweise auch bis in strategisch wichtige Bereiche hineingehen?

Krings: Sagen wir mal, dort, wo sich Unternehmen mehr auf ihr Kerngeschäft konzentrieren möchten und ihre knappen Unternehmensressourcen - meinetwegen auch Finanzmittel - in etwas anderes stecken möchten als in Informationssysteme, da stimme ich Ihnen zu. Ich würde aber nicht generell sagen, Unternehmen, die in Schwierigkeiten sind, gehen eher zu einem Outsourcer.

Die Frage ist: Was sind häufige Anlässe für die Auslagerung? Ein Anlaß kann zum Beispiel sein, daß ein Unternehmen in Informationssysteme investieren müßte, weil die existierenden Anwendungen den neuen Anforderungen nicht mehr genügen. Dazu müßten neben dem Invest in die Software-Entwicklung häufig für viel Geld größere Rechner oder auch dezentrale Rechnerkomponenten angeschafft werden.

Ein anderes Beispiel ist das Thema Unix. Wenn ich im klassischen Mainframe-Bereich arbeite, mich aber wegen bestimmter Themenstellungen mehr in Richtung Unix orientieren will, dann stellt sich die Frage: Baue ich mir eine eigene Infrastruktur auf, ob das den Skill angeht oder die gesamte Rechnerstruktur, oder gebe ich das - zumindest temporär - an einen Dritten ab. Es gibt also auch Anlässe für Outsourcing, die mit Bankrotterklärungen oder Problemen des Unternehmens nichts zu tun haben.

CW: Gründe der Kostenkontrolle und der Einsparung spielen aber doch wohl eine dominierende Rolle bei der Outsourcing-Entscheidung?

Krings: Ich sehe natürlich das Kostenargument, und ich glaube auch, daß jeder Kunde das Recht hat, von seinem Anbieter bestimmte Einsparungen zu, erwarten. Wir beziffern diese im Zweifelsfall sogar. Wir machen unser Angebot und übernehmen die Kosten, aber dann hängt es vom Kunden ab, ob er seine existierende DV 1:1 von uns erledigt haben möchte oder ob er mehr will. Im Grunde bieten wir ihm dieselbe oder eine bessere Leistung zu einem günstigeren Preis.

Wichtiger aber ist der Aspekt Lean Production. In der ganzen Branche und in der Industrie überhaupt sind Lean Management und Lean Organisation in der Diskussion. Hier wird ausgedrückt: Konzentriere dich auf dein eigentliches Kerngeschäft, gib die Bereiche aus der ganzen Leistungserstellungs-Kette, die für dich nicht so wichtig sind, ab, beziehe die Lieferanten stärker in das gesamte Unternehmensspektrum ein. Outsourcing unterstützt dieses moderne Wirtschaftskonzept.

CW: In Deutschland gibt es die beiden Großanbieter Debis und EDS - beide sind noch nicht so gut im Geschäft, wie sie gerne wären. Wie kann ein mittelständisches Unternehmen wie Alldata gegen solche Riesen bestehen?

Krings: Wir müssen uns ebenfalls vergrößern, das ist auch unsere Strategie. Auch durch Beteiligungen - daraus haben wir nie einen Hehl gemacht. Wir haben gerade drei Datenverarbeitungs-Zentren in den neuen Bundesländern erworben und glauben, daß dort die Outsourcing-Bereitschaft deutlich größer ist als in der alten Bundesrepublik. Wir müssen wachsen und unser Kapital entsprechend steigern. Wir rechnen uns Chancen gegen die Großen aus, weil wir eine andere, stark branchenbezogene Kundenklientel haben. Unser Kunde ist nicht zwangsläufig auch ein Kunde, der für die großen Anbieter in Frage käme.

CW: Sie wollen demnach gar nicht unbedingt mit den Großen in Wettbewerb treten?

Krings: So will ich das nicht formulieren. Es geht hier vor allem um das Branchen-Know-how. Ein Chemiekonzern oder ein Automobilkonzern, die würden nicht zu Alldata kommen. Wir haben weder die nötige Branchenerfahrung noch die Größe, die entsprechenden RZ-Kapazitäten.

Man muß für seine Zielgruppe alles bieten können und hier besser sein als die großen Wettbewerber.

CW: Bisher ist das, was sich gerade die großen Anbieter von diesem Markt versprochen haben, nicht eingetreten.

Krings: Da stimme ich Ihnen zu.

CW: Ist denn das Marktpotential wirklich da?

Krings: In Amerika ist der Markt eindeutig vorhanden, er ist schlichtweg riesig. In Deutschland beginnt das Ganze sehr zögerlich - das ist einfach so. Daß hier ein Markt entsteht, ist aber für mich zweifelsfrei, das sehen Sie an den zunehmenden Diskussionen und an dem Interesse, das zum Beispiel Banken und Versicherungen bekunden.

CW: Welche Rolle werden die großen Hardware- und Software-Anbieter im Outsourcing-Markt spielen?

Krings: Die haben langfristig keine andere Chance, als in diesen Markt hineinzugehen. Aber es wird nicht einfach werden. Ich halte die Hersteller, die den Umschwung zu einem Systemintegrator hinkriegen, für die zukünftig größten Konkurrenten.

CW: Haben Sie Schwierigkeiten mit diesen Herstellern, wenn Sie mit einer Softwarelizenz oder einem Rechner eine weitaus größere Anzahl vom Kunden abfertigen als sonst üblich?

Krings: Wir arbeiten primär mit IBM als Hersteller und mit einigen Softwarehäusern. Mit den Anbietern haben wir bisher nicht solche Probleme gehabt wie etwa EDS damals mit Computer Associates (siehe CW Nr.4 vom 24. Januar 1992, Seite 1: "EDS Corp. reibt sich...").

CW: Gehen Sie davon aus, daß die Hersteller ihre Lizenzierungspraktiken ändern werden?

Krings: Das ist nicht auszuschließen.

CW: Wo wird, abgesehen von den Softwarelizenz- und den Hardwarekosten, durch Outsourcing noch gespart?

Krings: Beim gesamten Kostenspektrum, das mit der DV zusammenhängt, wird gekürzt. Der Kunde kriegt dafür natürlich andere Kosten - die Dienstleistungskosten. Aber die Personalkosten aus dem DV-Bereich fallen weg, ebenso die Hardware- und die Softwarekosten. Wenn Sie ihre DV ausgelagert haben, dann haben Sie diesen Kostenblock nicht mehr. Dafür haben Sie einen anderen, der nach unserer Einschätzung geringer sein sollte.

CW: Wenn der Outsourcing-Trend richtig in die Gänge kommt - und nach der Entwicklung in den USA zu urteilen, ist das anzunehmen - dann wird demnach die Arbeitslosigkeit beim DV-Personal zunehmen?

Krings: Zwangsweise. Es macht ja keinen Sinn, im Unternehmen Personal für Dinge vorzuhalten, die an einen externen Dritten übertragen wurden. Deswegen wird ja schon jetzt immer die Anforderung an uns gestellt, die Mitarbeiter zu übernehmen.

CW: Outsourcing ist noch jung, bei der Vertragsgestaltung herrscht große Unsicherheit. Läßt sich ein Vertrag so ausarbeiten, daß alle Bereiche abgesichert sind?

Krings: Jeder Outsourcing-Anbieter hat Standardverträge. Da sind zum Beispiel Regelungen über Verfügbarkeit, Performance etc. festgelegt, aber ebenso Konventionalstrafen für die Nichterfüllung der Verträge sowie die Verfahrensweise bei Vertragsende. Wir gehen bei alledem auf Kundenwünsche ein, legen also Wert auf eine individuelle Vertragsgestaltung.

Mir ist unbekannt, ob es am Markt Rechtsanwälte gibt, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben. Es gibt aber viele Kongresse und Veranstaltungen, wo Anbieter sich und ihr Leistungsspektrum vorstellen.