CW-Roundtable: Wie Bachelor- und Master-Studiengänge die Informatik verändern

Abstriche an der Qualifikation

27.08.2004

LENTZER: Das hängt von der konkreten Stelle ab. Ich habe bei Philips lange einen Systementwicklungsbereich geleitet, in dem die Ingenieure neue Hardware- und Softwareinnovationen treiben müssen. Gleichzeitig sollen sie diese der Geschäftsleitung und den Kunden richtig verkaufen - auch in englischer Sprache. Sie müssen vorne eine flammende Rede halten können, wie toll ihr technisches Konzept ist, so dass es jeder im Auditorium haben will. An diesen Fähigkeiten fehlt es häufig. Einige Leute kann man einfach nicht vorne hinstellen. Wenn man jetzt den Fachhochschulen empfiehlt, Rhetorik und Dialektik zu schulen, kommt gleich die Frage, was soll man dafür weglassen. Das geht natürlich nicht. Die sieben Semester sind so voll gepackt, da muss die Industrie noch nachschulen. Das machen wir ja auch.

NOSSEK: Man kann die Dinge verschränken, wenn ein Seminar die anspruchsvollen technischen Themen nicht nur behandelt, sondern die Studenten diese auch vor dem Auditorium präsentieren müssen. Da habe ich die Zeit nicht mit einem abstrakten Präsentationskurs verschwendet. Das wurde vorher schon gemacht, wie vieles bereits existiert, was im Zuge der zweistufigen Studiengänge gefordert wird.

Claus-Peter Hammer, Siemens: "Für uns ist die Studiendauer ein Kriterium."

HAMMER: Vielleicht muss die Industrie auch innovativer werden. Sie soll sich nicht beklagen, dass die falschen Absolventen herauskommen, sondern mitarbeiten, die richtigen zu produzieren. Siemens kooperiert mit verschiedenen Fachhochschulen, an denen die Studenten der dualen Programme die Theorie lernen. Die sprachliche und methodische Kompetenz vermitteln wir dagegen in unseren Schulungszentren.

LEITNER: Wir haben die Soft Skills aus dem Bachelor-Studium entfernt und zum Beispiel den Sprachunterricht gestrichen, dafür aber englischsprachige Veranstaltungen eingeführt. Ein Bachelor-Studiengang kann nur Erfolg haben, wenn er hart und schlank, das heißt auf das Wesentliche reduziert ist. Rhetorikkurse kann man während des Berufslebens besuchen, aber keinen Mathematik- oder Physikkurs.