Quartalsbilanz: Profit steigt - Umsatz fällt

Absatzrückgang zwingt Cisco weiter zum Sparen

16.05.2003
MÜNCHEN (CW) - Obwohl Cisco im dritten Quartal seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um rund 35 Prozent steigern konnte, stapeln die Verantwortlichen des führenden Netzprodukteherstellers weiter tief. Mit gutem Grund: Nur aufgrund eines rigiden Sparkurses ließ sich der Profit sichern. Der Umsatz ging dagegen um mehr als vier Prozent zurück.

"Ich bin vor dem anstehenden vierten Quartal etwas optimistischer als noch vor drei Monaten", erklärte Cisco-CEO und -President John Chambers anlässlich der Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2002/03. Allerdings sei nicht damit zu rechnen, dass sich die Umsätze im abschließenden Vierteljahr steigern ließen. So sei die wirtschaftliche Zukunft vieler Cisco-Kunden weiterhin ungewiss. Erst wenn es diesen gelinge, die eigenen Geschäfte wieder anzukurbeln, würden sie auch in neues Netzequipment investieren.

Vorsichtige Analyse

Diese vorsichtige Markteinschätzung gehört mittlerweile seit mehr als einem Jahr zum Standardrepertoire von Chambers'' Quartalsanalyse. Dabei sehen die jüngst präsentierten Zahlen gar nicht so schlecht aus. Im Ende April abgelaufenen dritten Quartal verbuchte Cisco einen Gewinn von 987 Millionen Dollar. Das sind rund 35 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Die Umsatzentwicklung gibt dem Netzspezialisten aus dem kalifornischen San Jose jedoch Anlass zu Sorge. 4,6 Milliarden Dollar bedeuten einen Rückgang um über vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, als noch etwa 4,8 Milliarden Dollar zu Buche standen.

Dass trotz schwindender Einnahmen ein deutliches Plus unter dem Strich herauskam, verdanken die Cisco-Verantwortlichen ihrem rigiden Sparkurs. So wurden im abgelaufenen Vierteljahr allein die Produktionskosten um 28 Prozent auf knapp 1,1 Milliarden Dollar gesenkt. Daraus resultiert eine Gewinnspanne von 70,8 Prozent - eine neue Rekordmarke in der Firmengeschichte.Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 63,1 Prozent.

Vor allem durch geringere Einkaufspreise für Komponenten und eine effektivere Fertigung ließen sich Kosten senken und damit die Margen steigern, erklärt Finanzchef Larry Carter. Die damit erreichten Vorteile würden jedoch teilweise durch Preissenkungen wieder abgegeben. So habe man vor allem in den Bereichen Security, Voice und Midrange-Switching die Preise gesenkt. Experten gehen davon aus, dass Cisco angesichts der härteren Preiskämpfe auch künftig seinen Fokus auf weitere Kostenreduzierung legen muss, um im Wettbewerb zu bestehen. Carters Strategie für die Zukunft ist, "das Preis-Leistungs-Verhältnis zu verbessern und die Preise in allen Produktkategorien weiter zu senken".

Nach Einschätzung der Analysten von Gartner hält Cisco dabei allerdings nicht mit den allgemeinen Preissenkungen im Markt für Netzequipment Schritt. So zahlten die Kunden nach wie vor für Cisco-Produkte mehr als für vergleichbare Geräte der Wettbewerber. Dies sei zwar aufgrund von Vorteilen wie zum Beispiel einem effizienteren Netz-Managements in einer homogenen Cisco-Umgebung sowie der Service- und Supportleistungen gerechtfertigt. Jedoch dürfe der Premium-Aufschlag nicht mehr als 20 Prozent betragen, empfiehlt Gartner-Analyst Mark Fabbi. Liegen die Preise höher, sollten Kunden nachverhandeln oder sich bei anderen Anbietern umsehen.

Wie lange Cisco vom Nimbus des Branchenprimus im Netzsektor noch zehren kann, bleibt abzuwarten. Die Auftragslage kann die Firmenoberen jedenfalls kaum zufrieden stellen. So lag das Book-to-Bill-Verhältnis im abgelaufenen Quartal laut Chambers knapp unter dem Wert eins. Das bedeutet, dass für jeden bestehenden Auftrag weniger als ein neuer an Land gezogen werden konnte. Angesichts dieses Trends werden sich die Verantwortlichen weiter darauf konzentrieren müssen, intern die Kosten zu senken und die eigenen Prozesse effizienter zu gestalten. Darin liegt nach Einschätzung von Insidern noch erhebliches Potenzial. Durch die Akquisition von Dutzenden von Unternehmen während der vergangenen Jahre habe sich ein kaum mehr zu überblickendes Geflecht verschiedener Abteilungen und Sparten gebildet, deren Tätigkeiten sich zum Teil stark überlappen.

Stellenabbau

Deutlich wird die Konzentration auf die internen Prozesse auch an der Entwicklung der Mitarbeiterzahlen und der Akquisitionen. Arbeiteten vor rund zwei Jahren noch 44 000 Beschäftigte bei dem Netzspezialisten, sind es heute nur mehr etwa 35 000. Auch bei den Firmenzukäufen hält sich Cisco zurück. Wurden im Jahr 2000 insgesamt 23 Unternehmen geschluckt, waren es in den vergangenen zwölf Monaten noch sechs Firmen, die Cisco zukaufte.

Neuausrichtungen der Geschäftsstrategie erwarten Experten dagegen erst nach Abschluss der internen Neuorganisation. Zwar beteuern die Verantwortlichen immer wieder, Segmente wie Speichernetze oder Voice over IP stärker zu adressieren. In den Bilanzen ist dies jedoch nicht zu bemerken. Nach wie vor machen Switches (41 Prozent) und Router (27 Prozent) für Firmennetze und Telekommunikationsanbieter den Löwenanteil der Einnahmen aus. Die Sparten Access und Diverses, in der Storage-Produkte und Voice over IP verbucht werden, zeichnen dagegen nur für vier beziehungsweise zehn Prozent der Einnahmen verantwortlich. Beide Bereiche verbuchen wie auch die Servicesparte (18 Prozent) seit über einem Jahr stagnierende Umsatzanteile. Angesichts rückläufiger Investitionen in Forschung und Entwicklung ist hier kaum mit schnellen Veränderungen zu rechnen. So steckten die Cisco-Verantwortlichen im vergangenen Quartal 703 Millionen Dollar in die Entwicklung neuer Techniken. Vor einem Jahr waren es noch 807 Millionen Dollar.

Daran wird sich nach Einschätzung eines deutschen Cisco-Partners, der nicht namentlich genannt werden möchte, so schnell auch nichts ändern. Ihm zufolge erzählen die Cisco-Manager den Kunden seit Jahren, Voice over IP sei die Zukunft, und den Partnern, die Technik sei der künftige Umsatzträger. "Passiert ist jedoch so gut wie gar nichts." Die Partner steckten in einer schwierigen Situation. Angesichts der Preissenkungen sei mit den Produkten kein Geld mehr zu machen. Allein über Dienstleistungen könne man noch verdienen. Über eine Steigerung der abverkauften Menge ließen sich die sinkenden Preise nicht kompensieren. (ba)

Abb: Entwicklung der Geschäftszahlen bei Cisco

Im dritten Quartal 2002/03 verbuchte Cisco einen Gewinn von 987 Millionen Dollar - rund 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Quelle: Cisco