Aktuelles DV-Know-how beeinflusst stark die Arbeitssuche 1993 gab es die wenigsten Jobs, aber auch die meisten Bewerber

02.09.1994

FRANKFURT/M. (CW) - Die magerste Bilanz der letzten zehn Jahre wies die Zentralstelle fuer Arbeitsvermittlung (ZAV) fuer das vergangene Jahr auf. Die Zahl der offenen Stellen fuer DV-Experten erreichte mit 246 ihren absoluten Tiefpunkt. Auf diese wenigen Jobs bewarben sich - auch dies ein Rekord - 4329 Kandidaten.

Der Stellenrueckgang war nach Beobachtungen der Frankfurter Berater in allen DV-Berufen festzustellen. Mit nur knapp drei Prozent weniger Stellen als im Vorjahr fiel der Rueckgang bei den Informatikern noch am moderatesten aus.

Allerdings sei deutlich zu erkennen, dass die Unternehmen nicht den reinen Informatiker suchten, sondern Zusatzkenntnisse vor allem im kaufmaennisch-betriebswirtschaftlichen, vereinzelt auch im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich verlangten. Gefragt sind demnach Experten mit Anwendungserfahrung.

Die ZAV beobachtete auch eine Strukturveraenderung: So sei der Arbeitsmarkt nicht mehr so stark durch Absolventen von DV- Bildungsmassnahmen gepraegt, sondern viel eher durch den Stellenabbau bei DV-Herstellern und Anwendern bestimmt.

Diesen Trend bestaetigt auch Jutta Rost von der Personalabteilung der INA Schaeffler KG, Herzogenaurach, einem fuehrenden Hersteller von Waelzlagern. Sie glaubt aufgrund der zahlreichen Bewerbungen, die sie auf eine Stellenanzeige erhielt, dass es genuegend gute Leute im Markt gebe, "selbst mit Kenntnissen ueber Objektorientierung".

Nicht ganz so optimistisch beurteilt Juergen Tyka von der Hella KG in Lippstadt die Kenntnisse der Bewerber. Auf der Suche nach berufserfahrenen Programmierern fuer Client-Server-Anwendungen wurde der Kfz-Zulieferer noch nicht richtig fuendig. "Die scheint es noch nicht zu geben", meint Tyka resigniert und will jetzt einen Kompromisskandidaten einstellen, der zwar PC-, LAN- und MVS- Know-how, aber keine ausreichende Erfahrung besitzt.

Durch die Einfuehrung neuer Systeme bestehe ein hoher Schulungs- und Beratungsbedarf, glauben die Frankfurter Arbeitsmarktexperten. Die Schwerpunkte der Fortbildung liegen auf dem Gebiet der Systemprogrammierung einzelner Betriebssysteme wie Unix oder Anwenderprogramme wie SAP, aber auch im Bereich der vernetzten Systeme.

Hella-Personalfachmann Tyka weiss aber, dass Arbeitgeber die im Moment angebotenen Arbeitsamt-Schulungsmassnahmen von ein paar wenigen Wochen etwa zum SAP-Programmierer oder Netzexperten kaum honorieren, wenn die Berufserfahrung fehlt.