Ah wie Adam, Oh wie Osborne

05.08.1983

Eigentlich ist alles gesagt, daß die IBM im zweiten Quartal 1983 einen Rekordgewinn erzielen würde, konnte man an zehn Fingern abzählen. Die selbstverordnete Streamlining-Kur - Steigerung der Mitarbeiterproduktivität - begann Wirkung zu zeigen. Aus Mangel an direkter Konkurrenz kann der Marktführer heute quasi blind bestimmen, wieviel Profit er bei welchem Umsatz machen will: Moderne Goldgräberzeiten. Der Tramp, von Big Blue als Messageträger für die PC-Werbung gewählt, bekommt geradezu Symbolcharakter - Figur aus einem amerikanischen Traum, Zeichen des Erfolges. Zur selben Zeit gerät Adam Osbornes junge Mikrocomputer-Company in Wachstumsschwierigkeiten. Ist der Traum des ehemaligen Branchen-Revoluzzers bereits ausgeträumt?

AO hat eine Lektion zur Standortbestimmung im Computermarkt erhalten, die der IBM niemals aufgegeben wurde. Man tut dem Mainframe-Giganten freilich Unrecht, wenn man ihm seine Größe vorhält und ihn als Innovationsverhinderer abstempelt. Sicherlich besteht ein Zusammenhang zwischen Marktmacht und Moneten. Die Rechnung ist beeindruckend einfach: In dieser technologisch schnellebigen Branche kann es sich allein IBM leisten, ohne schlechtes Gewissen Auslaufmodelle zu verkaufen - mit Gewinn natürlich. Der für die Firmenbilanz überaus bekömmliche Verkauf von Systemen, die nicht mehr dem "State of the Art" entsprechen, ermöglicht es dem Elektronik-Elefanten, so paradox das klingt, Akzente gerade auf dem Technologiesektor zu setzen. Denn daß die Armonker auch in diesem Bereich führend sein können, steht außer Frage. Hier - bei Mother Blue - schieres Marketing; dort - bei den Osbornes - Innovationskraft: So verläuft die Front nicht.

Die Kleinen sind sich oft selbst im Wege. So war die Entwicklung bei Osborne vorhersehbar. Als der dynamische Computerfreak 1981 den tragbaren "Osborne 1" herausbrachte, konnte er auf den "Industry-first"-Effekt setzen: Es gab nichts Vergleichbares auf dem Markt. Der Portable eroberte sich denn auch 1982 schnell einen vorderen Platz in den Computer-Hitlisten. AO wurde zum Guru einer neuen Anwendergeneration.

Wenn Osborne heute sagt, der "Eins"-Nachfolger, das Modell "Executive", sei zu früh angekündigt worden, dann nimmt man ihm dieses kleine Pokerspiel nicht krumm. Gewiß, der "Erste" wurde durch das Announcement schlagartig abgewertet - einen Treue-Bonus gibt es in der Non-IBM-Welt nicht. Aber die Konkurrenz hatte den "Pionier der Portables" mittlerweile überrundet.

Die Produktschwäche wäre jedoch heilbar gewesen durch Innovation, die einen neuen Weltmeister hätte aus dem Hut zaubern können. Der "Executive" brachte die erhoffte Mehrleistung Indes nicht. Im Gegenteil: Allzu offensichtlich wurde hier versucht, mit kosmetischen Tricks Verbesserungen für den Anwender vorzutäuschen. Osborne selbst, als Fachautor einst Hofnarr der Mikro-Community, wird das kaum anders sehen - und entsprechend reagieren. Mit Blick auf die Wettbewerbssituation sollte ihm eine positive Antwort einfallen

Bedarf gibt es noch genug.

Aus der Sicht des Marktbeobachters fällt es schwer, nicht Partei zu ergreifen. Die kritische Sympathie gehört den Osbornes, die letztlich doch die Innovation vorantreiben. Sympathie gehört folgerichtig auch jenen Anwendern, die mit ihren Aufträgen die Osbornes leben lassen. Gesundheit braucht man der IBM nicht zu wünschen.