International Computer Symposium (ICS) in Nürnberg:

ACM lnformatik-Tagung will sich regenerieren

04.02.1983

Nicht nur Stilwandel. sondern konzeptionelle Veränderung hat sich das traditionsreiche. aber auch -belastete International Computing Symposium (ICS) 83 als Regenerationskur verschrieben. Das betont Professor Dr. Hartmut Wedekind. der sich im folgenden zum Programm der jährlich stattfindenden Tagung äußert. Das German Capter of the ACM veranstaltet das ICS Dieses Jahr vom 22. bis 24. Marz in Nürnberg.

Das Generalthema lautet: "Practical Experiences in and Methodologies of Application Systems Development". Von vornherein war man sich einig, daß nur eine Tagung mit dem Schwergewicht auf Anwendungen in Frage kommt und daß eine Konferenz mit einer bloß theoretischen Ausrichtung wegen ihrer eingeschränkten, akademischen Zielgruppe ausgeschlossen werden muß.

Die Diagnose der letzten Veranstaltungen ergab, daß Degenerationserscheinungen eingetreten waren, die andere Veranstalter universeller Tagungen auch empfindlich stören. Die Frage nach der Wiedergewinnung der Attraktivität bei Beibehaltung der anwendungsorieritierten Grundlagenschwerpunkte konnte nur so beantwortet werden, daß im Mittelpunkt der Tagung die Überblicksreferate von solchen erstklassigen, international bekannten Fachleuten zu stehen haben, die auch vortragen können. Denn es ist nicht so, daß ein Hochschulabsolvent der Informatik oder ein erfahrener DV-Praktiker zum Beispiel über den Aufbau von Datenbanksystemen oder die Architektur von verteilten Systemen im allgemeinen ausreichende Kenntnisse besitzt, um die speziellen Anforderungen seiner beruflichen Umgebung richtig einordnen zu können. Eine-Tagung mit einem allgemeinen Grundlagenthema hat immer noch ihre Modernität, wenn hohe Qualität verbürgt ist. Für das ICS 83 in Nürnberg konnten wir die folgenden Fachleute für Grundlagenreferate gewinnen:

Jim Gray (Tandem Computers, USA). Er spricht über "Distributed Data Management Systems". Gray war zu seiner IBM-Zeit an der Entwicklung des System R beteiligt. Er wird am Vortage (also am 21. März 83) ein eintägiges Seminar abhalten, um Teilnehmer, die sich von Grund auf informieren wollen, in eine Problemstellung der Tagung einzuführen.

Theo Härder (Universität Kaiserslautern). Er spricht über "Concepts for implementing a centralized Database Management System". Härder war ebenfalls an der Entwicklung des System R beteiligt.

Sabine Rohlfs (InterFace Consulting Ltd., Kanada) hält ein Referat über "Office Communications". Die Referentin verfügt über viel Erfahrung auf diesem Gebiet.

Niklaus Wirth (ETH Zürich). Er referiert über "The Personal Computer Lilith". Peter Freeman (University of California Irvine). Er spricht über: "Software Engineering: Strategy for Technology Transfer. Freeman ist auch in Deutschland ein bekannter Fachmann für das Software-Engineering. Wie Gray hält er zur Einführung ein eintägiges Seminar mit dem Thema: "Building a Software Development Environment".

Auch das Angebot von Seminaren, die nicht urmittelbar zum ICS 83 gehören, jedoch diese Tagung aufbauen sollen, ist ein neuartiger Ansatz, das Symposium für viele Teilnehmer attraktiv zu machen. Neben diesen Fachreferaten werden noch Mr. Brandin, Präsident der ACM, Herr Hünke von der Europäischen Gemeinschaft, sowie Mr. Bock vom CERN in Genf eingeladene Vorträge übernehmen. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Hersteller von Softwarewerkzeugen zur Präsentation ihrer Produkte einzuladen.

Informationen: Prof. Dr. Hartmut Wedekind, Uni Erlangen Nürnberg, Fachinformatik,

Erlangen, Tel.: O 91 31/85 78 92

Allgemeine Grundlagen ausreichend erforscht?

Es wird immer schwerer, viele gute Vorträge mit einer breiten Resonanz im fachkundigen Publikum auf Fachtagungen mit einem allgemeinen Thema zu präsentieren. Die nationalen Computergesellschaften wie unsere Gesellschaft für Informatik und auch die Internationalen Vereinigungen wie die IFIP oder die ECI können sich seit längerer Zeit schon nicht mehr eines begeisternden Zuspruchs erfreuen. wenn ein umfassendes Generalthema zur Debatte steht. Ganz anders ist die Situation, wenn Workshops, Seminare oder Konferenzen mit einem Spezialthema angeboten wurden. Erstaunlich ist die Beobachtung, daß häufig Veranstaltungen mit spezieller Thematik mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Tagungen mit universelleren Themenstellungen. Woran liegt das? Eine Antwort auf diese Frage könnte die Einschätzung sein, daß die allgemeinen Grundlagen des Faches ausreichend erforscht und bekannt sind, so daß breiter angelegte Darbietungen nur Langeweile erzeugen.