Wachstum mit Unternehmenskunden

Adobe drängt es zum Server

05.12.2003
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Systemsoftwareanbieter Adobe Systems ("Acrobat") hat das EnterpriseGeschäft ins Visier genommen. Die Company versteht sich als Lieferant einer Dokumentenplattform, auf deren Grundlage Partner die passenden Anwendungen entwickeln.

Gilette ist groß geworden, indem das Unternehmen Rasierer verschenkte und die passenden Klingen verkaufte. Ähnlich Hewlett-Packard - der Konzern bietet günstige Drucker an und finanziert sich über die Nachfrage nach Tintenpatronen. Adobe hingegen ist den umgekehrten Weg gegangen: "Mit dem 'Reader' haben wir die Klingen verschenkt, nun verkaufen wir die Rasierer dazu", sagt Pierre van Beneden, Vice President der kalifornischen Softwerker in der Region Emea (Europa, Naher Osten und Afrika).

Der Erfolg gibt auch dieser Strategie Recht, schließlich pendelt die Company mit einer Marktkapitalisierung von gut neun Milliarden Dollar um den zehnten Platz der weltweit größten Softwareunternehmen. Hinzu kommt der vor allem durch den weit verbreiteten Reader bekannte Markenname. Das Tool sei inzwischen mehr als 500 Millionen Mal geladen worden, berichtet van Beneden: "Andere Unternehmen werden Jahre brauchen, um dies zu knacken." Der Reader ist mittlerweile Standard auf vielen Rechnern, nun sollen ihm die Bezahlprogramme folgen.

Sonderlich aufregend ist der Geschäftsverlauf von Adobe nicht gewesen, dafür setzen die Kalifornier zu sehr auf die Strategie der ruhigen Hand. Ausschläge nach oben durch spektakuläre Übernahmen hat es nicht gegeben, im Gegenzug fiel der Abschwung im Rahmen der Branchenkrise nur moderat aus. Jedoch kamen auch die Softwerker nicht ohne Blessuren und Entlassungen durch die vergangenen Jahre, schrumpfende Umsätze und Gewinne prägten zuletzt die Bilanzen. Dabei schaffte es Adobe immerhin, im vergangenen Geschäftsjahr (Ende: 29. November 2002) einen Nettogewinn von 191 Millionen Dollar auszuweisen (siehe Grafik ).

Im dritten Fiskalquartal (Ende: 29. August) setzten die Kalifornier 312,6 Millionen Dollar um und erwirtschafteten dabei einen Nettoprofit von 64,5 Millionen Dollar. Mittlerweile summieren sich Adobes Barbestände und kurzfristig verfügbare Mittel auf 852 Millionen Dollar. Damit ließen sich zwar viele Firmen kaufen, sagt van Beneden, "aber das ist nicht der Punkt." Interesse bestehe nur an erstklassigen Entwicklern und Technologien, nicht jedoch an anorganischem Umsatzwachstum: "Unsere Strategie bleibt unverändert."

Damit es aus eigener Kraft wieder nach oben geht, hat Adobe im Sommer den französischen Manager angestellt, um das Unternehmensgeschäft in Europa anzukurbeln. Das Ziel des Softwareanbieters sei es laut van Beneden, eine umfassende Server-Plattform für die Formular- und Dokumentenverwaltung in Firmen oder Behörden zu errichten: "Dort wollen wir hin." Rund drei Jahre sind dafür veranschlagt, ein weiterer Schritt erfolgte unlängst mit der Vorstellung des neuen "Adobe Elements Server", mit dem sich PDF-Dokumente zentral erzeugen und verwalten lassen.

Bedarf sieht der Manager bei vielen Unternehmen, in denen noch heute das Papier ein unverzichtbares Medium darstellt. "Unsere Software", sagt van Beneden, "bildet die elektronische Verbindung von den Backend-Systemen der 90er Jahre zu den Nutzern." Dies gelte für Anwender innerhalb sowie außerhalb der Unternehmensgrenzen. Das gesamte Marktvolumen schätzt er in fünf Jahren auf rund zehn Milliarden Dollar ein: "Wenn wir uns nur 20 Prozent davon sichern, wird sich das Profil von Adobe deutlich verändern."