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Aktionäre drohen Infineon mit Klage

11.01.2006
Dem Chipkonzern Infineon droht wegen der geplanten Zerschlagung des Unternehmens ein Rechtsstreit mit den Aktionären. Das Unternehmen plane, die Hauptversammlung am 16. Februar nicht über die strategische Neuausrichtung abstimmen zu lassen. Dieser Plan stoße auf massiven Widerstand von Aktionärsschützern. Sie wollten notfalls per Gericht erzwingen, dass der Chipkonzern für die Abspaltung des Speichergeschäfts auch die Zustimmung der Generalversammlung einhole, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Der Streit bringt Infineon in eine prekäre Situation, wie es hieß. Denn die Rechtslage sei nach Einschätzung von Experten nicht eindeutig. Damit könnte es Ansatzpunkte für eine Anfechtung der Zerschlagungspläne geben, verlaute aus Unternehmenskreisen.

DSW: Vorgehen von Infineon ist bedenklich

"Das Vorgehen von Infineon ist bedenklich", sagte die Sprecherin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Daniela Bergdolt, der Zeitung. Eine so wichtige Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens dürften Vorstand und Aufsichtsrat nicht über die Köpfe der Aktionäre hinweg entscheiden. "Die DSW prüft rechtliche Schritte", erklärte Bergdolt. "Wir werden das Thema auf der Hauptversammlung in die Diskussion einbringen." Es sei möglich, dass die DSW sich für eine Klage entscheide, um das Management zum Einlenken zu bewegen.

Auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) übte Kritik. "Infineon verstößt gegen die Interessen seiner Eigentümer", sagte SdK-Vorstand Willi Bender der Zeitung. Im Auftrag der SdK prüfe ein Rechtsanwalt rechtliche Schritte gegen den Konzern. Wegen der Gefahr der Anfechtung sei das Vorgehen in jedem Fall fragwürdig.

Infineon verteidigt sich

Infineon verteidigte die Haltung am Dienstag, wie es hieß. Vorstand und Aufsichtsrat hätten eine Anwaltskanzlei mit der Prüfung der Frage beauftragt. Sie sei zum Schluss gekommen, dass der Konzern nicht verpflichtet sei, die Abspaltung förmlich von der Hauptversammlung genehmigen zu lassen, habe ein Sprecher gesagt. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht", wird er zitiert. Der Konzern wolle mit seinem Vorgehen verhindern, dass formale Winkelzüge gegen einen Hauptversammlungsbeschluss den Prozess der Ausgliederung aufhalten könnten.

Experten sehen dagegen nach den Angaben keine eindeutige Rechtsposition. Die Frage, ab welcher Größenordnung der Abspaltung Aktionäre zustimmen müssen, ist nach wie vor umstritten. Bislang wurden Schwellen zwischen zehn und 80 Prozent des operativen Geschäfts diskutiert. Die Speichersparte von Infineon liegt bei einem Umsatzanteil von rund 40 Prozent.

Professor Andreas Cahn vom Institut für Recht und Finanzen (ILF) der Goethe-Universität Frankfurt sehe zwar eine starke Tendenz in der deutschen Rechtsprechung, die Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Umstrukturierungen auf Ausnahmefälle zu begrenzen. Selbst die jüngsten Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) ließen aber für den Fall Infineon keine eindeutigen Rückschlüsse zu. "Wo die Grenze zu ziehen ist, ist noch immer nicht abschließend geklärt", wird Cahn zitiert. (dpa)