Outsourcing und Regierungsaufträge stellen gute Ergebnisse sicher

Accenture trotz Imageproblem auf Kurs

02.07.2004
MÜNCHEN (CW) - Die Geschäfte von Accenture laufen gut, doch das Image des Hauses ist angeschlagen. In den USA sorgt die Steuerflucht auf die Bermudas, in Deutschland das holprige Projekt für die Bundesagentur für Arbeit für Unmut. Dennoch: Accenture ist es gelungen, das volatile Beratungsgeschäft durch krisensichere Outsourcing-Verträge abzusichern.

Nach langem Gezerre hat sich Accenture doch noch den größten Auftrag seiner jungen Unternehmensgeschichte gesichert. Der IT-Dienstleister wird für die US-amerikanische Heimatschutzbehörde Department of Homeland Security (DHS) ein System für biometrische Grenzkontrollen einrichten und betreiben. Das Projekt "US Visitor and Immigrant Status Indicator Technology" (US-Visit) ist mit bis zu zehn Milliarden Dollar dotiert, läuft über fünf Jahre und kann um weitere weitere fünf Jahre verlängert werden.

Anfang Juni hatte sich Accenture zwar gegen die Konkurrenz von CSC und Lockheed Martin durchgesetzt, doch vor allem die US-amerikanischen Demokraten rannten Sturm gegen diese Entscheidung. Und sie hatten zunächst Erfolg: Das Repräsentantenhaus genehmigte das Gesamtbudget für Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit in Höhe von 32 Milliarden Dollar nur unter der Auflage, dass der Großauftrag für das Grenzkontrollsystem nicht an ein Unternehmen mit Hauptsitz außerhalb der USA vergeben wird. Das von Accenture geführte Konsortium "Smart Border Alliance" war damit vorerst aus dem Rennen.

Steuern gespart, Auftrag riskiert

Seit sich Accenture im Jahr 2001 unter eigenem Namen von der einstigen Muttergesellschaft Andersen Consulting losgesagt hat, firmiert die Zentrale offiziell auf den Bermudas. Auf diese Weise spart der Dienstleister zwar Steuern, gefährdet aber das zunehmend wichtige Geschäft mit Regierungsaufträgen. Die Geschäftseinheit Government weist seit 2001 Wachstumsraten von 20 bis 30 Prozent auf und trägt mittlerweile knapp 15 Prozent zum Gesamtgeschäft bei.

Fürsprecher fand Accenture unter den konservativen Abgeordneten. Mit einigen Klimmzügen gelang es den Beteiligten aber, Accenture wieder einzubürgern, denn offiziell wurde die US-amerikanische Niederlassung mit dem Regierungsauftrag betraut, und die hat ihren Hauptsitz in Reston, Virginia, beschäftigt in den USA 25 000 Mitarbeiter und entrichtet dort Steuern.

Dem Accenture-Image hat das Hickhack dennoch geschadet. Und auch in Deutschland, wo die Beraterbranche mit ihren üppig dotierten Verträgen ohnehin in der Kritik steht, prägten die Probleme um den "Virtuellen Arbeitsmarkt" ein negatives Bild Accentures in der Öffentlichkeit. Die von der Bundesagentur für Arbeit geplante Suchmaschine für Jobs im Internet, deren Aufbau und Betrieb Accenture übertragen wurde, verteuerte sich von anfänglich prognostizierten 65 Millionen auf letztlich 100 Millionen Euro. Außerdem beklagten Nutzer immer wieder funktionale Schwächen.

Erstaunlicherweise laufen die Geschäfte trotzdem so gut wie nie. Die vorläufigen Zahlen des dritten Geschäftsquartals 2004 erscheinen makellos (siehe Kasten "Gutes Quartalsergebnis vorgelegt"). Sie sind ein deutliches Zeichen dafür, wie geschickt der im September scheidende CEO Joseph Forehand Accenture durch die IT-Krise manövrierte, indem er schon frühzeitig auf die Wachstumsfelder Outsourcing und Behördenaufträge setzte. Das Geschäft mit Auslagerungsaufträgen legte seit Jahren zweistellig zu. Während Accenture (damals noch Andersen Consulting) im gesamten Geschäftsjahr 2000 rund 1,5 Milliarden Dollar oder 16 Prozent vom Gesamtumsatz mit Outsourcing einnahm, sind es allein im aktuellen dritten Geschäftsquartal 2004 bereits 1,36 Milliarden Dollar. Das sind knapp 37 Prozent vom Gesamtumsatz.

Allerdings begeben sich die Berater von Accenture nicht in die Niederungen des Rechenzentrums- und Desktop-Betriebs, sondern bevorzugen Aufträge, in denen das Applikations-Management, besser noch der Betrieb von Geschäftsprozessen, verlangt wird. Das von Accenture vermarktete "Transformational Outsourcing" zielt zudem auf Kostenersparnis durch Effizienzsteigerung, indem die zu übernehmende Betriebsumgebung konsolidiert und neu gestaltet wird - selbstverständlich mit Hilfe der Accenture-Mitarbeiter, so dass auch die derzeit schwer zu vermittelnden IT-Berater wieder in Lohn und Brot stehen.

Deutsche Dependance schwächelt

Einzig in Deutschland tut sich das Unternehmen mit diesem Konzept schwer. Im Geschäftsjahr 2003 entfielen laut Angaben der Münchner Marktforscher von Pierre Audoin Consultants (PAC) hierzulande nur 15 Prozent der gesamten Einnahmen in Höhe von 550 Millionen Euro auf Outsourcing-Dienste. Das ist gemessen an den weltweiten Vorgaben zu wenig.

Dennoch kann auch die deutsche Dependance auf erste bemerkenswerte Erfolge verweisen. Im letzten Jahr übernahm Accenture etwa die IT-Abteilung der Schmidtbank und sucht damit den Einstieg in den Markt für Betriebsdienstleistungen in der Finanzbranche. Außerdem übertrug der Chiphersteller Infineon Accenture die Betreuung der SAP-Applikationen für sieben Jahre. Unterm Strich wuchs das deutsche Outsourcing-Geschäft im Jahr 2003 deutlich, während die Gesamteinnahmen der hiesigen Niederlassung um sechs Prozent zurückgingen. Im Jahr 2004 konnte sich Accenture bereits zwei Outsourcing-Aufträge mit der Deutschen Bank im Bereich Personalverwaltung und Einkauf sichern.

Forehand-Nachfolger hält Kurs

Accenture-Boss Forehand übergibt zum 1. September seinem designierten Nachfolger William Green, gegenwärtig noch Chief Operating Officer, ein derzeit in weiten Teilen gesundes Unternehmen. Green kündigte bereits an, den vom Vorgänger eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen zu wollen. Dass der IT-Dienstleister seine aktuellen Geschäftserfolge wiederholen wird, ist jedoch keineswegs sicher. Das angekratzte Image könnte einen Vertrauensverlust auf Kundenseite bewirken. Auch den kürzlich von Forehand und Chief Financial Officer Harry You veröffentlichten Geschäftsausblick, wonach das margenträchtige Consulting-Geschäft wieder kräftig anziehen wird und die Tagessätze sich erholen, teilen viele Marktbeobachter nicht. Sie rechnen damit, dass sich Accenture zunehmend dem Wettbewerbs- und Preisdruck von Offshore-Anbietern stellen muss. (jha)

Gutes Quartalsergebnis

Accenture hat die Umsatz- und Gewinnerwartungen für das dritte Geschäftsquartal 2003/04 (Ende: 31. Mai) deutlich übertroffen: Nach vorläufigen Schätzungen steigerte das Serviceunternehmen seine Einnahmen um 21 Prozent auf 3,69 Milliarden Dollar gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres, bei ausgeglichenen Wechselkursen hätte das Wachstum immerhin noch 13 Prozent betragen. Das ist, so CEO Joseph Forehand, ein neuer Umsatzrekord. Wichtigste Sparte bleibt der Bereich Communications & High Tech mit voraussichtlich 1,02 Milliarden Dollar Umsatz. Das größte Plus brachte das Geschäft mit Regierungsbehörden (siehe Grafik).

Wie bereits in den letzten Berichtszeiträumen wuchsen auch aktuell die Outsourcing-Aktivitäten schneller als das margenträchtigere Beratungsgeschäft. So verbesserte sich der Consulting-Umsatz zwar um 13 Prozent auf 2,33 Milliarden Dollar und steuert knapp zwei Drittel der Gesamteinnahmen bei. Mit einem Zuwachs von 37 Prozent auf 1,36 Milliarden Dollar stellte der Bereich Outsourcing das Beratungsgeschäft aber in den Schatten. Der von Marktbeobachtern erwartete Rückgang der Rentabilität blieb trotzdem aus. Die operative Marge wuchs um 2,2 Prozentpunkte auf 15,5 Prozent.

Abb: Geschäfte mit Outsourcing und Behörden wachsen schnell

Accenture hat den vorläufigen Zahlen zufolge im dritten Quartal 2004 sehr gut abgeschnitten. Starkes Wachstum verzeichnete das Unternehmen in den Bereichen Outsourcing und öffentliche Hand. Die Steigerungsraten sind um Wechselkursschwankungen bereinigt. Quelle: Accenture