Fertigungssparte wird ausgegründet

Acer Group trennt sich von der PC-Produktion

29.06.2001
MÜNCHEN (CW) - Die taiwanische Acer Group gründet ihre Fertigungssparte DMS in ein eigenständiges Unternehmen aus. Nach dem Verkauf der Mehrheitsanteile an Investoren soll die neue Gesellschaft Wistron (Wisdom Technology) an die Börse gehen und wie bisher neben Acer auch andere PC-Anbieter wie IBM oder Compaq beliefern.

Im Rahmen einer Neuorganisation hat die zur Acer Group gehörende Acer Inc. bereits Anfang des Jahres die Bereiche Acer Brand Organization (ABO) und Design and Manufacturing Services (DMS) aufgestellt. Während die ABO weiterhin PCs, Server, Notebooks und Peripherie unter eigenem Markennamen vertreiben soll, werde DMS als selbständiger Auftragsfertiger "die größten fünf bis sechs PC-Anbieter" beliefern, erklärte Oliver Ahrens, Marketing-Direktor der deutschen Acer-Dependance. Die Ausgründung und Überführung in die Gesellschaft Wistron soll Ende des Jahres vollzogen sein.

Acer werde an der Produktionsgesellschaft Wistron zunächst noch 20 bis 30 Prozent halten. Gegenwärtig sei man auf der Suche nach Käufern für die Aktienmehrheit, so Ahrens. Dabei könne es sich um potenzielle Kunden handeln. Nach dem Börsengang werde Acer seine Anteile möglicherweise reduzieren. Insgesamt wechseln zirka 9000 Mitarbeiter der DMS in das neue Unternehmen. Das Management inklusive CEO Simon Lin bleibe unverändert. Laut dem Vorstandschef des Konzerns, Stan Shih, möchte sich Acer künftig als Lösungsanbieter mit einem starken Dienstleistungsportfolio aufstellen. Wie dieses aussehen soll, ist allerdings unklar. Ahrens betonte im Gespräch mit der CW, Acer bleibe im Wesentlichen ein Hardwareanbieter.

Die Auftragsfertigung für große PC-Anbieter war für die Taiwaner nicht unproblematisch; damit habe man letztlich Konkurrenten gestärkt, erklärte der Manager. Insbesondere im Notebook-Markt habe Acer sich als Mitbewerber von Compaq, HP oder Dell etabliert, gleichzeitig aber als Original Equipment Manufacturer (OEM) diese Unternehmen mit Rechnern versorgt.

Acer sei zudem bei der Auswahl von OEM-Partnern nie so flexibel gewesen wie Compaq oder Dell. Stattdessen habe man sich stets bei den eigenen Fabriken bedienen müssen. Produkte, die dort nicht gefertigt wurden, konnte Acer - im Gegensatz etwa zu IBM mit seinen Handheld-Produkten - nicht anbieten. Mit der Unabhängigkeit von der Fertigungssparte erhalte Acer mehr Spielraum für sein Produktportfolio.

Die Auftragsfertigung hat sich nicht nur für Acer als nachteilig erwiesen. Weil die DMS als Teil von Acer immer auch als Mitbewerber gesehen wurde, hielten sich die großen Abnehmer zunehmend mit Aufträgen zurück. Auch der Konjunkturabschwung wirkte sich negativ aus, die PC-Produktion fuhr Verluste ein.

Presseberichten, denen zufolge sich der Konzern wegen der starken chinesischen Konkurrenz aus der PC-Produktion verabschiede, mochte Ahrens nicht zustimmen. Acer betreibe selbst Fertigungsstätten in China, die Kosten würden sich kaum unterscheiden. Auch Wistron werde die chinesischen Fertigungsstätten nutzen. Die finanzielle Lage des größten taiwanischen IT-Unternehmens ist angespannt. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres brach der Umsatz von Acer Inc. um 35 Prozent auf umgerechnet 870 Millionen Dollar ein. Nach der teuren Reorganisation erwartet Acer im Jahr 2004 wieder Gewinne in Höhe von 437 Millionen Dollar.