Flexibilität im Softwareangebot

Achim Berg, Microsoft: "SaaS ist zu kurz gesprungen"

28.02.2008
Was Microsoft unter Software-Services versteht, warum Utility-Computing kein Trend wird und wie das jüngste Bekenntnis zu mehr Offenheit zu werten ist, erklärt Microsofts Deutschland-Geschäftsführer Achim Berg im Gespräch mit den CW-Redakteuren Christoph Witte und Martin Bayer.

CW: Es wird immer wieder diskutiert, welche Rolle der deutsche Markt für US-amerikanische IT-Konzerne spielt. Welchen Einfluss hat der Microsoft-Statthalter in Deutschland auf seinen lokalen Markt?

BERG: Microsoft ist ein Unternehmen, das die Verantwortung sehr stark in die einzelnen Regionen legt. Der Konzern ist weltweit in elf so genannte "Areas" aufgeteilt – Deutschland bildet in diesem Verbund eine eigene Area. Deshalb haben wir viel Freiheit, was bei den amerikanischen Unternehmen relativ ungewöhnlich ist. Dadurch findet Deutschland auch stark Gehör in der Microsoft-Zentrale. Dazu kommt, dass wir direkt nach Redmond berichten. Wir haben also insgesamt eine große unternehmerische Freiheit. Damit verbunden ist natürlich auch, dass wir das liefern, was wir versprechen.

CW: Was ist aus Ihrer Sicht ihre schwerste Aufgabe als General Manager?

Für Achim Berg, Deutschland-Geschäftsführer von Microsoft, steht die diesjährige CeBIT ganz im Rampenlicht des Windows Server 2008. Im COMPUTERWOCHE-TV-Interview verrät er außerdem, was Microsoft am Wochenende für Mittelständler und Endverbraucher zu bieten hat.
Für Achim Berg, Deutschland-Geschäftsführer von Microsoft, steht die diesjährige CeBIT ganz im Rampenlicht des Windows Server 2008. Im COMPUTERWOCHE-TV-Interview verrät er außerdem, was Microsoft am Wochenende für Mittelständler und Endverbraucher zu bieten hat.

BERG: Es ist die Breite des Geschäftes. Microsoft ist in so vielen Bereichen aktiv, vom Consumer-Segment mit der Xbox bis hin zu Unternehmenslösungen für Großkunden. Die Bandbreite der Produkte und die Geschwindigkeit, mit der diese Produkte auf den Markt kommen, das alles zu verstehen und zu steuern – das führt eine einzelne Person sicher ab und zu an ihre Grenzen. Man darf sich dabei nicht von den Kleinigkeiten zerfressen lassen.

CW: Wie machen Sie das?

BERG: Ich priorisiere bestimmte Themen – teilweise überpriorisiere ich diese sogar ganz bewusst. Dafür suche ich mir fünf oder sechs Bereiche aus, auf die wir uns ganz besonders konzentrieren. Dann erreichen wir bei diesen Themen auch den anvisierten Erfolg. Wenn man jeden Monat andere Themen priorisiert, und dabei keine klare Linie fährt, dann geht man unter.

CW: Gibt es Lieblingsthemen?

BERG: Von der Produktseite fühle ich mich in den Consumer-Themen sehr wohl. Ich teste die Software auch gerne, egal ob es sich um Consumer- oder Business-Software handelt. Als Informatiker bin ich mir nicht zu schade auch einmal zu Hause einen Sharepoint-Server oder Dynamics CRM zu installieren und durchzuchecken.

CW: Und dann bekommen die Entwickler Feedback?

BERG: Die verdrehen zwar manchmal die Augen, aber ich habe meistens Recht.

Mit Sharepoint forciert Microsoft das Collaboration-Thema

CW: Apropos Sharepoint – in Gesprächen über das Thema Collaboration taucht immer öfter der Name Sharepoint auf. Wodurch erklären Sie sich das?

BERG: Es gibt kaum ein Kundengespräch, in dem es nicht auch um Sharepoint geht. Sharepoint ist das am schnellsten wachsende Produkt, das Microsoft jemals auf den Markt gebracht hat. Die Software ist im Collaboration Bereich zum einen leicht in die Microsoft-Welt zu integrieren, aber auch offen für andere Plattformen. Das heißt, wir bieten eine perfekte Integration in die Office-Pakete, Unified Messaging und unsere BI-Tools, haben auf der anderen Seite aber auch offene Schnittstellen zu Oracle und SAP. Das macht die Sache einfach für die Anwender, was die Suche oder das Abspeichern von Daten betrifft.

CW: Im Bereich Search hat sich Microsoft Anfang des Jahres mit der Übernahme von Fast verstärkt. Wie wird dieser Schritt die weitere Entwicklung von Sharepoint beeinflussen?

BERG: Fast ist im Enterprise Search-Bereich sehr stark. Damit bilden die Lösungen eine perfekte Ergänzung für Sharepoint. Ich halte die Kombination der Sharepoint-Technik mit der Search-Engine von Fast für sehr interessant. Die Roadmap steht im Detail noch nicht fest. Schließlich ist die Akquisition erst ein paar Wochen her. Ich gehe aber davon aus, dass man die Suchlogik von Fast über kurz oder lang auch in den anderen Microsoft-Produkten wie Sharepoint oder Microsoft Search Server wiederfinden wird.

CW: Könnte das Produkt mit der zusätzlichen Technik nicht auch etablierten Dokumenten-Management-Systemen Konkurrenz machen?

BERG: Das ist bereits so: Viele Unternehmen nutzen Sharepoint schon heute als DMS. Aber das eine schließt das andere nicht aus. So setzen auch viele unserer Kunden DMS-Lösungen von Microsoft-Partnern, die auf Sharepoint aufsetzen.

CeBIT 2008: Ballmer und Brezlbäcker

CW: Was ist von Microsoft Deutschland auf der CeBIT zu erwarten?

BERG: Die CeBIT ist unsere wichtigste Messe hier in Deutschland. Neben unserem CEO Steve Ballmer wird auch unser COO Kevin Turner hier sein. Wir werden erstmals unseren neuen Windows Server 2008 zeigen. Im Unternehmensbereich präsentieren wir einiges aus dem Dynamics-Umfeld. Im Consumer-Bereich geht es vor allem um vernetzte Unterhaltung – vom Home Server bis zur Xbox. Wir haben außerdem eine Bäckerei aufgebaut, in der wir zeigen, dass auch der Bäcker IT-fit sein muss. Dazu werden wir am Wochenende mit einem speziellen Programm unter dem Motto "IT-Fitness" ganz bewusst die Schüler und Auszubildenden ansprechen, auch um das Interesse an der IT zu fördern.

CW: Was wird aus Ihrer Sicht das Highlight sein?

BERG: Mein Highlight wird der Windows Server 2008 sein. Wie Vista im vergangenen Jahr für den Desktop steht jetzt das Server-Betriebssystem im Rampenlicht. Dabei geht es unter anderem auch um Themen wie Sicherheit und Virtualisierung. Ich glaube, das wird das Produkt sein, das am meisten nachgefragt sein wird – zumindest von unseren Unternehmenskunden.

CW: Bekommt man bei dem Microsoft-Bäcker auch Brezn oder wird nur theoretisch gebacken?

BERG: Wir können auch praktisch backen. Es wird dann angenehm riechen auf dem Microsoft-Stand. Die Besucher bekommen bestimmt auch die eine oder andere Brezn. Was soll eine Bäckerei ohne Brezn?

CW: Am Wochenende stellen Sie sich dann mehr auf die Endkunden ein?

BERG: Das neue Messekonzept sieht eine Verkürzung der Messe und in den ersten Tagen eine bessere Plattform für Diskussionen mit den IT-Verantwortlichen vor. Am Wochenende geht es dann eher um die Schüler, Auszubildenden und Studenten. Wir wollen diese Klientel auf die Messe ziehen, sie für IT interessieren, begeistern und fit machen. Das ist das Konzept, das wir gemeinsam mit der Messe AG entwickelt haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir gerade am Wochenende die Jugend auf der Messe sehen werden. Unterstützt wird dies durch Programme, Veranstaltungen und Konzerte. Wir versprechen uns davon einen starken Zug der Jugendlichen auf die CeBIT 2008.

CW: Viele Anwender scheuen die Kosten für voll ausgebaute Content-Management-Systeme und würden sich mit einer Good-Enough-Lösung durchaus zufrieden geben. Da könnte doch ein erweitertes Sharepoint-System durchaus zum Zuge kommen?

BERG: Da stimme ich insoweit zu, wenn Unternehmen in weiten Bereichen ihrer Organisationsstruktur bereits stark automatisiert arbeiten und auch Teile der Sharepoint-Technik nutzen wie beispielsweise die Dokumentenverwaltung. Dann ist das Werkzeug ein preiswerter und mächtiger Ersatz für klassische Dokumenten-Management-Lösungen – mit dem Vorteil, dass die Kunden zusätzlich mit der Microsoft-Lösung auch die Search-Engine nutzen können. Viele Unternehmen nutzen Sharepoint auch bereits, um eigene sehr leistungsfähige Enterprise-Content-Management-Lösungen zu entwickeln.

Mit Hybridlösungen auf dem Weg zu Vista

CW: Sie sagten, Sharepoint sei das am erfolgreichsten eingeführte Produkt von Microsoft. Wie steht es um Vista – speziell im Enterprise-Umfeld?

BERG: Auch da sieht es gut aus. Wir haben nach einem Jahr insgesamt 100 Millionen Lizenzen verkauft. Das sind doppelt so viele wie von Windows XP im gleichen Zeitrahmen nach der Einführung. Im Business-Umfeld – das haben wir auch in der Vergangenheit bei allen Betriebssystemen gesehen – dauert es seine Zeit, bis sich die neuen Betriebssysteme durchsetzen. Das liegt an den Zyklen für die Hardwarewechsel und an der Frage, inwieweit die anderen Softwareprodukte kompatibel sind. Aktuell dürften wir eine Kompatibilitätsrate von über 95 Prozent erreicht haben. Damit funktionieren praktisch alle wichtigen Softwareprodukte auch unter Vista. Das ist eine Grundvoraussetzung für viele Unternehmen, auf ein neues Betriebssystem umzusteigen. Nahezu alle Firmen arbeiten bereits mit Vista oder testen das System zumindest.

CW: Unseren Zahlen zufolge liegt aber die Rate der Firmen, die Vista einsetzen, im unteren einstelligen Prozentbereich.

BERG: Diese Zahl kann ich ihnen nicht bestätigen. Dafür aber Folgendes: In den kommenden sechs Monaten werden viele Firmen zumindest damit anfangen, auf Vista umzusteigen. Das ist der normale Prozess, den wir erwartet haben, gerade im Großkundenumfeld. Ein Großteil der Unternehmen wird den Umstieg in Angriff nehmen, auch wenn es zunächst oft noch eine Hybridlösung sein wird.

CW: Welche Rolle spielt dabei das Service Pack 1?

BERG: Das Service Pack 1 ist mit Sicherheit ein wichtiger Meilenstein. Es enthält eine ganze Reihe kleiner zusätzlicher Features. Aber Vista wird damit nicht komplett umgebaut.

CW: Die meisten Unternehmen fassen ein Microsoft-Betriebssystem vor dem ersten Service Pack nicht an!

BERG: Wenn dem so wäre, dann gäbe es jetzt keinen Grund mehr, die Finger von Vista zu lassen. Das Service Pack 1 wird ab März in der Breite verfügbar sein.