Früherer Vorstandschef Landsberg verläßt das Unternehmen

Alcatel SEL muß 1996 als weiteres Krisenjahr verbuchen

31.01.1997

"1997 wird unser Schicksalsjahr. Die Rückkehr in die Gewinnzone ist absolute Pflicht." Mit dieser Botschaft hat sich der Vorstandsvorsitzende der Alcatel SEL AG, Roland Mecklinger, vor kurzem in einem Brief an alle Mitarbeiter des Konzerns gewandt. Noch ein tiefrotes Geschäftsjahr könne sich, so der Chef der deutschen Alcatel-Dependance, das Unternehmen nach drei Jahren mit Verlusten im hohen dreistelligen Millionenbereich nicht mehr leisten, "ohne unsere wirtschaftliche Basis in Frage zu stellen".

Mecklinger zog damit, wie Insider mutmaßen, nach dem überraschend schlechten Verlauf des Geschäftsjahres 1996 öffentlich die Notbremse. Schon vor rund einer Woche hatte er gegenüber diversen Zeitungen, darunter auch dem "Handelsblatt", betont, die französische Mutter sei nicht länger gewillt, stets tief in die Tasche zu greifen, um die Verluste in Stuttgart auszugleichen. Obwohl die Umsatztalfahrt nach den Worten Mecklingers 1996 mit einem Zuwachs um rund fünf Prozent (Umsatz 1995: 4,5 Milliarden Mark) gestoppt wurde, dürfte das operative Ergebnis inoffiziellen Schätzungen zufolge nur geringfügig besser ausfallen als im vorangegangenen Jahr.

Seinerzeit hatte Alcatel SEL ein Minus von 324 Millionen Mark ausgewiesen. 1996 sollte nach den damaligen Angaben die Ertragslage verbessert werden, wenngleich die Stuttgarter kein Ergebnisziel nannten. Die Resultate im ersten Halbjahr 1996 schienen eine Wende zum Besseren auch zu bestätigen, als der Verlust im Vergleich zum Vorjahr um 54 Prozent auf 130 Millionen Mark zurückging. Darin einkalkuliert sind bereits Aufwendungen von 553 Millionen Mark für den geplanten Abbau weiterer 3000 Stellen.

In der zweiten Jahreshälfte 1996 hat sich die Ertragslage indes offenbar wieder dramatisch verschlechtert. Mit entscheidend dafür dürfte, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" spekuliert, die Tatsache sein, daß der seit dem 1. August 1996 amtierende Mecklinger bei der Durchforstung des Unternehmens einige "Leichen im Keller" gefunden hat. Dabei soll es sich vor allem um Lagerbestände der Sparte Bahnsteuerung handeln, deren Wertansätze korrigiert werden mußten.

Der unter anderem auch für diesen Bereich zuständige stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Vorgänger Mecklingers als Chef von Alcatel SEL, Peter Landsberg, wird indes das Unternehmen Ende Februar in gegenseitigem Einvernehmen verlassen. Einen weiteren Kommentar zum Ausscheiden Landsbergs lehnte ein Alcatel-Sprecher ab. Auch zum voraussichtlichen Ergebnis 1996 wollte man in Stuttgart aus Rücksicht auf die Muttergesellschaft keine Stellungnahme abgeben.